Chefwechsel beim Burda-Blatt:
Nach mehr als 1000 Ausgaben: "Bunte" ohne Patricia Riekel
Patricia Riekel hat sich am Donnerstag als "Bunte"-Chefredakteurin verabschiedet. Ein Rückblick.
Zum 1. Juli hat Patricia Riekel die Burda-Zeitschrift "Bunte" nach fast 20 Jahren als Chefredakteurin verlassen. Über zwei Jahrzehnte hinweg begleitete die 67-Jährige einen Wandel in der Promi- und Medienwelt hautnah - und wurde dabei selbst ein Stück weit berühmt.
Riekel erlebte auch, wie gerade im People-Metier die Konkurrenz durch Soziale Medien gewachsen ist. Promis vermarkten sich auf Twitter und Facebook selbst. Blogs sind oft schneller als viele Medien. Eine Gefahr sei das Internet aber nicht, sagt Riekel der "dpa" zum Abschied: "Es ist eine neue Bühne für Menschen, die schnelle Aufmerksamkeit suchen, die sich darstellen wollen." Journalisten müssten sich eben verändern.
Diese Entwicklung bedeute aber auch: "Eine Nachricht hat nicht mehr einen solchen Wert wie vor 20 Jahren." Um die neueste Schlagzeile zu lesen, warte niemand mehr bis Donnerstag, bis die neue "Bunte" am Kiosk liegt. Rund 480.000 Exemplare wurden dort zuletzt im Schnitt laut IVW verkauft. Hinzu kommen unter anderem Exemplare für Lesezirkel. Zum Vergleich: 2005 waren es noch 777.000 Exemplare.
Mehr als 1000 "Bunte"-Ausgaben hat Riekel verantwortet. Ihre letzte, am Donnerstag erschienen, titelt mit einer "wilden Liebes-Party" von Boris und Lilly Becker. Im Editorial verabschiedet sich Riekel von den Lesern, dankt für Treue und Inspirationen. Die große Stärke sieht sie in der "Gesamtkomposition" der Zeitschrift: "Man fasst sie an, riecht sie, hört sie und man kann sie aufheben. Eine Internetseite kann man schwer liebhaben, eine Zeitschrift schon."
Rudolf Scharping im Pool und Horst Seehofers Geliebte samt Baby sind Geschichten, mit denen "Bunte" unter Riekel punkten konnte. Stolz ist sie auf weltweite Scoops in der Berichterstattung über royalen Nachwuchs, "Schnullerberichterstattung" wie sie es nennt.
Im Lauf der Zeit hat sich auch die Promiwelt verändert, ist kurzlebiger geworden: "Wir leben in einer Zeit, wo das Verfallsdatum von Gesichtern kürzer ist als bei Sahne in der Sommerhitze." Castingshows etwa verhinderten, dass sich Talente entfalten können, sagt Riekel.
Riekel trat zum 1. Dezember 1996 mit dem Vorhaben an, die "Bunte" "fairer" zu machen. Im Peoplejournalismus habe man es mit Emotionen zu tun. "Da müssen die Fakten und das Handwerk stimmen", sagt sie. "Man muss sich immer wieder klar machen, was man als Journalist im Leben von Menschen anrichten kann, wenn man über sie schreibt." Sicherlich habe es Geschichten gegeben, bei denen "Bunte" nicht sensibel genug gewesen sei. Kritiker warfen ihr Scheckbuch-Journalismus und Spitzelmethoden vor.
Geboren wurde Patricia Riekel in Haarlem in den Niederlanden. Sie wuchs am Starnberger See auf. Nach einem Volontariat beim "Münchner Merkur" arbeitete sie für verschiedene Zeitschriften, bevor sie zur "Bunten" ging. Die Kollegen dort seien für sie wie eine Familie gewesen. Privat ist sie mit "Focus"-Herausgeber Helmut Markwort liiert.
Zum 1. Juli hat der bisherige "Freizeit Revue"-Chef Robert Pölzer das Chefredakteursamt übernommen – eine interne Burda-Lösung, wie sie auch beim Schwestertitel "Focus" gefunden wurde. Beim Abschied in München überreichte Verleger Hubert Burda Riekel das von ihm selbst gestaltete Heft "Patricias München" - als Hommage an sie.
Weil Riekel aber weiter am Zeitschriftenleben teilhaben und Strippen ziehen will, bleibt sie Herausgeberin aller Magazine der Mediengruppe Burda Style, also nicht nur für die "Bunte", sondern etwa auch für "Elle" und "Instyle". Auch beim Medienpreis Bambi bleibt sie aktiv - eine Aufgabe, die sie selbst zu einer Prominenten machte.
Ruhe will sie auch mit 67 Jahren nicht: "Ich wünsche mir ein turbulentes Leben." Selbst über einen Einstieg in die Lokalpolitik habe sie nachgedacht. Nur eine Autobiografie schreiben, das will sie auf keinen Fall: "Das würde bedeuten, dass ich möglicherweise über etwas schreibe, was ich 20 Jahre nicht verraten habe."
W&V Online/dpa