Im User-Test: die iPad-App der "Frankfurter Rundschau"
Die iPad-App der "Frankfurter Rundschau" ist so etwas wie die Vorzeige-App unter den iPad-Ablegern von Zeitungen. Doch auch wenn die App mit ihrem Spagat zwischen gedruckter Tageszeitung und digitalem Magazin vorbildlich ist, erschließen sich dem User nicht alle Funktionen intuitiv.
Die iPad-App der "Frankfurter Rundschau" ist so etwas wie die Vorzeige-App unter den iPad-Ablegern von Zeitungen. Beim European Newspaper Award, dem größten europäischen Zeitungswettbewerb, gewann die FR mit ihrer App. Doch auch wenn die App mit ihrem Spagat zwischen gedruckter Tageszeitung und digitalem Magazin vorbildlich ist, erschließen sich dem User nicht alle Funktionen intuitiv. Das fand das Markt- und Medienforschungsinstitut Mediascore heraus. Die User-Experience-Experten haben für W&V Online die interaktive Ausgabe der "Frankfurter Rundschau" getestet. In qualitativen Einzelinterviews wurden die Testteilnehmer aufgefordert, sich zunächst frei und ohne Vorgaben mit der App zu beschäftigen. Tester waren iPhone- beziehungsweise iPad-User, die regelmäßig Zeitung lesen und News-Apps nutzen und daher auch genau wissen, was sie von einer Zeitung als App erwarten: Eine leichte, intuitiv verständliche Bedienung, Aktualität sowie eine multimediale Präsentation.
Die App der "Frankfurter Rundschau" kann vor diesem Hintergrund überzeugen, weckt mit einem ganzseitig bebilderten Aufmacher und einer scrollbaren Themenleiste im Seitenkopf aber eher Assoziationen an ein Hochglanz-Magazin als an eine klassische Tageszeitung. Passionierte Zeitungsleser sind deshalb im ersten Moment etwas irritiert.
Hoch- oder Querformat
Auf der Titelseite können die Leser per Fingertipp in einen Artikel aus der Kopfleiste einsteigen. Durch einfaches Wischen von rechts nach links lässt sich weiterblättern. Je nachdem, wie das iPad in die Hand genommen wird, bieten sich den Usern zwei unterschiedliche Ansichten: Im Querformat lädt die App mit einer Vielzahl an Videos, Bilderstrecken und Audiobeiträgen zur Interaktion ein. Drehen die User das iPad um 90 Grad, bietet sich ein anderes Bild: Das Hochformat präsentiert reinen Text. Wenngleich ein Hinweis im oberen Seitenbereich den "Lesemodus" erklärt, wird das Prinzip in der Erstnutzung nur bedingt verstanden. Die Leser reagieren zuerst verwundert auf die reduzierte Aufmachung.
Fingerspitzengefühl und ein wenig Übung erfordert die Steuerung. Zwar erschließt sich das Blättern innerhalb eines Artikels per Wischen nach oben und unten dank Richtungspfeilen sofort. Gleichzeitig lässt sich aber durch seitliches Wischen auch zwischen den Beiträgen wechseln – ein Feature, vom dem die User oft ungewollt und versehentlich Gebrauch machen. Der intuitive Fingerstreich "Zurück" führt dann nicht an die zuletzt gelesene Stelle, sondern zum Aufmacher des in der Seitenfolge vorangehenden Artikels.
Leserwunsch: Navigation mit rotem Faden
Viele Leser vermissen klar erkennbare Steuerungselemente, die sie durch das Angebot leiten. Die per Berührung am unteren Displayrand aufrufbaren Navigationsleisten werden häufig eher zufällig gefunden – manchen Usern blieben sie im Test sogar ganz verborgen. Der Fingertipp auf die Rubrik "Navigation" oder den "Inhaltsverzeichnis-Button" ruft jeweils eine bebilderte Übersicht auf: Die Aufmacher der Artikel werden als Thumbnails in der Seitenreihenfolge präsentiert. Ein Kritikpunkt der Benutzung: Wer gerade einen Artikel liest und auf diese Weise ein anderes Thema ansteuern möchte, findet das aktuell geöffnete Thema jeweils am Anfang der bebilderten Inhaltsübersicht. Konsequenter wäre es, den gerade gelesenen Artikel hervorgehoben und mittig in der Aufführung zu platzieren. So ließe sich deutlicher machen, an welcher Stelle im e-Magazin sich der Leser momentan befindet.
Wer die Rubrik "Inhalt" auf der unten eingeblendeten Navigationsleiste antippt, erreicht eine Übersichtsseite ausgewählter Top-Themen. Nicht wenige Leser interpretieren das Gesehene spontan als Inhaltsverzeichnis. Dass hier nur die Highlights der jeweiligen Ausgabe zum Stöbern einladen sollen, erschließt sich im Erstkontakt nicht – auch, wenn die Seitenüberschrift extra auf diese Aufbereitung hinweist. Vielmehr kommt das Gefühl auf, der Umfang an verfügbaren Themen und Artikeln stehe deutlich hinter der Printausgabe zurück.
Fazit
Das E-Magazin der "Frankfurter Rundschau" ermöglicht eine spannende, neue Art der Zeitungslektüre auf dem iPad. Um das Angebot jedoch genießen und vollends ausschöpfen zu können, ist für den User ein wenig Übung erforderlich: Die Navigation hat ihre Tücken. Idealerweise starten neue Leser im Querformat und lernen so die multimedialen Interaktionsmöglichkeiten kennen. Der elegante Wechsel in den Lesemodus per iPad-Dreh erlaubt die Konzentration auf das Wesentliche. Erfahrene iPad-User werden voll auf ihre Kosten kommen.
Die Steuerung erfordert Fingerspitzengefühl: Durch seitliches Wischen lässt sich zwischen den Beiträgen wechseln, was oft auch ungewollt geschieht – wie hier beim Blättern in der Bildstrecke. Der intuitive Fingerstreich "Zurück" führt den Nutzer nicht an die zuletzt gelesene Stelle, sondern zum Aufmacher des in der Seitenfolge vorangehenden Artikels, wie das Video zeigt: