Zwischenbilanz 2018:
Kartellamt nimmt sich verstärkt die Digitalwirtschaft vor
Das Bundeskartellamt verhängte 2018 schon 272 Millionen Euro an Bußgeldern und schließt endlich die "Wurstlücke". Verstärkt schaut die Behörde künftig beim E-Commerce hin und kooperiert mit Frankreich.
Das Bundeskartellamt hat in diesem Jahr wegen Kartellvergehen bereits Bußgelder in einer Gesamthöhe von 272 Millionen Euro gegen 16 Unternehmen und 13 Privatpersonen verhängt. Darunter seien erste Bußgelder im Verfahren gegen Edelstahlhersteller und Gebäudeausrüster, berichtete Kartellamtspräsident Andreas Mundt am Montag in Bonn.
Die Summe der verhängten Strafen ist damit nach knapp acht Monaten bereits mehr als vier Mal so hoch wie im gesamten Vorjahr. 2017 hatten die Wettbewerbshüter Bußgelder in einer Gesamthöhe von rund 66 Millionen Euro verhängt. Auch die Gesamtsumme des Jahres 2016, als die Behörde die Kartellsünder mit Bußgeldern in Höhe von knapp 125 Millionen Euro betrafte, ist bereist deutlich übertroffen.
"Wurstlücke" geschlossen
"Die Kartellverfolgung ist ein Kern unserer Arbeit", betonte Mundt. Die Wettbewerbsbehörde habe auch in diesem Jahr bereits eine ganze Reihe neuer Verfahren eingeleitet. Insgesamt seien in den vergangenen acht Monaten Durchsuchungsaktionen bei 21 Unternehmen und vier Privatwohnungen durchgeführt worden.
Die Schließung der sogenannten Wurstlücke habe die Arbeit der Kartellwächter erleichtert, sagte Mundt. Bis Mitte vergangenen Jahren hatte eine Gesetzeslücke Unternehmen, darunter Wurstherstellern, erlaubt, durch eine Umstrukturierung Bußgeldern zu entgehen. Diese Gefahr sei durch die Angleichung des deutschen an das europäische Kartellrecht endlich gebannt.
Besonderes Augenmerk widmet das Kartellamt Mundt zufolge derzeit dem Schutz des Wettbewerbs in der Digitalwirtschaft. "Aktuell führen wir ein Verfahren gegen Facebook, sowie Sektoruntersuchungen zu Online-Werbung, Vergleichsportalen und Smart-TVs", zog Mundt bei der Vorstellung des Jahresberichts für 2017 eine Zwischenbilanz.
Kooperation mit französischer Wettbewerbsbehörde
Künftig werde die Behörde das Thema E-Commerce noch gezielter aufgreifen. Gemeinsam mit der französischen Wettbewerbsbehörde habe das Kartellamt ein Projekt zum Thema Algorithmen gestartet, sagte Mundt. Preise im Online-Handel werden inzwischen oft vom Computer festgesetzt, der mit seinen Algorithmen dabei eine Vielzahl von Faktoren von den Konkurrenzangeboten über die eigenen Lagerbestände bis hin zum Wetter berücksichtigt.
Der Kartellamtspräsident drängte den Gesetzgeber, den Wettbewerbshütern mehr Möglichkeiten zum Eingreifen zu geben. "Eine Stärkung des behördlichen Verbraucherschutzes vor allem im Internetbereich könnte einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, Missstände in der digitalen Wirtschaft schneller abzustellen." (dpa)