
Gruner + Jahr:
Neues "Capital" wird zum "Stern" für die Wirtschaft
Eine Mischung aus "Stern" und dem "Agenda"-Teil der "FTD": Chefredakteur Horst von Buttlar will mit dem neuen "Capital" eine breitere Leserschicht ansprechen.
"Capital" wagt einen Neuanfang. An diesem Donnerstag erscheint der Gruner+Jahr-Wirtschaftstitel für 7,50 Euro runderneuert am Kiosk. Die Handschrift von Horst von Buttlar als ehemaliger Agenda-Chef der eingestellten "Financial Times Deutschland" ist unverkennbar: Mit schön geschriebenen Reportagen will der Journalist den Lesern zeigen, wie Wirtschaft ihr Leben bestimmt, ihnen Sachverhalte erklären und einordnen, "ohne Frontalunterricht zu machen", betont er. Damit rückt der Theodor-Wolff-Preisträger das Blatt an seine Anfänge 1962 zurück. Damals lautete das Motto: "Das Wirtschaftliche menschlich, das Menschliche wirtschaftlich erklären." Unverkennbar ist auch der Einfluss von Ex-"Stern"-Chefredakteur Andreas Petzold, der als Berater "Capital" optisch in eine Art Wirtschafts-"Stern" verwandelt hat. Ruhige Optik, aber aussagekräftige Bilder wie beispielsweise ein Foto von Frankreichs Präsident François Hollande, der an einem schlafenden Vagabunden ungeachtet vorbeiläuft, sollen die Thesen der Reportagen verstärken. Entschlackt wurde auch die Struktur des Blattes in vier Ressorts Start, Welt der Wirtschaft, Leben und Invest. Wer allerdings regelmäßige Enthüllungsgeschichten aus der Welt der Hochfinanz oder Industrie erwartet, dürfte enttäuscht werden. Offenbar gelten Scoops eher als Ausnahme, heißt es.
Ob Buttlars Konzept aufgeht, wird sich zeigen. Denn die Neupositionierung ist radikal. Vielleicht ist dies gerade nötig, um den Auflagen- und Anzeigenschwund bei "Capital"zu stoppen. Lag die verkaufte Auflage 2003 noch bei mehr als 216.000 Stück, schrumpfte sie 2013 auf rund 160.000 Exemplare. Buttlar löst Steffen Klusmann als Chefredakteur ab, der "Capital" stark an den Konkurrenten "Manager Magazin" angelehnt hatte, daran aber scheiterte. Getrommelt wird für das neue "Capital" zumindest ordentlich.
Das "Manager Magazin" hingegen blieb seinem Markenversprechen treu. Ruhig und besonnen hat Chefredakteur Arno Balzer in den vergangenen Jahren kosmetische Veränderungen vorgenommen. An dem Konzept eines hintergründig erzählten Unternehmer-Magazins hat er nie gerüttelt. Scoops aus den Vorstandsetagen verschafften dem Blatt zudem mediale Aufmerksamkeit. Seine Strategie ging auf: Die Auflage hielt sich stabil. Lag sie 2003 bei 120.277 Exemplaren, bewegt sie sich jetzt bei gut 103.000 Heften. Ob von Buttlar mit seinem mutigen Schritt jetzt den Auflagenrückgang stoppen kann, bleibt abzuwarten. Sollte sich der Abwärtstrend fortsetzen, könnte dem Magazin am Ende ein ähnliches Schicksal wie der "FTD" drohen.