Nach Zielina-Ausstieg:
ProQuote stößt frauenfreie "Stern"-Spitze auf
Ein "Stern", den Christian Krug künftig ohne Frau in seiner Führungsriege stemmen will - das findet ProQuote nicht zeitgemäß.
"Ein Schritt zurück in die redaktionelle Steinzeit statt in eine moderne Medienzukunft": So kommentiert Kathrin Buchner, Vorständin von ProQuote Medien die neue Führungsmannschaft beim "Stern". Beim Gruner+Jahr-Flaggschiff hat Christian Krug als neuer Chefredakteur und Nachfolger des geschassten Dominik Wichmann vergangene Woche seine Führungsriege komplett gemacht und unter anderem Aust-Intimus Thomas Ammann an seine Seite geholt. Dass dort nun sein bisheriger "Gala"-Vize und -Digitalchef Philipp Jessen den Platz einnimmt, den die von Wichmann berufene rührige Vizechefredakteurin Anita Zielina freiwillig räumt – das gefällt dem Verein für mehr Frauen in den Führungsetagen nicht. ProQuote bewertet die jüngsten Entwicklungen beim Nachrichtenmagazin "äußerst kritisch", wie es in einer Mitteilung vom Dienstag heißt. "Wir sind zutiefst bestürzt, die jetzt fünfköpfige Führungsspitze des ‚Stern" ist wieder komplett frauenfrei", so Buchner in einer Stellungnahme.
Immerhin bleiben die bisherigen Stellvertreter Hans-Peter Junker und Giuseppe Di Grazia beim "Stern" im Amt. Nur: Eine Chefin ist nicht in Sicht. Buchner: "In Zeiten, in denen auch Frauen verstärkt als Leserinnen zu gewinnen sind, ist dies ein Schritt zurück in die redaktionelle Steinzeit statt in eine moderne Medienzukunft." Zudem würden Absprachen der jüngsten Vergangenheit komplett ignoriert, heißt es weiter. Erst im November 2012 hätten die "Stern"-Chefredakteure und sieben Sprecherinnen der "Stern-Frauen" eine Zielvereinbarung zur angemessenen Beteiligung von Frauen in der Redaktion unterzeichnet, erinnert ProQuote. In den kommenden Jahren sollten demnach 50 Prozent der Führungspositionen mit Frauen besetzt werden.
ProQuote hat den Verlag mit den Vorwürfen konfrontiert und bedauert, dass man dort "keine Diskrepanz zwischen Zielvereinbarung und Realität" sehe. "Anita Zielina hat gekündigt, dies bedauern wir, aber so etwas kommt vor – und ja, diese Position wird zukünftig durch einen Mann besetzt. Dies ist aber sicher kein Indiz dafür, dass die Frauenförderung beim Stern zukünftig keine Rolle mehr spielen wird", zitiert ProQuote G+J-Sprecher Claus-Peter Schrack. ProQuote appelliert nun "nachdrücklich" an Krug, diese Entwicklung mangelnder weiblicher Beteiligung in der Führung "zu korrigieren" – und rügt den hohen Frauenanteil bei den geplanten Entlassungen. Zur Ehrenrettung von Krug bleibt zu sagen: Seine Entscheidungen werden von einer Frau abgenickt, Julia Jäkel, Vorstandschefin von Gruner + Jahr. Immerhin übergibt Krug bei "Gala" seinen Chefredakteursposten an eine Frau.
Übrigens: Unser Autor Karsten Lohmeyer hat den Ausstieg Zielinas als "Schlag für die Marke Stern" bewertet. Der Titel verliere "eine der profiliertesten Online-Macherinnen der Republik – die gerade dabei war, den digitalen 'Stern' Trippelschritt für Trippelschritt zu modernisieren, so das Urteil des Branchenbeobachters.