Blattkritik zum Revival:
Rückkehr der "Allegra": Wertig und am Netz orientiert
Springer bringt "Allegra" am Donnerstag erstmals wieder regulär an den Kiosk. W&V-Redakteurin Petra Schwegler durfte vorab Einsicht nehmen - eine Blattkritik.
Da ist sie wieder, die "Allegra". Die endgültig von Axel Springer wiederbelebte Frauenzeitschrift liegt ab sofort am Kiosk, verantwortet von Herausgeberin und Gründungschefredakteurin Michaela Mielke. Der erste Eindruck vom fünf Euro teuren Magazin ist wertig: 170 Seiten stark, dickes Papier und ein rotes Logo, das sich auch haptisch und in Hochglanzoptik vom sonst matten Cover abhebt.
Beim ersten Durchblättern stechen die durchaus bekannte Aufmachung und die gute Resonanz bei der Werbekundschaft sofort ins Auge: Rund ein Fünftel der "Allegra" bestreiten Anzeigen. Modefirmen und Kosmetikhersteller, aber auch Autobauer oder Reiseanbieter konnte das Sales-Team im neu geschaffenen Bereich Luxus & Fashion beim Axel Springer Mediahouse Berlin vom Reklameauftritt im Frauentitel überzeugen.
Wird das Blatt seinem Anspruch gerecht? Wir erinnern uns: Bei Ankündigung Springers, den Titel in diesem Jahr noch sechs Mal herausbringen zu wollen, kam Petra Kalb zu Wort: "Allegra war und ist für Frauen, die eigentlich keine Frauenzeitschriften lesen. Die Marke stand von Anfang an für anspruchsvolle Texte und Themen sowie für intelligenten und humorvollen Autoren-Journalismus", betonte damals die Verlagsgeschäftsführerin Axel Springer Mediahouse Berlin. Sie persönlich habe den Titel "richtig vermisst".
Fest steht: Wenn Sie die großen Fragen des weiblichen Teils der Menschheit stellen wollen – "Was will ich wirklich?", "Was ist Glück?", "Sag mal, willst du eigentlich auch Kinder?" –, dann geht das jetzt auch wieder schön analog. Mit "Allegra". In der Tat entspricht die Themenmischung eher dem, was sich Frau zwischen 25 und 39 im Jahr 2016 auf Webseiten oder in Blogs erliest. Was sie sich über alternative Lebensformen zusammensucht ("Kleines Glück" über die Tiny-House-Bewegung), worüber sie sich im Social Web amüsiert (die neue digitale Unachtsamkeit in Bildern) oder was sie sich aufgrund ihres persönlichen Interesses schlicht ergoogelt ("Dem IS entkommen").
Mag sein, dass deshalb die Leserin vom "Allegra"-Team bewusst in Netzmanier und zuweilen in Instagram-Optik angesprochen wird: Die Ressorts - #Welt, #Leben, #Mode, #Kultur, #Beauty, #Hin&Weg, #Standards – werden von den inflationär gewordenen Hashtags flankiert. Ein Stück übers Bloggen darf nicht fehlen. "Allegra"-gemäß wird die Branche skizziert, das Berufsbild der Schreibenden samt Verdienstmöglichkeiten. Mode und Beauty nehmen nicht zu viel Raum ein, heben sich aber durch eine starke Bildsprache und alternative Vorschläge ("Lächeln ist das beste Make-up") von anderen Frauenmagazinen ab.
Fazit: "Allegra" kommt solide, gut geschrieben und modern gemacht mit interessanten Themen in einen Markt zurück, in dem ihre potenziellen Leserinnen inzwischen von noch mehr konkurrierenden Informationsquellen gespeist werden. Das mag eine Gefahr darstellen – ist aber zugleich auch eine Chance. Letztlich muss der Inhalt stimmen. Egal, wo er abgedruckt oder abgespeichert steht.
Zumal Springer dem Titel den "Allegra-Blog" zur Seite stellt, ist für die heute nötige Verdrahtung gesorgt. Fürs Bekanntmachen der Inhalte ebenso wie für den Austausch mit der gewünscht kritischen Leserin. Indes sind die Erwartungen beim Verlag nicht mehr so hoch wie einst: Die Druckauflage soll zwischen 100.000 und 120.000 Exemplaren liegen. Springer stellte den Titel 2004 bei rund 165.000 Exemplaren ein.
Zum Hintergrund: Springer hatte sich die Markenrechte am bereits zwei Mal eingestellten Frauenmagazin zurückgeholt und im Frühjahr 2014 den Titel als Sonderausgabe mit Erfolg am Kiosk getestet. Die Entscheidung, dass "Allegra" wieder in Serie gehen soll, fiel im vergangenen Oktober. Mit Mielke hat Springer eine erfahrene Blattmacherin engagiert: Sie hat zuletzt die Frauentitel "Jolie" und "Cover" als Gründungschefredakteurin aus der Taufe gehoben.