
Medienrechtler: Leistungsschutzrecht für Verlage ist "schwer durchzusetzen"
Das Leistungsschutzrecht für Verlage, wie es die Koalition am Wochenende beschlossen hat, steht rechtlich auf wackeligen Füßen. Der Kieler Urheberrechts-Experte Stephan Dirks bezweifelt im Gespräch mit W&V Online, dass die Regierung damit durchkommt.
Das Leistungsschutzrecht für Verlage, wie es die Koalition am Wochenende beschlossen hat, steht rechtlich auf wackeligen Füßen. Der Kieler Urheberrechts-Experte Stephan Dirks bezweifelt im Gespräch mit W&V Online, dass es durchkommt. "Das ist schwer durchzusetzen". Vor allem der Umstand, dass die Urheber schlechter gestellt sein sollten als die Verlage, sieht Dirks skeptisch. „Sollten sich die Pläne weiter konkretisieren, rechne ich mit einem massiven Protest der Fachwelt.“
„Noch gibt es keinen ausformulierten Entwurf, das heißt wir müssen noch abwarten, wie das dann genau aussehen soll," schränkt Rechtsanwalt Dirks ein. Der Vorschlag des Koalitionsausschusses sehe aber vor, dass alle gewerblichen Anbieter, wie etwa Suchmaschinen zahlen sollten. Das hieße: Auch ein Blog, sobald er sich mit Werbeeinblendungen finanziere, fiele möglicherweise unter den Geltungsbereich des Leistungsschutzrechtes und müsse Abgaben entrichten.
„Sie werden in der Fachwelt kaum jemanden finden, der das angedachte Leistungsschutzrecht für Verlage nicht kritisch sieht. Nach bisheriger Rechtslage ist es so, dass Leistungsschutzrechte nur für solche am Werk Beteiligte bestehen, die gewissermaßen handwerklich mit erheblichem Investitionsaufwand an der Herstellung und Verbreitung eines Kunstwerks beteiligt waren. So zum Beispiel Tonträgerhersteller, Filmhersteller oder ausübende Künstler." Bei Verlagen, die ja ‚nur‘ einen kleinen Artikel unter vielen abdrucken würden, sei der Aufwand und damit die „Leistung“ um das Werk weitaus geringer. Deswegen sagt Dirks: „Die Begründung, hier ein Leistungsschutzrecht einzuführen, trägt meines Erachtens nicht.“
Besonders wegen des geltenden Urheberrechts hat Dirks Bedenken: „Eigentlich haben die Urheber, die Redakteure und Journalisten, das stärkere Recht – nämlich das "Urheber“- recht. Nun sollen aber die Verlage mit einem Leistungsschutzrecht sogar weiter geschützt werden als die Urheber selbst. Ein Urheber eines Textes muss die Verwendung zum Beispiel von „Snippets“ seiner Texte im Internet entschädigungslos dulden, - der Verlag hingegen soll aus dem vorgesehenen Leistungsschutzrecht vergütet werden. Das widerspricht möglicherweise dem Gleichheitsgrundsatz und könnte sogar verfassungswidrig sein.“
Entsprechend könne also ein Urheber möglicherweise auf Gleichbehandlung klagen – sogar bis zum Verfassungsgericht. Auch eine Normenkontrollklage wäre eventuell möglich.
Wenn man frühere Ankündigungen von Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger wörtlich nähme, müsse man davon ausgehen, dass das Leistungsschutzrecht sogar schon bei reinen Links auf gewerblichen Seiten zur Anwendung käme. „Das würde sehr viele Anbieter treffen,“ so Dirks gegenüber W&V Online. Das Verfahren wäre auch für die Verlage schädlich, denn diese profitierten ja auch von der zusätzlichen Öffentlichkeit und Werbung für ihre Produkte. Und diese hätten ja noch eine weitere Möglichkeit sich zu schützen: „Sie können ihre Inhalte ja auch ohne größere Probleme hinter eine Pay-Wall setzen“. Die Verlage kämen nicht darum herum, sich nach anderen Erlösmodellen als denen durch ein Leistungsschutzrecht umzusehen.