
G20-Pranger und Kommentare im Visier:
Presserat rügt Bild und FAZ
Die öffentliche Suche nach G20-Randalierern bei Bild stößt dem Presserat auf - aber auch ein Kommentar bei FAZ oder Native Ads bei Focus Online.

Foto: Screenshot Bild.de
Der Deutsche Presserat hat neun Rügen wegen schwerer Verstöße gegen den Pressekodex ausgesprochen. Beanstandet wurden unter anderem Berichte von Bild und Bild Online über die G20-Proteste. "Gesucht! Wer kennt diese G20-Verbrecher?": Unter dieser Überschrift berichtete Bild im Juli in der Print- sowie Onlineausgabe über die Proteste beim Gipfel in Hamburg – eine öffentliche Suche.
Wörtlich heißt es vom Presserat: "Die Redaktion zeigte Einzelfotos von Demonstranten in Aktion und rief die Leser zur Fahndung nach den Personen auf. Der Presserat hatte hierzu 11 Beschwerden erhalten, die im Kern eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte der Abgebildeten und einen Medienpranger kritisierten."
In der Tat verstößt das Vorgehen des Springer-Teams im Urteil des Presserats gegen den Pressekodex. Die Abgebildeten würden hierdurch "an einen öffentlichen Medienpranger gestellt". Es gehöre nicht zur Aufgabe der Presse, selbständig nach Bürgern zu fahnden, so der Presserat, der eine Missbilligung aussprach. Folgen einer "selbst inszenierten Verbrecherjagd" seien nach seiner Auffassung nicht mehr zu kontrollieren und könnten auch Selbstjustiz Vorschub leisten.
Was es sonst noch zu rügen gab
Zusätzlich wurden zwei Bild-Online-Berichte über den Terroranschlag in Manchester gerügt, weil sie aus Sicht des Presserats den Opferschutz verletzt haben. Und ein Kommentar der FAZ über die "Ehe für alle": Die Zeitung hatte sowohl in der Print- als auch in der Online-Ausgabe einen Kommentar unter der Überschrift "Wir verraten alles, was wir sind" über die Ehe für alle und damit verbundene Änderungen im Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Partnerschaften veröffentlicht.
In dem FAZ-Kommentar wurden in Form einer rhetorischen Frage aus Sicht des Presserats die Behauptungen aufgestellt, dass adoptierte Kinder aufgrund einer wegfallenden "Inzest-Hemmung" ungleich stärker der Gefahr eines sexuellen Missbrauchs ausgesetzt seien und dass diese Gefahr bei homosexuellen Eltern aufgrund ihrer Homosexualität besonders hoch sei. Ein schwerer Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot nach Ziffer 12 des Pressekodex – urteilt der Presserat.
Gegen zwei Regionalzeitungen – darunter das Traunsteiner Tagblatt - wurde jeweils eine Rüge ausgesprochen. Grund: Die Autoren hatten Doppelfunktionen. Dies ließe sich nicht mit glaubwürdiger Berichterstattung vereinbaren.
Hinzu kommt eine Rüge wegen mangelhafter Kennzeichnung von Werbung – für Focus Online. Das Burda-Portal hatte eine Story über Bankgebühren mit Link zur Website einer Bank versehen, auf der diese ihre Kontomodelle mit dem anderer Geldinstitute verglich. Das, so fand der Presserat, sei bezahlte Werbung für diese Bank. "Für die Leser war dies nicht erkennbar. Vielmehr erweckte die Veröffentlichung den Eindruck einer unabhängigen redaktionellen Berichterstattung", heißt es.