Googles Markenrichtlinie sorgt für Turbulenzen
Steigende Preise für Keyword-Anzeigen, mehr Aufwand für Unternehmen: Markeninhaber müssen die Verwendung ihrer Brands als Keywords künftig selbst überwachen. Fachjuristen sehen noch Klärungsbedarf.
Die Mitte vergangener Woche in Kraft getretene neue Markenrichtlinie von Google wird zumindest kurzfristig für Unruhe sorgen. Unternehmen müssen sich umstellen. "Nach dem Fall der Google-Markensperre müssen Markeninhaber die Verwendung ihrer Marken als Keywords nun selbst aktiv überwachen, um unzulässige Anzeigen zu finden und gegebenenfalls dagegen vorzugehen“, sagen die Medienrechtsexperten der Schulte Riesenkampff Rechtsanwaltsgesellschaft.
Durch die Änderungen, mit denen Google seine deutsche Markenrichtlinie an die in anderen Ländern anpasst, können Werbungtreibende nun auch markenrechtlich geschützte Bezeichnungen als Keywords buchen. Ein hypothetisches Beispiel: Als Anzeige neben der Google-Suchanfrage "BMW“ könnte dann Audi-Werbung erscheinen, falls Audi BMW überböte. Der Änderung ging eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) voraus.
Die Medienrechtsexperten Andreas Lober und Carina Neumüller sehen die Kernfrage, ob die Nutzung fremder Marken bei AdWords eine Rechtsverletzung ist oder nicht, aber nicht vollständig beantwortet. Hier steht noch im Raum, wie der Bundesgerichtshof für das deutsche Recht entscheiden wird.
Nach den EuGH-Kriterien wären die meisten Streitfälle in Deutschland keine Markenverletzung. Die Gratwanderung besteht darin, was genau eine Verwechslung denn hinreichend deutlich ausschließt. Bei wahrgenommenen Verletzungen können Unternehmen Googles Beschwerdeweg beschreiten. "Die Wirksamkeit und Effizienz des Beschwerdeverfahrens bei Google muss sich jedoch erst einmal beweisen, so dass die üblichen Wege über eine Abmahnung oder einer Einstweiligen Verfügung nicht aus den Augen verloren werden sollten“, sagen die Medienrechtsexperten.
Der Markt muss sich zunächst auf höhere Preise für Keywords einstellen. "Die eigene Marke wird teurer, weil auf dieses Keyword Wettbewerb entsteht“, sagt Heiko Eckert, Online-Marketing-Experte und Strategic Consultant bei Bigmouthmedia. Search-Experten verweisen jedoch auf Erfahrungen aus anderen Ländern. "Wir haben in anderen Ländern gesehen, dass es sich nach zwei Monaten meist quasi wieder beruhigt und bei 'Short-Head'-Marken, also zum Beispiel 'wuv', tendenziell komplett legt, bei 'long-tail-Marken' wie etwa 'hotel hilton münchen'“ jedoch nicht komplett verschwindet. Bietet die Seite dazu ein Affiliate-Programm an, kann sich dies auf einem niedrigen aber dennoch schmerzhaften Niveau einpendeln", erläutert Eckert.
In Großbritannien hat sich das Preisniveau nach einigen Wochen wieder stabilisiert. Im Affiliate-Bereich dürfte eine Lösung dagegen so aussehen, dass Marken ihren Partnern schlicht die Buchung als Keyword vertraglich untersagen. Ungeteilte Freude herrscht über die Änderung im Markt nicht. "Ich sehe das skeptisch. Bei reinen Marken-Sucheingaben soll der Markeninhaber bestimmen, wer in diesem Umfeld werben darf“, sagt Sumo-Geschäftsführer Christian Mauer.