
Sexismus-Debatte um Brüderle:
Michael Graeter und der Fall Himmelreich: "Nur Frustis können derart reagieren"
Klatschreporter Michael Graeter wühlt seit den 70er Jahren im Graubereich von Promis und Politikern. W&V Online wollte vom "AZ"-Kolumnisten wissen, wie die Causa Brüderle an der Front wahrgenommen wird...
Im Netz und in sämtlichen Talkshows der Republik tobt seit eineinhalb Wochen die Diskussion: Durfte der "Stern" FDP-Politiker Rainer Brüderle derart bloßstellen, weil er die Journalistin Laura Himmelreich angebaggert hat? W&V Online hat an der Front nachgefragt, beim erfahrenen Klatschkolumnist Michael Graeter, um zu erfahren, wie derlei Vorfälle überlicherweise in Redaktionen gehandhabt werden und welche Konsequenzen "Brüderle-Gate" im Alltag von Zeitungen und Zeitschriften haben könnte. Graeter hat über die Jahre wiederholt für Burdas People-Blatt "Bunte" geschrieben, wirkt heute wieder als Kolumnist bei der "Abendzeitung" in München - und lieferte einst die Vorlage für den Klatschreporter "Baby Schimmerlos" aus der Kult-TV-Serie "Kir Royal".
Herr Graeter, würden Sie die Causa Brüderle als Einzelfall oder als gang und gäbe in der Branche einstufen?
Wenn Deutschland keine Probleme hat, macht es sich welche. Es ist doch das Schönste auf der Welt, wenn ein Mann einer Frau ein Kompliment macht. Wo sind wir denn: Was ist denn da hässlich, wenn jemand sagt, "Sie würden in einem Dirndl eine gute Figur machen"? Nur Frustis können derart reagieren.
Haben die "Stern"-Chefredakteure aus Ihrer Sicht richtig gehandelt, als sie Laura Himmelreich über den Vorfall mit dem FDP-Politiker Brüderle an der Hotelbar berichten ließen?
Es war falsch und noch dazu ein alter Hut, von einem Bar-Besuch nach einem Jahr "frisch" zu berichten. Das sieht so aus: Man wollte Brüderle einfach so kurz vor der Wahl schaden.
Gibt es aus der heutigen Sicht Vorgänge aus dem Kreis Ihrer Kolleginnen, über die Sie gern geschrieben hätten?
Nein. Ein Flirt darf erlaubt sein, sonst müssen die Damen in Zukunft ihre Lippenstifte, schwarzen Strümpfe und kurzen Röcke weglassen.
Wie sollen sich junge Kolleginnen gerade im Boulevard-Journalismus verhalten, wo der enge Kontakt zu Informanten unerlässlich ist?
Sie sollen sich als professionelle Journalistinnen bewegen. Wieso beschränken Sie das auf den Boulevard-Bereich?
Wird die aktuelle öffentliche Debatte aus Ihrer Sicht etwas im Verhältnis zwischen Politik und Journalismus verändern?
Manche dieser Reporterinnen wird es schwerer haben: Die Spielfläche ist beschädigt.