Ende Juli dieses Jahres mussten Wendelin Wiedeking und Finanzchef Holger Härter das Unternehmen verlassen. Nachfolger von Wiedeking als Chef von Porsche ist Michael Macht. Doch den Takt und die Richtung gibt künftig VW-Chef Martin Winterkorn vor – in Absprache mit dem als Übervater geltenden VW-Aufsichtsratsvorsitzenden Ferdinand Piëch. Insider zweifeln, dass die Marke Porsche ihre Anziehungskraft auf Liebhaber und Individualisten behalten wird. Bereits in der Vergangenheit waren Kooperationen mit dem VW-Konzern immer wieder kritisiert worden. So ist der Geländewagen Cayenne im Prinzip baugleich mit dem deutlich billigeren VW-Modell Touareg. Als zehnte Marke im VW-Konzern wird Porsche künftig von technischen Entwicklungen und Einkaufsvorteilen profitieren – das ist zugleich Fluch und Segen.

Die Modellpalette von Porsche wird voraussichtlich ausgedehnt werden. Lange Zeit konzentrierte sich Porsche auf zweisitzige Sportwagen wie das Flaggschiff 911, den Cayman und den Boxster. Der Geländewagen Cayenne kam erst Ende 2002 auf den Markt. Und seit vergangenem Jahr erweitert der Panamera, eine viersitzige Limousine, das Porsche-Portfolio nach oben. Nun hat VW-Chef Martin Winterkorn angeblich bereits drei neue Modelle in der Planung.Vorstellbar sind ein neues Einstiegsmodell unterhalb des Boxster, ein kleinerer Ableger des Geländewagens Cayenne sowie eine Cabrio-Variante der familienorientierten Panamera-Limousine.

Gleichzeitig muss VW-Chef Winterkorn aufpassen, dass es keine Kannibalisierungseffekte in der Modellpolitik der Marken gibt – insbesondere mit der Marke Audi, die sich in den vergangenen Jahren eine deutliche Aufwertung erarbeitet hat und mittlerweile als Premiummarke in einigen Bereichen bereits die Konkurrenten BMW und Mercedes-Benz überholen konnte. Als Audi vor drei Jahren den Sportwagen R8 auf den Markt brachte, wurde er in der Presse als „Porsche-Jäger“ bezeichnet. Und in diesem Jahr kam die Cabrio-Variante R8 Spyder auf den Markt. Neue Produktionsverfahren wie der modulare Längsbaukasten ermöglichen innerhalb des VW-Konzerns eine stärkere Vielfalt von Modellvarianten – sie machen aber gleichzeitig die Felder im Markt enger. Marktnischen werden von Modellen verschiedener Konzernmarken besetzt. Dies macht eine deutlichere Abgrenzung der Modelle und der Marken nötig, sei es über bestimmte Features oder insbesondere das Design.

Erst vor wenigen Tagen hat der VW-Aufsichtsrat Christian Klingler und Rupert Stadler in den Konzernvorstand berufen und diesen damit erweitert. Diese Personalien verdeutlichen: Es wird komplizierter. Klingler war bisher VW-Markenvorstand für den Bereich Vertrieb und Marketing. Als Konzernvorstand wird er künftig diesen Aufgabenbereich über die Marken hinweg dirigieren müssen. Rupert Stadler, ehemaliger Büroleiter von Ferdinand Piëch, und seit 2007 Vorstandsvorsitzender der Ertragsperle Audi, hat mit seiner Beförderung zum Konzernvorstand zwar keine Aufgabenerweiterung erhalten; doch die Personalie zeigt den außerordentlichen Stellenwert der Marke Audi im VW-Konzern.


Autor: Rolf Schröter

Rolf Schröter ist Chefredakteur der W&V und interessiert sich nicht nur deshalb prinzipiell für alles Mögliche. Ganz besonders für alles, was mit Design und Auto zu tun hat. Auch, wenn er selbst gar kein Auto besitzt.