TechTäglich:
Mars-Rover läuft mit Apple-Prozessor von 1998
Vor dem Mittagessen die wichtigsten Meldungen des Tages – das ist TechTäglich, die Technik-Kolumne von W&V. Heute mit Apple-Retro-Technik auf dem Mars und mit Tipps gegen Zoom-Müdigkeit.
Mars-Rover läuft mit Apple-Prozessor von 1998
Die NASA schickt ihre Raketen, Raumschiffe und Rover mit Hilfe modernster Technik ins Weltall? Das stimmt oft – aber längst nicht immer. Der Mars-Rover Perseverance ruckelt derzeit mit einem Hauptprozessor über den roten Planeten, der bereits 1998 im ersten iMac steckte. Der bonbonfarbene Rechner war vor 23 Jahren die Design-Premiere des späteren iPhone-Schöpfers Jonathan Ive, und der erste neue Mac nach der Rückkehr von Steve Jobs zu Apple. Der iMac lief damals mit dem IBM-Chip PowerPC 750, der nun auch Perseverance antreibt. Die Taktfrequenz des Prozessors mit einem einzigen Rechenkern liegt bei 110 bis 200 MHz, während aktuelle iMacs bis zu 4,5 GHz schaffen. Und er kommt mit nur 10,4 Millionen Transistoren aus – gut tausendmal weniger als in jedem aktuellen Smartphone.
Das Wissenschaftsmagazin NewScientist und Cult of Mac erklären, warum die NASA auf die jahrzehntealte Retro-Technik setzt: In rund 250 Millionen Kilometern Entfernung von der Erde kommt es nicht auf Höchstleistung und Geschwindigkeit an, sondern auf absolute Zuverlässigkeit und auf Energieeffizienz. Denn ein Problem mit dem Prozessor könnte die ganze Mars-Mission gefährden. Und hier gilt der gute alte PowerPC-Chip, der mit einer Stromaufnahme von nur zehn Watt so langsam und zuverlässig läuft wie ein Schiffsdiesel, als absolut vorbildlich. Deshalb werkelt er auch im Kepler-Teleskop, in der Jupiter-Sonde Juno und in über 100 weiteren Projekten der NASA. Für den Einsatz auf dem Mars haben die Techniker den Prozessor in Sachen Strahlenschutz und Temperaturempfindlichkeit modifiziert. Er hält jetzt einer kosmischen Strahlung von bis zu 100.000 Rad und Temperaturen zwischen minus 55 und plus 70 Grad Celsius stand.
Zoom-Müdigkeit: Ursachen und Gegenmittel
Videocalls sind ein enormer Stressfaktor im Home Office. Was Heimarbeiter ganz von alleine bemerken, bestätigt nun auch eine Umfrage des Technikverbandes Bitkom unter 1.003 Menschen in Deutschland. Demnach führt jeder im Home Office Tätige, der für Videokonferenzen erreichbar sein muss, durchschnittlich acht solcher Gespräche pro Tag. Sieben davon sind beruflich, und nur eines privat. 27 Prozent dieser Mitarbeiter müssen sogar mehr als zehn Videoanrufe täglich durchstehen. Und insgesamt geben 33 Prozent der berufstätigen Internetnutzer an, dienstlich mit Zoom, Teams, Skype & Co. zu kommunizieren. "Manche empfinden dies als Belastung", so Bitkom-Chef Bernhard Rohleder, "andere empfinden Videocalls als willkommene Abwechslung im zuweilen monotonen Home-Office-Alltag". Fun Fact: Jeder dritte Nutzer konferiert dabei, meist unsichtbar für die Kamera, gelegentlich in der Jogginghose – und jeder Sechste sogar in der Schlafanzughose. In der Unterhose videochatten aber nur vier Prozent.
Bei der Flut von Videocalls ist es kein Wunder, dass Forscher der kalifornischen Stanford University in einer neuen Studie jetzt bereits von der "Zoom-Müdigkeit" als wissenschaftlich anerkanntem Phänomen sprechen. Für diese Überforderung im Home Office gibt es laut CNET vier Hauptursachen: Langer und intensiver Augenkontakt mit den Gesprächspartnern, ständig der Blick auf das eigene Kamera-Gesicht, die eingeschränkte Bewegungsfreiheit vor dem Bildschirm sowie die hohe Energie, die es erfordert, Reaktionen der Gesprächspartner auf dem Display genau zu erkennen und zu analysieren.
Tipps für Gegenmaßnahmen haben die Wissenschaftler auch parat: Nutzer sollten das Chat-Fenster auf dem Bildschirm kleiner machen, damit die Gesichter weniger erdrückend wirken. Ein größerer Abstand vom Bürostuhl zur Webcam sorgt für mehr persönlichen Bewegungsspielraum. Die Kamera-Darstellung des eigenen Gesichts sollte deaktiviert werden, das verringert Befangenheit. Und man sollte es sich erlauben, während längerer Konferenzen die eigene Kamera auch mal auszuschalten und sich für ein paar erholsame Momente der Privatsphäre vom Bildschirm abzuwenden.
Amazon stoppt politisch unkorrektes Icon
Führungslos ist Amazon nicht – schließlich steht mit Andy Jassy bereits der Nachfolger für den im Herbst als CEO ausscheidenden Konzerngründer Jeff Bezos fest. Aber dafür ist der US-Konzern jetzt den Führer los: Nachdem Amazons neues App-Icon bei vielen Beobachtern ungute Erinnerungen an den Bürstenbart von Adolf Hitler samt darunter liegendem Grinsemund weckte, haben die Amerikaner das erst im Januar eingeführte Design nochmals verändert. Statt blauem Führerbärtchen ist nun ein politisch unverdächtiges Klebeband zu sehen.
Zu den genauen Hintergründen der neuerlichen Änderung wollte sich Amazon laut The Verge nicht äußern. Während das bisherige App-Symbol ein gezacktes Klebeband wie von einem Tesa-Abroller zeigte, ist im geänderten Design nun ein umgeknicktes Klebeband zu sehen. Die Grundidee rund ums Verpacken und Auspacken der Kartons bleibt also die Gleiche. Amazon beschreibt sie so: "Wir suchen immer nach neuen Wegen, um unsere Kunden zu begeistern. Wir haben das neue Icon entworfen, um Vorfreude und Aufregung zu wecken, wenn Kunden den Einkauf auf ihrem Handy starten – genauso, wie sie es tun, wenn sie unsere Kartons vor ihrer Haustür sehen."
Harry-Potter-Spiel mit Transgender-Charakteren
In Sachen Diversität und Geschlechter-Vielfalt gilt das Harry-Potter-Universum bisher nicht unbedingt als vorbildlich. Potter-Erfinderin Joanne K. Rowling ist in der Vergangenheit bereits mehrfach mit transphoben Äußerungen negativ aufgefallen. Und Troy Leavitt, Chefdesigner des für 2022 angekündigten Harry-Potter-Spiels "Hogwarts Legacy", hat auf seinem Youtube-Kanal mehrfach Rechtsaußen-Videos veröffentlicht, in denen er gegen Feminismus, gegen die MeToo-Bewegung als "moralische Panikmache" und gegen die Rechte von Trans-Personen agitierte. Immer wieder aufkommende Proteste bügelte Leavitt ab: "Meinen Auftraggebern sind gute Spiele wichtiger als politische Korrektheit."
Das klingt nach schlechten Voraussetzungen für "Hogwarts Legacy", für das aufwändige erste Open-World-Spiel rund um den Jung-Zauberer mit dem Blitz auf der Stirn. Auftraggeber Warner Bros. ist aber offenbar entschlossen, auf unzufriedene Potter-Fans zuzugehen und ein "diverses und inklusives" Abenteuer zu liefern. Denn das neue Spiel ermöglicht laut momentanen Planungen auch Trans-Charaktere. Stimme, Körper sowie Anrede der Spielfiguren wahlweise als "Wizard" ("Zauberer") oder "Witch" ("Zaubererin", "Hexe") lassen sich individuell festlegen, kombinieren und mischen. Das berichtet Bloomberg. Autorin Rowling, die womöglich dagegen Einspruch einlegen könnte, ist an der Entwicklung des Spiels ohnehin nicht beteiligt. Warner will bei der Produktion mit LGBTQ-Organisationen zusammenarbeiten.
Erstes Formel-1-Team zeigt Auto mit Augmented Reality
In diesen Tagen zeigen die Formel-1-Teams ihre neuen Autos für die Saison 2021. Statt aufwändiger Shows vor Ort oder an der Rennstrecke setzen Mercedes, Ferrari, Red Bull & Co. wegen Corona auf Videostreams, die Fans und Journalisten live verfolgen können. Heute ab 16 Uhr deutscher Zeit wird es besonders spannend, mit Sebastian Vettels neuem Aston Martin. Am Freitag ist dann Williams dran. Und die Hinterbänkler der letzten Jahre fahren zumindest virtuell an der Spitze des Feldes.
Das englische Traditionsteam zeigt sein neues Modell FW43B als erster Rennstall per App mit einer Augmented-Reality-Anwendung. "Schaut Euch das Auto direkt bei Euch zuhause an", verspricht Williams in einem Tweet. Der neue Renner von Supertalent George Russell und Bezahlfahrer Nicolas Latifi steht damit ab Freitag um 15 Uhr lebensgroß mitten im Wohnzimmer oder im Büro der Fans. Die AR-App von Williams fürs iPhone ist bereits fertig, Android soll in Kürze folgen.