
TechTäglich:
In der fliegenden Fähre über den Ärmelkanal
Vor dem Mittagessen die wichtigsten Meldungen des Tages – das ist TechTäglich, die Technik-Kolumne von W&V. Heute mit dem Reisen von morgen und mit dem Clubhouse von Spotify.

Foto: Brittany Ferries/Regent
In der fliegenden Fähre über den Ärmelkanal
Von wegen geistige Tiefflieger: Die französische Reederei Brittany Ferries und das US-Startup Regent haben gemeinsam ein spektakuläres Konzept für eine fliegende Fähre entwickelt, die bereits ab 2025 die Reisezeit über den Ärmelkanal um das Sechsfache verkürzen könnte. Während Passagiere beispielsweise zwischen dem britischen Portsmouth und Cherbourg an der französischen Atlantikküste derzeit noch über fünf Stunden lang unterwegs sind, würde die Kanalüberquerung im neuen "Sea Glider" nur noch rund 40 Minuten dauern. Das berichtet die BBC. Die Flugfähre wird elektrisch angetrieben und bietet Platz für 150 Passagiere. Nach dem Verlassen des Hafens steigt das Vehikel auf und "reitet" dann auf Tragflächen einige Meter über der Wasseroberfläche – bis zu 290 Stundenkilometer schnell.
Laut Brittany Ferries und seinem Entwicklungspartner Regent, einem Schifffahrtsspezialisten aus Boston, bietet die Sea Glider das Beste aus allen Welten: "Sie steigt auf wie ein Tragflügelboot, schwebt wie ein Hovercraft und fliegt wie ein Flugzeug – und das mit dem Komfort und der Bequemlichkeit einer Fähre." Die Akkus sollen knapp 300 Kilometer durchhalten, was für die Hin- und Rückfahrt bzw. den Hin- und Rückflug zwischen Portsmouth und Cherbourg ausreichen würde. Der britische Schifffahrts-Ingenieur Jonathan Ridley bezeichnet die Pläne gegenüber der BBC als "ziemlich realistisch" und betont die Vorteile des Konzepts: "Wir wissen, dass die Schifffahrt eine riesige Menge an Treibhausgasemissionen verursacht, in erster Linie durch die verwendeten Kraftstoffe, aber auch durch das schiere Volumen des internationalen Schiffsverkehrs." Hier könnten Elektroschiffe künftig für Entlastung sorgen. Vorreiter des Sea Gliders war das legendäre Sowjet-Flugboot "Kaspisches Seemonster", dessen einziges Exemplar allerdings 1980 im Kaspischen Meer unterging.
Erster Test: Das kann Windows 11
Plant Microsoft den großen Etikettenschwindel? Nächsten Donnerstag, am 24. Juni, präsentiert der US-Konzern bekanntlich Windows 11. Der Name lässt ein komplett neues PC-Betriebssystem erwarten. Und CEO Satya Nadella spricht bereits von "der größten Windows-Aktualisierung seit über einem Jahrzehnt". Die Technik-Nerds von Golem haben jetzt überprüft, was hinter den vollmundigen Ankündigungen steckt, und kommen zu einem eher ernüchternden Fazit. Sie haben den ersten Build von Windows 11, der derzeit im Netz kursiert, auf einem Rechner installiert und getestet. Ergebnis: "Viel mehr als ein größeres, visuelles Update von Windows 10 ist es eigentlich nicht. Wer einen Sprung wie von Windows 8.1 zu Windows 10 erwartet, sollte die Erwartungen zügeln." Zumindest bis zur Vorstellung in der nächsten Woche dürfte sich daran auch nicht mehr allzu viel ändern.
Wobei: Schick, übersichtlich und komfortabel wirkt das aufgemöbelte Windows 11 durchaus, so Golem: "Praktisch sind einige Funktionen wie der Fenster-Manager allerdings schon. Auch gefällt uns das neue entschlackte Startmenü, das nur das Nötigste anzeigt und nicht durch bewegliche Kacheln ablenkt.“ Für die Nutzer dürften das durchaus positive Nachrichten sein, denn: "Wer Windows 10 täglich und viel nutzt, findet sich auch in Windows 11 überraschend schnell zurecht." Tiefgreifendere Neuerungen in Sachen Komfort und Sicherheit könnte das neue System dann noch bis zum offiziellen Start im kommenden Herbst oder während der Weiterentwicklung in den nächsten Jahren erhalten.
Greenroom: Das Clubhouse von Spotify ist da
Wer hat noch nicht, wer will noch mal? Nach Twitter, Facebook, Discord und so gut wie jedem anderen Netzwerk hat nun auch Spotify seinen Clubhouse-Klon an den Start gebracht. Die neue Social-Audio-App für iOS und Android heißt "Greenroom". Sie ermöglicht laut Beschreibung "Live-Talk zu Musik, Sport und Kultur". Die Funktionsweise mit Live-Unterhaltung in verschiedenen Räumen mit Moderatoren und Zuhörern unterscheidet sich grundsätzlich kaum von Clubhouse – mit dem angenehmen Unterschied, dass der Zugang zu Greenroom ohne Einladungs-Pflicht und mit fertiggestellter Android-Version deutlich einfacher ist als bei der mittlerweile doch abgeschmierten Hype-App vom Jahresanfang 2021.
Spotify hat sein eigenes Clubhouse nicht im Alleingang und komplett neu produziert. Die App basiert auf dem Programm "Locker Room" des kalifornischen Entwicklers Betty Labs, den der Streamingdienst im vergangenen März übernommen hatte. "Locker Room" hatte sich allerdings komplett auf Sport-Unterhaltungen konzentriert. Nun ist die App für alle Themen offen. Außerdem gab es ein Redesign im gewohnten schwarz-grünen Spotify-Look. Praktische Neuerung ist eine Aufnahmefunktion, über die Zuhörer Inhalte aus den Greenroom-Chats direkt in ihre Podcasts übernehmen können. Die Anmeldung klappt mit dem gewohnten Spotify-Konto – das zur Verwendung der neuen App allerdings nicht verpflichtend ist. Eine Bezahl- und Trinkgeld-Funktion aka "Creator Fund" für erfolgreiche Greenroom-Chatter ist laut Spotify in Arbeit. Interessenten können sich bereits registrieren.
Apple-Chef Cook kocht: EU ist schlecht für den Datenschutz
In einem halbstündigen Interview mit dem französischen Magazin Brut, das hier als Video zu sehen ist, hat Apple-Chef Tim Cook einiges Interessante zum Thema Datenschutz und über Zukunftspläne erzählt. Cook kritisierte vor allem den geplanten Digital Markets Act (DMA) der Europäischen Union, der Apple aus Wettbewerbsgründen dazu zwingen könnte, künftig auch Apps aus anderen Quellen als dem eigenen App Store zuzulassen: "Schauen Sie sich Malware als Beispiel an. Android hat 47x mehr Malware als iOS. Warum ist das so? Weil wir iOS so konzipiert haben, dass es nur einen App Store gibt und alle Apps überprüft werden, bevor sie in den Store kommen. Das hält eine Menge dieser Malware aus unserem Ökosystem fern. Die Kunden haben uns immer wieder gesagt, wie sehr sie das schätzen. Und so werden wir uns in den Diskussionen für den Nutzer einsetzen und wir werden sehen, wohin das führt."
Im Gespräch mit Brut-Chef Guillaume Lacroix hielt Cook einmal mehr ein flammendes Plädoyer für Datenschutz und Privatsphäre: "Stellen Sie sich eine Welt vor, in der die Privatsphäre nicht wichtig ist, und in der die Überwachungsökonomie die Oberhand gewinnt. Das wäre dann eine Welt, in der jeder besorgt ist, dass jemand anderes ihn beobachtet. Dadurch beginnen die Menschen, weniger zu handeln, weniger zu denken. Und niemand möchte doch in einer Welt leben, in der die Freiheit der Meinungsäußerung eingeschränkt wird." Daneben äußerte sich der CEO unter anderem begeistert über die Gesundheitsfunktionen der Apple Watch: "Den Körper kontinuierlich zu analysieren, ähnlich wie es in Ihrem Auto mit Warnleuchten und anderer Technik geschieht – ich denke, das ist eine große Idee, die einen langen Weg vor sich hat. All diese Dinge machen mich unglaublich optimistisch."
Aldi startet Streaming-Schule
Bald gibt’s das Aldi-Abi – zumindest für Spiele- und Streaming-Fans. Nachdem bisher wenig von der Spiele-Offensive zu hören war, die der Discounter Anfang des Jahres angekündigt hatte, kommt "Aldi Gaming" nun langsam in Schwung. Ab sofort laufen die Bewerbungen für die "Heldenschmiede", eine Art Aldi-Akademie, in der sich Spiele-Fans zu Streaming-Profis ausbilden lassen können. "Wir pushen Deine Streaming-Karriere", heißt es in der Ankündigung des Projekts. Die Bewerbungen laufen noch bis 27. Juni. Aldi vergibt dabei Plätze für 100 Streamer, die bereits jetzt bei Amazons Videodienst Twitch aktiv sind.
Die Teilnehmer sollen von erfahrenen Twitchern trainiert und zu Top-Streamern ausgebildet werden – die mit ihrem Hobby womöglich irgendwann sogar Geld verdienen können. In den drei Leveln von "Deutschland sucht den Streamingstar" werden die vielversprechendsten Teilnehmer so lange ausgesiebt, bis am Ende drei "Helden" übrig bleiben. Sie erhalten als Preis professionelle Gaming- und Streaming-Ausrüstung – und vor allem eine Präsenz auf der Startseite von Twitch. Wer mitmachen will, muss volljährig sein, in Deutschland wohnen und schon jetzt mindestens 250 Twitch-Follower haben.
Ein erfolgreicher Absolvent der Nachrichten-Heldenschmiede präsentiert ab morgen an dieser Stelle wieder die spannendsten Tech-News: Michael Gronau aus Berlin. He can be hero, just for three days.