
Kolumne zu Food Trends:
Healthy Hedonism - eine kulinarische Befreiung
Der Trend "Healthy Hedonism" führt gesundes Essen und Genuss wieder zusammen. Jochen Matzer, Geschäftsführer von Red Rabbit in Hamburg, schreibt für W&V wöchentlich eine Kolumne über Food-Trends.

Foto: Neni Österreich
Die Gesundheits- und Wellnesswelle, einer der weltweit stärksten Megatrends, rollt und rollt. Damit einher geht ein breites Bewusstsein in der gesamten Bevölkerung dafür, dass ausreichend Bewegung und eine ausgewogene Ernährung für die Gesundheit und das Wohlbefinden wichtig sind. Allerdings möchten sich immer weniger Menschen in ein Schema pressen lassen und so hat fast jeder sein eigenes Gesundheitssystem entwickelt, das zu seiner jeweiligen Lebensweise passt.
Die einen nutzen tagtäglich einen Schrittzähler, andere werden zum Weekend Warrior. Die Individualisierung stellt auch die Ernährungslehren von früher ins Abseits. Klassiker, wie die behördlich autorisierte Ernährungspyramide, Kalorientabellen und Crash-Diäten haben ausgedient. Zu sehr stehen diese für einen dogmatischen und verzichtsorientierten Umgang mit Essen. Ernährung lässt sich jedoch für viele Menschen, besonders für jüngere und sozial besser gestellte Konsumenten, nicht mehr standardisieren.
Das heißt nicht, dass auf einmal alles erlaubt ist. Das Bewusstsein, dass Zucker und Fett in zu großen Mengen ungesund sind, das wird bleiben. Und auch zukünftig werden Lebensmittel immer wieder in die Kritik geraten und neue Angebote hervorbringen, was man beispielsweise am Erfolg von laktose- oder glutenfreien Produkten sehen kann. Allerdings scheinen die Zeiten von strengen Verboten und Vorgaben, wie sie besonders in Deutschland jahrelange praktiziert wurden, vorbei zu sein.
Entscheidend ist die innere Stimme
Exemplarisch für diese Veränderungen steht der Food-Trend "Healthy Hedonism". Hier gilt: Vielfalt und Selbstbestimmung statt Einschränkung. Gesund und lecker schließen sich nicht aus, erlaubt ist, was gut tut und schmeckt. Das entspricht dem Wunsch vieler Menschen, die sich nicht mehr mit "entweder-oder" begnügen wollen und von der Lebensmittelbranche und der Gastronomie ein "sowohl als auch" einfordern.
Healthy Hedonism macht keine konkreten Vorgaben, was, wie viel und wann man essen soll. Man beschränkt sich nicht auf bestimmte Lebensmittel. Vielmehr soll man spontaner und kreativer werden, verstärkt auf die innere Stimme hören. Falls man zur Mittagszeit keinen Hunger hat, dann muss man auch nichts essen, selbst wenn die Kollegen geschlossen zur Kantine laufen.
Der Trend Healthy Hedonism bringt Genuss und Lebensfreude mit ansprechend zubereitetem "Plant Based Food" inklusive einem Beitrag zum Erhalt der Umwelt zusammen: Gemüse, Obst, Nüsse und Hülsenfrüchte bilden dabei die Basis, jedoch ohne das alte Öko-Image. Die immer populärere Levante-Küche, mit Gerichten wie Hummus oder Bulgur, exotischen Aromen und frischen Kräutern ist dafür ein Beispiel - und hat es neben angesagten Restaurants auch schon in die Regale der Supermärkte geschafft.
Weg mit dem alten Öko-Image
Selbst Dr. Oetker versucht vom Trend zu profitieren: Die Coffee Cakes Backmischungen vereinen saftigen Rührteig mit Früchten beziehungsweise Gemüse zu einem Kuchen. Wer möchte, kann die Coffee Cakes zudem nach Lust und Laune kreativ abwandeln oder verfeinern. Ob zum Frühstück, auf der Arbeit oder beim Nachmittagskaffee – die drei Rührkuchen passen gut zu einer Tasse Kaffee und sorgen für ein intensives Genusserlebnis.
Dass Wohlbefinden und Ernährung für die Gesundheit gleichermaßen wichtig sind, ist auch in Australien kein Geheimnis. Inspiriert von der Café Kultur in Melbourne, treffen in den Riegeln von Shelby’s pure Gesundheit und voller Geschmack aufeinander.
Einen großen Schritt weiter geht Harvey Nicols’s, der Liebling der Londoner Upper Class. Dessen Yogastunde mit Prosecco-Cocktail-Verkostung ist Healthy Hedonism pur.
Es ist bekannt, dass Flüssigkeitszufuhr besonders nach dem Training wichtig ist. Normalerweise sprechen wir hier über Wasser, aber das ist bei Harvey Nichols neuen Yogakursen nicht der Fall. Das luxuriöse Kaufhaus hat sich mit dem Fitnessexperten "Heartcore" für eine Reihe von Healthy Hedonism-Sessions zusammengetan, bei denen ein 55-minütiger FreeSpirit-Kurs (ein von Yoga inspiriertes, mattenbasiertes Training) mit einem 20-30-minütigen Cocktail-Tasting kombiniert wird.
Um die Cocktails auch noch etwas gesund zu gestalten, werden Kräuter, Obst und Superfoods sowie Thomson & Scotts Skinny Prosecco angeboten. Bei dieser Veranstaltung geht es eben nicht um Schuldgefühle. Detox und Retox – die Balance muss stimmen.
Fazit: Essen bekommt einen neuen Stellenwert. Schluss mit Verzicht und schlechtem Gewissen: Gesund und mit Genuss essen, das findet im Healthy Hedonism wieder zusammen.
Über den Autor:
Jochen Matzer, Geschäftsführer der Innovationsagentur Red Rabbit in Hamburg, hat sich nach über 20 Jahren Erfahrung mit Marken und Kommunikation mit seiner Agentur auf Neuprodukt- und Innovationsentwicklung für FMCG-Unternehmen spezialisiert. Seit 2015 ist er am Markt. Er ist überzeugt: Innovationen kann man heute in drei Monaten zum Erfolg führen. In seiner W&V-Kolumne schreibt er über Food-Trends.