
Rheinland-Pfalz:
Hohn und Spott für Mainzer Social-Media-Desaster
"Kommunikative Steinzeit" und Zustände wie in Nordkorea: Diese Vorwürfe muss sich derzeit Rheinland-Pfalz gefallen lassen. Der neue Facebook-Auftritt der Ministerpräsidentin Malu Dreyer soll zwar Informationen verbreiten, auf Bürgeranfragen sollen die Behörden jedoch nicht antworten, so der Datenschutzbeauftragte Edgar Wagner.
"Kommunikative Steinzeit" und Zustände wie in Nordkorea: Diese Vorwürfe muss sich derzeit Rheinland-Pfalz gefallen lassen. Mit dem Amtsantritt von Malu Dreyer als Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz hat sich die Mainzer Staatskanzlei endlich einen Facebook-Auftritt gegönnt - mit immerhin mehr als 800 Fans derzeit. Doch die eingeschränkten Kommunikationsmöglichkeiten reizen die Facebook-Nutzer und Social Media-Experten zum Spott. Am meisten einstecken muss der Datenschutzbeauftragte Edgar Wagner, der sich in einem Interview mit der "Rhein-Zeitung" für ein "Rückkanalverbot" aussprach. "Die Ministerien und Behörden sollen vorerst nicht auf Anfragen bei Facebook antworten, sondern die Kommunikation über die eigenen Internetseiten, zum Beispiel via E-Mail, abwickeln", führte Wagner gegenüber der Nachrichtenagentur dpa aus. Nach seiner Darstellung hat in der rheinland-pfälzischen Landesregierung bislang nur die Staatskanzlei einen Facebook-Auftritt. Die Regelung gelte aber auch für andere Ministerien und Behörden in Rheinland-Pfalz.
Stattdessen will Wagner Facebook vor allem so nutzen, wie es vormals Marktschreier auf öffentlichen Plätzen vorgemacht haben: "Als Möglichkeit (...), Informationen zu verbreiten." Kein Wunder, dass sich nun der gesamte Zorn der Netzgemeinde auf ihn entlädt. "Mit Menschen wie Edgar Wagner bleiben wir weiterhin in der kommunikativen Steinzeit", echauffiert sich etwa Blogger Nico Lumma. Den Verweis auf die angebliche Datensammelwut von Facebook, der Wagner mit seiner restriktiven Haltung einen Riegel vorschieben will, zieht Lummas Ansicht nach nicht. "Die Menschen sind freiwillig auf Facebook, da kann auch ein Datenschützer aus Rheinland-Pfalz nichts mehr dran ändern", schreibt er in seinem Blog Lummaland.
Auch die politische Opposition lässt sich die Gelegenheit zum Gegenschlag nicht entgehen. Das vom Datenschutzbeauftragten verordnete und von der Regierung umgesetzte "Rückkanalverbot" zeige, "dass da jemand den Sinn und Zweck der Kommunikation in sozialen Netzwerken wie Twitter und Facebook mal überhaupt nicht verstanden hat", erklärte der Chef der Jungen Union Rheinland-Pfalz, Johannes Steiniger. Das Vorhaben grenze an Realsatire. Ein Twitter-Nutzer schrieb mit Blick auf Zensur in Nordkorea: "Kim Jong-un gefällt das.". Mehrere Twitter-User ordneten das Rückkanalverbot ironisch als "Innovation aus Deutschland" ein.
Das Antwort-Verbot soll laut Wagner als Übergangsregelung so lange gültig sein, bis die Rechtslage zum Datenschutz in sozialen Netzwerken geklärt sei. Bis kurz vor Dreyers Amtsantritt am Donnerstag hatte die Staatskanzlei kein aktives Facebook-Profil.