Neue Social Media-Serie: "Es war eine brillante Idee von Scholz & Friends, mich zu holen"
Blick hinter die Kulissen: Die neue W&V Online Serie zeigt, wie die großen Agenturen in Deutschland ihre Social-Media-Arbeit organisieren. Den Anfang macht Scholz & Friends, wo Nico Lumma reichlich selbstbewusst die Web-2.0-Fäden in der Hand hält.
An Selbstbewusstsein fehlt es Nico Lumma nicht. Er gilt als ausgewiesener Social Media Experte und sagt mit einem kleinen Augenzwinkern, dass es vor zweieinhalb Jahren eine "brillante Idee" von Scholz & Friends gewesen sei, ihn zu holen. Seitdem hat er es geschafft, das Thema Social Media in der Agentur zu verankern. Nicht ganz ohne Reibung am Anfang, aber "das ist ja völlig klar, wenn da einer kommt, der das bisherige Vorgehen hinterfragt", findet Lumma. Mit dem Gewinn des Vodafone-Pitches 2009 nahm der Bereich Social Media in der Agentur an Fahrt auf. Neben klassischen Werbemitteln setzte Scholz & Friends für den Telekommunikationsanbieter die Kampagne damals auch auf Facebook, MySpace und einem Corporate Blog um.
Heute feilt Lumma mit den 25 Mitarbeitern der "Digital Family" bei Scholz & Friends in Hamburg an Online-Kampagnen für Kunden. Zudem gibt es an den anderen Agentursitzen Berlin und Düsseldorf weitere Spezialisten, denen Lumma bei Bedarf zur Seite steht. Als Director Social Media ist er übergeordnet in der Scholz & Friends Group verankert und damit nicht an einen einzelnen Standort gebunden, aber inhaltlich für alle Social Media-Fragen in der Agentur verantwortlich. Er entwickelt Konzepte, berät Kunden und bereitet Pitches vor. Punktuell mischt Lumma auch im Tagesgeschäft mit, aber vor allem muss er den "Blick für das große Ganze" bewahren.
Ideen für Kampagnen kommen mitunter auch von ihm, vor allem aber von den Kreativen der Agentur. Sie sollen bei Scholz & Friends so vernetzt wie möglich arbeiten, und Lumma freut sich darüber, wenn aus der "klassischen Ecke" auch reine Digital-Ideen kommen. "Im Mittelpunkt steht aber immer die Leitidee zu einer Kampagne." Diese wird dann in den unterschiedlichen Bereichen umgesetzt.
Seit wann er sich mit dem Thema Social Media befasst? "Da muss ich weit ausholen", sagt Nico Lumma. Schon während des Studiums, 1995, bei einem Auslandsaufenthalt in Berkeley, nördlich des Sillicon Valley, bekam er eine Ahnung davon, wie das Internet genutzt werden kann. Zurück in Deutschland, zum Studium der Politikwissenschaften und Geschichte, vernetzte er zusammen mit Kommilitonen Wohnheime in Göttingen und geriet damit "auf die Technik-Schiene". Nach dem Studium arbeitete Lumma als IT-Leiter bei Orangemedia, heute Ströer Interactive. 2003 entwickelte er die Idee zu Blogg.de, einem der ersten Bloghosting-Anbieter in Deutschland.
Nach einem Wechsel zur Beteiligungsgesellschaft Media Ventures versuchte Lumma mit dem Startup "Mabber.com", Instant Messaging über verschiedene Plattformen zu ermöglichen: Ob mobil oder per PC, der User sollte in der Lage sein, sich mit anderen auszutauschen, so die Kernidee, ähnlich wie es bei Facebook heute praktiziert wird. Wirtschaftlich erfolgreich war dieses Projekt leider nicht. "Ich war mit meinen Ideen immer ein paar Jahre zu früh dran", so Lumma. Auch mit Shoppero, einer Lösung zum Social Commerce erntete er 2007 nicht den großen Erfolg. Doch das Thema beschäftigt ihn noch immer. Die zwei großen Trends im Social Media, die der Visionär in den kommenden Monaten sieht, sind Social- und Mobile-Commerce. "Wie kann man Facebook für den Abverkauf nutzen, wie kann man Smartphones für mobiles Shopping nutzen, und wie kann man die Kaufprozesse mit den Freunden der Nutzer verknüpfen?" Das ist für Lumma momentan die Fragestellung der nächsten Monate.
Die Werbebranche ist in seinen Augen an einem Wendepunkt angelangt. Die Art und Weise, wie User das Web nutzen, die Allgegenwärtigkeit Facebook, aber auch die Präsenz von Twitter und anderen sozialen Plattformen haben zu einem fundamentalen Wandel in der Aufmerksamkeits-Ökonomie geführt – und die Werbebranche zieht nach. "Heute wirken nicht mehr nur die großen, tollen Bilder. Die Fokussierung auf den Nutzer und das Anbieten eines echten Mehrwertes werden immer wichtiger für die Kommunikation zwischen Marke und Nutzer."