
Mobile Werbung:
Michael Behrens: "Der Gordische Knoten muss zerschlagen werden"
Mobile ist überall angekommen, nur bei den Planern nicht. Können die Kreativagenturen den Markt anschieben? Ein Gespräch mit JvM/next-Chef Michael Behrens.
Mobile ist überall angekommen, nur bei den Planern nicht. Können die Kreativagenturen den Markt anschieben? Ein Gespräch mit JvM/next-Chef Michael Behrens.
Herr Behrens, Mobile bietet als Werbekanal signifikantes Potenzial. Dennoch tun sich die Werbungtreibenden immer noch schwer damit. In einem Vortrag bei der "GWA Conference" sagten Sie dazu kürzlich, die Post-PC-Ära habe überall begonnen – nur nicht in der Mediaplanung. Wieso sind Mediaplaner und Werbungtreibende noch so zögerlich?
Sie müssen nach guten Mobile-Kampagnen wirklich sehr lange suchen! Und Sie hören dafür immer wieder dieselben Begründungen: Es mangle an Effizienz, Wirkungsnachweisen, Buchbarkeit, Planbarkeit. Ich bin zwar kein ausgewiesener Media-Experte, meine aber dennoch: Angesichts des sich dramatisch wandelnden Mediennutzungsverhaltens können das alles keine Gründe mehr sein. Von Tomorrow Focus höre ich auch, dass iAds häufig wiederholt gebucht werden. Das würde niemand machen, wenn die Leistungswerte nicht überzeugend wären.
Das hat deren Geschäftsführer Martin Lütgenau vor Kurzem uns gegenüber auch betont. Aber der Beratungs- und Überzeugungsaufwand ist eben viel größer als bei Marktstandards.
Das mag ein Teil der Begründung sein. Gerade bei der Mediaplanung ist heute noch zusätzliche Aufklärungsarbeit nötig. Auch sind attraktive Formate wie intelligente Interstitials oder Full-Screen-Ads in der Implementierung aufwendiger. Dafür sind die Response-Raten aber auch besser als bei stationärer Display-Werbung.
Auch die Online-Medien verweisen darauf, dass sie die Nutzungs- und Reichweitenzahlen vorweisen können – 20 bis 30 Prozent der Abrufe sind mobil, dass aber wenig gebucht wird. Sie müssten selbst Erklärungsarbeit leisten.
Vielleicht liegt es auch daran, dass es an Anschauungsmaterial fehlt. Sie finden, wie gesagt, wirklich kaum herausragende Kampagnen. Wenn die handelnden Personen aber selbst keine guten Beispiele sehen, fällt die Überzeugungsarbeit naturgemäß schwer. Apple hat ja eine iAd-Showcase-App. Da erwarten Sie einige Hundert überzeugende Arbeiten drin. Es sind aber kaum 30, weltweit!
Man hört auch immer wieder, dass sich die Planer lieber in ihren vertrauten Metriken bewegen. Aber das gehört doch zum Job dazu, sich Neues zu erarbeiten.
Mehr, denn je! Ich denke, der Gordische Knoten muss zerschlagen werden: Es muss einer hingehen und eine aufsehenerregende Kampagne starten. Dann stürzen sich alle darauf. Vielleicht gelingt uns das ja.
Würde uns freuen.
In der Tat wollen wir hier noch aktiver auf unsere Kunden zugehen. Kreativ schlummert da enormes Potenzial.
Wie würden denn gute Kampagnen für Sie aussehen, was gilt es zu beachten? Es ist ja nicht einfach Display-Werbung.
Der mobile Nutzungs-Kontext sollte natürlich berücksichtigt werden. Bestenfalls betrachtet man Mobile auch nicht isoliert und entwickelt Multi-Screen-
Szenarien. Und selbstverständlich kommt es auch bei mobiler Display-Werbung auf gutes Handwerk an: Sie müssen einen kreativen Hebel finden, der beim Nutzer mit kleinen Formaten Aufmerksamkeit generiert und diesen das Werbemittel öffnen lässt.
Dann muss ich den Konsumenten allerdings zur Interaktion bewegen.
Viele Studien belegen, dass die Öffnungsraten gut und gerne zwei- bis dreimal so hoch wie im stationären Web sind. Und die Engagement-Rate soll im Schnitt aller Kampagnen bei über 30 Prozent liegen.
Das macht es eigentlich für Kreative zu einem ganz spannenden Kanal und einer neuen Herausforderung.
Ja, vor allem kreativ. Denn ist ein Werbemittel erst einmal geöffnet, haben wir fast alles zur Verfügung, was auch eine App bieten würde: eine sehr gute Video- und 3-D-Performance, Geo-Daten, Kamera etc. Zusammen mit der direkten Anbindung an die Social-Media-Plattformen ergibt sich eine gigantische Spielwiese. Vorausgesetzt natürlich, entsprechende Formate haben es auch in den Mediaplan geschafft.
Wie hat sich denn die Nachfrage nach Mobile-Kampagnen in Ihrem Kundenkreis entwickelt?
Sie werden auch bei uns nicht in dem Maße nachgefragt, wie es die Mediennutzungszeit und die Bedeutung des Kanals nahelegen würden. Auch wenn der mobile Werbemarkt prozentual kräftig wächst, stellt er im Vergleich zum stationären Web noch ein zartes Pflänzchen dar. Hier müssen Kreativ- und Media-Agenturen zusammen mit Arbeiten überzeugen, die kreativ ein Ausrufezeichen setzen und Top-Leistungswerte generieren.