Quartalsbilanzen der Medienkonzerne:
P7S1 verfehlt Umsatzziele, RTL büßt Werbeeinnahmen ein
Fernsehwerbung schwächelt - die TV-Riesen setzen weiterhin auf Digitales zur Stabiliserung der Umsätze: Die Quartalsbilanzen von ProSiebenSat.1 und RTL/Bertelsmann.
Die großen Medienkonzerne ProSiebenSat.1 und RTL/Bertelsmann haben ihre Quartalszahlen veröffentlicht. Sorgen bereitet das Geschäft mit der Fernsehwerbung. Die Hoffnungen liegen auf Digitalgeschäften.
ProSiebenSat.1-Fernsehgeschäft: kritisch
Der Medienkonzern ProSiebenSat.1 kann seine bisherigen Ziele für das Gesamtjahr nicht mehr erreichen. Im dritten Quartal lag der Umsatz bei 892 Millionen Euro, ein Anstieg von einem Prozent zum Vorjahreszeitraum. Für 2018 geht der TV-Sender nun von einem Umsatzrückgang im niedrigen einstelligen Prozentbereich auf rund 4 Milliarden Euro aus (2017: 4,1 Mrd Euro). Grund seien die Entkonsolidierungen des Video-on-Demand-Portals Maxdome, des Online-Fitness-Anbieters 7Nxt und des Reiseveranstalters Tropo. Im dritten Quartal ging der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) um ein Drittel auf 187 Millionen Euro zurück. Der bereinigte Konzernüberschuss sank um etwa ein Viertel auf 75 Millionen Euro.
Konzernchef Max Conze bezeichnete das Fernsehgeschäft in einer Telefonkonferenz als "kritisch". "Wir liefern das, was wir versprechen, nicht sauber genug", sagte er. Die einbehaltene Dividende wolle der Konzern in zukünftiges Wachstum investieren.
Dabei soll der Fokus vor allem auf eigenen, lokalen Inhalten liegen, die auf allen Plattformen ausgespielt werden können, sowie auf adressierbarer Werbung (Addressable TV) - hier peilt P7S1 einen Umsatzanteil von 25 Prozent an - derzeit sei er "niedrig einstellig". Außerdem würden Verträge mit US-Studios überprüft und neu verhandelt, da ProSiebenSat.1 nicht über alle Rechte für die Ausspielung auf Webseiten verfüge.
Bereinigt um Konsolidierungs- und Währungseffekte sollen die Erlöse im niedrigen einstelligen Prozentbereich wachsen. Zuvor war ProSiebenSat.1 von einem Anstieg des bereinigten Konzernumsatzes im mittleren einstelligen Bereich gegenüber dem Vorjahr ausgegangen.
Wachstum erhofft sich ProSiebenSat.1 vor allem im Geschäft mit Onlineplattformen durch seine Tochter Nucom Group (Eharmony, Parship, Verivox, Jochen Schweizer Maydays und Flaconi). Es seien weitere Zukäufe geplant, jedoch "nicht um jeden Preis", wie Finanzchef Jan Kemper sagte. Außerdem will der Münchner Konzern im Digital-Video-Geschäft Studio 71 zum führenden Anbieter aufzubauen. ProSiebenSat.1 wird in diesem Segment auch strategische Partnerschaften prüfen.
Max Conze: "Wir stoßen jetzt die notwendigen Veränderungen und Investitionen an, um aus ProSiebenSat.1 ein absolut digitales, diversifiziertes und schnell wachsendes Unternehmen zu machen. Wir fokussieren uns auf Entertainment, das Menschen lieben, und Commerce-Angebote, die Menschen brauchen. Dabei stellen wir den Konsumenten, Inhalte und digitale Angebote in den Mittelpunkt. So wollen wir unseren Umsatz mittelfristig von 4 auf 6 Milliarden Euro steigern – mindestens die Hälfte soll dabei aus Digitalumsätzen kommen."
RTL-Werbeumsätze sinken
Sinkende Fernseh-Werbeeinnahmen in Deutschland haben im dritten Quartal Spuren in der Bilanz des TV-Konzerns RTL Group hinterlassen. Der auf die Aktionäre entfallende Nettogewinn sank zwischen Juli und September um 7 Prozent auf 106 Millionen Euro. Der Umsatz stieg dennoch dank guter Digitalgeschäfte und den wachsenden Erlösen bei der Produktionstochter Fremantle um 3,6 Prozent auf 1,42 Milliarden Euro. Das Ebitda der Mediengruppe RTL Deutschland sank in den ersten neun Monaten von 2018 um 2,6 Prozent auf 484 Millionen Euro (Januar bis September 2017: 497 Millionen Euro) aufgrund geringerer TV-Werbeumsätze insbesondere im dritten Quartal 2018.
RTL Group-Chef Bert Habets betonte, die durchwachsenen Entwicklung der europäischen Werbemärkte zeige, dass der Konzern mit dem Ausbau seiner Streamingangebote und dem Ausbau der Produktion lokaler Inhalte auf dem richtigen Weg sei.
Derzeit erzielt die europäische RTL Group noch rund 46 Prozent ihrer Einnahmen mit Fernsehwerbung, knapp 20 Prozent mit TV-Produktionen und knapp 15 Prozent durch Digitalaktivitäten. Der Rest entfällt auf andre Erlösquellen wie Radiowerbung und Plattformgeschäfte.
Ausgehend von ihrer sehr guten Finanzlage werde die RTL Group Wachstum vor allem in zwei Bereichen vorantreiben: den Aufbau von Video-on-Demand-Diensten für ein "Massenpublikum über alle Genres hinweg" sowie den Ausbau der fiktionalen Serienproduktionen ("Scripted Drama") von Fremantle.
Die Digitalumsätze1 der RTL Group stiegen um 17,9 Prozent auf 660 Millionen Euro (Januar bis September 2017: 560 Millionen Euro). Die Plattformerlöse stiegen um 7,3 Prozent auf 251 Millionen Euro (Januar bis September 2017: 234 Millionen Euro).
Bert Habets: "Wir werden das Inhalteangebot unserer Streaming-Dienste über alle Genres hinweg deutlich erhöhen – dazu gehören Online-First-Formate sowie die Entwicklung originärer Inhalte für diese Plattformen. In Verbindung mit modernster User Experience hat die RTL Group den Anspruch, der europäische Pionier für die nächste Stufe von "Total Video" zu werden."
So plant die Mediengruppe RTL Deutschland für kommenden Winter den Relaunch ihrer Video-on-Demand-Plattform TV Now. Die aktuelle Zahl der zahlenden Abonnenten von TV Now Plus stieg nach Konzernangaben um 40 Prozent; von Januar bis September 2018 wuchs die Anzahl der Videoaufrufe um 45 Prozent gegenüber den ersten neun Monaten des Vorjahres.
Konzernmutter Bertelsmann profitiert derweil von wachsenden Digitalgeschäften und dem Wachstum der Musikrechtesparte BMG. Insgesamt stieg der Umsatz des Medien-, Dienstleistungs- und Bildungsunternehmens in den ersten neun Monaten um 2,4 Prozent auf 12,4 Milliarden Euro. Dies sei der höchste Wert seit 2007. Das Konzernergebnis verringerte sich allerdings um mehr als drei Prozent auf 671 Millionen Euro.
Der Konzern bestätigte seine Prognose für das Gesamtjahr. Er erwartet demnach 2018 insgesamt einen höheren Umsatz als im Vorjahr und ein Konzernergebnis von mehr als einer Milliarde Euro.
Positiv bei Konzerntochter Gruner + Jahr habe sich der weitere Ausbau des Content-Communication-Anbieters Territory ausgewirkt, außerdem das Inhouse-Startup App Like. (sh/mit dpa)