
Interview:
Nach jüngster Google-Änderung: "Die verbleibenden Nutzer sind umso wertvoller"
Google hat mit seiner jüngsten Datenschutz-Änderung den Nutzern mehr Macht gegeben, das Ausspielen individualisierter Werbung zu blockieren. Was bedeutet das für die Online-Werber? Markus Schindler, Geschäftsführer der Performance-Marketing-Agentur Hurra.com, kann den Neuerungen durchaus positive Seiten abgewinnen.
Google hat mit seiner jüngsten Datenschutz-Änderung den Nutzern mehr Macht gegeben, das Ausspielen individualisierter Werbung zu blockieren. Was bedeutet das für die Online-Werber? Markus Schindler, Geschäftsführer der Performance-Marketing-Agentur Hurra.com, kann den Neuerungen durchaus positive Seiten abgewinnen.
Googles Strategie scheint so, als ob das Unternehmen mal mehr für die Nutzer, mal mehr für seine Werbekunden tut. Wie schätzen Sie die aktuellen Änderungen hier ein?
Wenn Google Nutzer verärgert und dadurch womöglich verliert, leiden auch die Werbekunden darunter: Weniger Nutzer bedeutet weniger Reichweite, damit einhergehend begrenztere und weniger effiziente Werbemöglichkeiten für Advertiser und somit geringere Einnahmen für Google. Kurz: Nur wenn viele User Google treu bleiben, bleibt Google auch für Werbekunden interessant. Daher halte ich es grundsätzlich für richtig und wichtig, den Nutzer ins Zentrum jeglicher Entwicklung zu stellen.
Welche Nutzerreaktionen erwarten Sie?
Wir Deutschen sind sehr restriktiv im Umgang mit unseren Daten und Werbung gegenüber kritischer eingestellt als viele andere Nationen. Leider hat die Branche es hierzulande versäumt, die Vorteile von datenbasierter und somit relevanterer Werbung an den Ads selbst vorzuführen: Langweilige, irrelevante Ads will keiner sehen. Wäre die Werbung durchweg kreativ und interessant, wären User sicherlich auch milder gestimmt, was Datensammelei zu Werbezwecken betrifft.
So hingegen müssen wir in Deutschland damit leben, dass schätzungsweise 15 bis 20 Prozent der Onliner bereits Adblocker auf dem Desktop installiert haben. Möglicherweise werden ähnlich viele Nutzer auch von Googles Angebot Gebrauch machen, die Daten zu löschen - wenngleich ich persönlich mit einer geringeren Prozentzahl rechne.
Welche Art von Online-Werbung wird dadurch schwieriger?
Im Prinzip betrifft es sämtliche Online-Werbung, die auf dem Suchverhalten, den dadurch angenommenen Interessen und Geo-Daten der User basiert.
Jedoch bietet Google den Nutzern auch die Möglichkeit, stärker selbstverwaltet zu bestimmen, welche Werbung sie sehen wollen. Unter "Werbung nach Ihrem Geschmack" können persönliche Einstellungen vorgenommen werden – großartig für die Nutzer und dadurch auch für die Advertiser. Denn diese müssen nicht länger auf Basis von Suchverläufen Interessen vermuten, sondern bekommen vom User selbst gesagt, was er sehen will.
Für das klassische keywordbasierte Marketing hingegen bleibt alles beim Alten.
Wo sehen Sie Vorteile?
Wie eben beschrieben, bietet die Möglichkeit "Werbung nach Ihrem Geschmack" für alle Beteiligten einen Vorteil. Im Endeffekt bereinigt Google so automatisch Streuverluste. Nun bleiben hauptsächlich User übrig, die offen gegenüber Werbung sind. Online-Werbung wird dadurch noch effizienter. Sicherlich wird die Userbasis der Beworbenen vorerst schrumpfen - die verbleibenden Nutzer sind dafür umso wertvoller.
Gleichzeitig müssen sich die Kreativen noch stärker ins Zeug legen, was die Gestaltung der Display- und Video-Ads angeht. Eine Herausforderung, die hoffentlich schöne Blüten treibt. Je besser die Werbekunst, desto mehr steigt mittelfristig die Akzeptanz der User für Online-Ads. Jetzt muss die Branche erneut beweisen, dass Werbung auch unterhalten und Datensammelei einen Mehrwert bieten kann.
Wie sollten sich Agenturen und Werbungtreibende jetzt rüsten?
Abwarten und nicht in Panik verfallen. Was Textanzeigen angeht, bleibt ja ohnehin alles wie gehabt.
Display- und Video-Ads stehen auf dem Prüfstand und müssen mehr denn je derart gestaltet werden, dass die Grenze zwischen unterhaltsamer Werbung, Entertainment und Content zerfließt. Alles in allem gilt also wie immer: Krise als Chance.
Seit über 15 Jahren ist Hurra.com als inhabergeführte Performance-Marketing-Agentur auf dem Markt. Zu ihren Geschäftsfeldern zählen unter anderen SEA, SMA, SEO, Website- und Conversion-Optimierung, Produktdaten-Marketing oder Online Display Advertising. Die Geschäftsführung von Hurra Communications liegt in den Händen der Gründer René Schweier (CEO) und Gerd Schweier (CTO) sowie von Markus Schindler, der als Head of Sales & Marketing seit 2000 dem Management angehört.