OVK-Report: Online strotzt vor Kraft
Das Brutto-Volumen des Online-Werbemarktes 2011 liegt bei mehr als 5,7 Milliarden Euro – und das trotz bereinigter Berechnung der Umsätze im Performance-Bereich.
Das war überfällig: Im Rahmen der Erhebung der Brutto-Werbestatistik für Online hat der Online-Vermarkterkreis (OVK) im Bundesverband Digitale Wirtschaft die Bewertung angepasst. Das betrifft besonders das Performance-Segment im Display-Bereich. Beträgt die Kampagnen-Rabattierung 80 Prozent oder mehr, zieht das durchführende Marktforschungsinstitut Nielsen die Netto-Zahlen heran um das Volumen zu berechnen. Darum sind die Angaben für die klassische Online-Werbung für 2011 nicht mit denen von 2010 vergleichbar, wie der OVK-Vorsitzende Paul Mudter (IP Deutschland) betont. Dennoch ergibt sich für den Markt ein ordentliches Gesamt-Bruttovolumen von über 5,7 Milliarden.
Der am 27. Februar in Frankfurt versammelte OVK-Vorstand strotzte vor Zufriedenheit. Hätte man die bisherige Berechnung weitergeführt, wäre der Display-Markt laut Mudters Schätzung um 20 Prozent oder mehr gewachsen. Das Bruttovolumen der Online-Spendings hätte die im letzten Jahr prognostizierten 6,2 Milliarden Euro übertroffen. Die Online-Vermarkter verzichten also auf ein Volumen von mindestens einer halben Milliarde Euro – was am Platz zwei der Mediagattungen hinter TV nichts ändert. Die Prognose für 2012: Dann soll die Sechs-Milliarden-Grenze richtig geknackt werden mit über 6,3 Milliarden Euro. Das entspräche moderaten plus elf Prozent. "Online wird weiterhin stabil wachsen. Allerdings könnte 2012 aufgrund von Marktunsicherheiten eher schwächer werden“, erklärt Mudter.
Im Einzelnen erzielte 2011 der Affiliate-Bereich ein Brutto-Volumen von 374 Millionen Euro, Suchwortvermarktung über zwei Milliarden Euro und Display knapp 3,3 Milliarden Euro. Besonders erfreut zeigten sich die OVK-Granden über das sprunghafte Wachstum im Bewegtbild-Bereich: Dieser erreicht ein Volumen von 195 Millionen Euro, 2010 waren es noch 85,7 Millionen Euro. Auch hier gilt: aufgrund der Bereinigung sind die Angaben nicht vergleichbar. "Es gibt eine große Nachfrage nach Bewegtbild, insbesondere nach qualitativen Umfeldern“, sagt Frank Bachér (Interactive Media), stellvertretender OVK-Vorsitzender. User Generated Content sei als Werbeumfeld nach wie vor weniger gefragt.
Ein ebenfalls deutliches Wachstum erzielte Mobile – wenn auch auf niedrigem Niveau: Der Bereich verdoppelte sich von 2010 auf 2011 auf rund 40 Millionen Euro. Arne Wolter (G+J Electronic Media Sales), ebenfalls stellvertretender OVK-Vorsitzender, geht davon aus, dass der Markt 2012 um wenigstens 60 Prozent wachsen dürfte. Wichtig dafür: eine regelmäßige Lieferung der Mobile-Reichweiten durch die Arbeitsgemeinschaft Online-Forschung (AGOF). Wolter kündigte die nächste Ausgabe der Mobile Facts für März an. Allerdings gab er schon einige Zahlen zur Nutzerstruktur bekannt: So sind es mittlerweile knapp 17 Millionen Unique User, die das mobile Internet oder mobile Apps in den letzten 30 Tagen genutzt haben. Das bedeutet im Vergleich zu den Mobile Facts 2010 ein Plus von 55 Prozent. Erfasst werden 61 Mobile Webseiten und 75 Apps. "Wir gehen davon aus, dass der relevante Markt abgebildet wird“, so Wolter.
Die Online-Vermarkter räumen Mobile jedenfalls ein enormes Potenzial ein, ebenso wie Bewegtbild, Crossmedia, IP TV und Connected TV über internetfähige TV-Geräte. Bei einer Umfrage unter den 19 OVK-Mitgliedern, welchen Anteil verschiedene Werbeformen und Plattformen an den Gesamtformen im Digital-Mix in drei Jahren erzielen werden, ergaben sich für diese Bereiche die größten Steigerungsraten. Display-Werbung und Suchmaschinenmarketing stagnieren dabei mehr oder weniger auf hohem Niveau. Als Treiber dieser Entwicklung identifiziert Markus Frank (Microsoft Advertising), ein weiterer stellvertretender OVK-Vorsitzender, der sich am heutigen Montag in der Frankfurter Villa Kennedy eingefunden hatte, erweiterte technische Möglichkeiten wie Breitband oder neue Mobilfunk-Standards sowie veränderte Kundenanforderungen.
Ein weiteres Ergebnis der Umfrage: Die Teilung des Marktes in einen Low-End-Bereich (Real Time Bidding, Marktplätze und Basis-Targeting) und einen Premium (-Targeting)-Bereich soll sich im Laufe der nächsten drei Jahre verfestigen. "Die klassische Umfeld-Buchung wird zunehmend durch Targeting abgelöst“, so Frank. Eine deutliche Absage erteilte der OVK dem Thema Trading, bei dem Agenturen wie Großhändler Werbe-Plätze einkaufen, um sie dann an ihre Kunden weiterzuverkaufen. Das sei zwar rechtlich denkbar, erläutert OVK-Vize-Vorstand Matthias Wahl (OMS). Allerdings brächte es weder für Agenturen noch für Werbungtreibende Vorteile, die Transparenz im Markt ginge verloren. Darum lehnt der OVK Trading-Modelle ab. "Kein OVK-Mitglied wird sein Inventar dafür hergeben, weil niemand dieses Thema braucht“, so Wahl.