Pralinen:
Halloren: Schokoladige Erfolgsmarke aus dem Osten
Die Halloren-Kugeln sind zu Hause in Ostdeutschland vielleicht bekannter als der Papst, haben inzwischen den Westen überrollt und verkaufen sich wie geschnitten Brot - und das ohne große Werbung. Wie das gelingt, erklärt Markenschau-Autor Heiko Kunzmann.
Diese Kugel schmeckt und schmeckt und schmeckt, und das ohne große Werbung: Halloren-Pralinen verkaufen sich wie geschnitten Brot, und die in Halle an der Saale beheimatete Halloren Schokoladenfabrik AG verzeichnet immer wieder ein großes Umsatzplus. Eine Leckerei, die zu Hause in Ostdeutschland vielleicht bekannter ist als der Papst, inzwischen den Westen überrollt hat – und nebenbei aus der wohl ältesten Schokofabrik Deutschlands kommt.
Die Verkäuferin im Mainzer Supermarkt hat ein gutes Gedächtnis: „Zwei Mark fünfundzwanzig kamen die damals“, erinnert sie sich, als sie die Packung Halloren-Kugeln über den Scanner zieht. „Aber man musste Glück haben, die gab’s nicht immer“, erzählt die Frau, die zu DDR-Zeiten in einem Laden in Görlitz gearbeitet hat und nach der Wende ins Rheinhessische zog. Hallorenkugeln wurden gern genascht und waren gern auch mal knapp. Der Appetit auf die süßen Dinger ist geblieben, und abgesehen von einer bunteren Verpackung ist die Wende an der dunkelbraunen Kugel fast spurlos vorbeigegangen. Nur die Zahl der Sorten hat sich vervielfacht: Zur klassischen Hallorenpraline -halb mit Sahne und halb mit Kakao gefüllt -kamen noch gut ein Dutzend Geschmacksrichtungen dazu.
Die Praline ist eine von wenigen DDR-Marken, die es geschafft haben. Ziemlich erstaunlich angesichts der fast erdrückenden Westkonkurrenz und der Tatsache, dass der Schoko-Appetit der Deutschen seit Jahren ungefähr gleich bleibt. Doch Werbung für Hallorenkugeln? Suchen sie mal! Keine Illustriertenanzeige, keine Radio- oder Fernsehspots, rein gar nichts. „So ganz stimmt das nicht, wir machen schon Werbung“, korrigiert Marketingleiterin Jana Götte den Eindruck, „aber wir gehen da sehr zielgerichtet vor.“ Radio und TV sind für einen 600-Mann-Mittelständler wie Halloren zu teuer, doch man werbe mit Plakaten und mit Printwerbung im B-to-B-Bereich, vor allem in Fachzeitschriften wie etwa „Lebensmittelpraxis“. Außerdem zählt Jana Götte die Gewinnspiele mit regionalen Radiosendern auf, das Schokoladenmuseum mit dem Schokoladenzimmer – die Inneneinrichtung: mehr als anderthalb Tonnen Schokolade und Marzipan. 100.000 Besucher pro Jahr, das sei doch auch Werbung.
Ein Großkunde der Werbebranche sind die Hallenser also nicht: „Wir haben keine Haus- und Hofagentur“, erzählt Jana Götte, „Werbeideen entstehen bei uns eher aus dem Haus heraus“. In einem mittelständischen Betrieb sei das dank flacher Hierarchien und kurzer Wege alles sehr unkompliziert, lobt sie. „Je nach Bedarf beschäftigen wir mal eine Agentur zum Design von Verpackungen oder für Plakataktionen.“ Mit denen arbeite man kontinuierlich zusammen, Namen nennt Jana Götte jedoch keine. „Unser Marketing ist ansonsten vor allem mit dem Produktmanagement befasst.“ Das sind mit ihr insgesamt fünf Leute. Nicht unbedingt üppig also - was macht Halloren aber dann bekannt?
Vielleicht sind es spektakuläre Aktionen wie die wohl größten Katzenzunge der Welt (112 Kilogramm schwer, 1,82 Meter lang und 52 Zentimeter breit) im Jahr 2005, die Rolle als Hoflieferant für die Hochzeit von Schwedens Kronprinzessin Victoria 2010 oder die Kreation einer „Playboy“-Praline 2012. Die beiden letzteren Aufträge zogen die Kugelmacher übrigens an Land, weil sie durch eine spezielle Technologie hauchdünne Schokohülsen herstellen können - als einer von wenigen Pralinenmachern.
Außerdem sind die Süßfabrikanten in Ostdeutschland bekannt wie der berühmte bunte Hund: Je nach Umfrage können um die 92 bis 94 Prozent der Befragten mit dem Begriff Halloren etwas anfangen. Auf solche Werte kommt sonst wohl nur noch Angela Merkel. Die Ost-Naschmäuler sind ein ziemlich großes Pfund für Halloren: „Deren Empfehlungen machen einiges aus, wir hören immer wieder von Leuten, dass sie auf diese Weise auf den Geschmack gekommen sind,“ erzählt Jana Götte.
Selbst der größte Schoko-Appetit aber hätte den Umsatz der Halloren-Macher nicht von fast 15 Millionen Euro im Jahr 2003 auf fast 90 Millionen Euro 2012 gesteigert. Dass es in Halle brummt, wird vor allem auch dem pfiffigen Vorstandschef Klaus Lellé zugute geschrieben. Seit der gelernte Banker 1997 das Zepter übernahm, wurde modernisiert, hat man Anleihen aufgelegt, der Schoko-Zwerg ging an die Börse und kaufte wiederholt andere Betriebe dazu: Ganz frisch: Die Beteiligung an dem belgischen Pralinenhersteller Bouchard, einem Premiumproduzenten. Und seit 2008 produzieren die Hallenser als Einzige auch für die Premium-Marke Mövenpick.
Es ist also auch da Halloren drin, wo nicht unbedingt Halloren draufsteht. Vielleicht neben der wenigen Werbung auch ein Grund dafür, dass zwischen Hamburg und Bodensee noch mancher fragt: Hallo-was? Und dass von der großen Produktpalette nur die Hallorenkugel einigermaßen bekannt ist. Mancher Schokofan empfindet sie als zu süß und zu zuckrig, auch andere Geschmacksrichtungen munden nicht jedem Fan: Die Erdbeer-Joghurt-Mischung schmecke sehr künstlich und irgendwie muffig, schreibt eine Userin auf der Facebook-Seite der Halloren Schokoladenfabrik. Eine der wenigen Kritiken auf der Seite – die meisten loben die Kugeln und naschen.