Die Auffassung der beiden Seiten zum Keks im Camp gingen übrigens weit auseinander. Die Sequenz wirke wie ein ”Fremdkörper“, meint die Medienrechtlerin Elisabeth Clausen-Muradian, die die NLM vertritt. Es gebe keinen angemessenen Ausgleich mehr zwischen der Werbebotschaft und dem redaktionellen Sendungsinhalt. Vielmehr hätten die fraglichen anderthalb Minuten geradezu eine ”werbespotartige Anmutung".

RTL betonte dagegen nach der Verhandlung, dass die Produktplatzierung auch laut dem Urteil "in weiten Teilen zulässig ausgestaltet war". Ein Sprecher des Senders sagte: "Sobald uns die Begründung im Detail vorliegt, werden wir sie prüfen und über weitere Schritte entscheiden." Die Kölner könnten sich beim Oberverwaltungsgericht Lüneburg um eine Berufung bemühen. Bahlsen betonte, keinen Einfluss auf die Ausgestaltung der Platzierung seines Riegels zu haben. Der Keksbäcker bucht seit fünf Jahren Produktplatzierungenbei #IBES ein. 

Der Product Placement Verband hatte vor der Verhandlung noch darauf verwiesen, dass im Fall Hasseröder Männer-Camp bei Sat.1 vor Gericht richtungsweisend entschieden worden sei, dass das werbliche Umfeld in die Gesamtbetrachtung miteinbezogen werden solle. Werbungtreibende können übrigens über ein Messverfahren von Placedise abwägen, wie auffällig ihr Produkt platziert wird.

Update: Eine Bewertung des Urteils und ein interessanter Vorschlag, wie RTL künftig mit Formaten mit starkem Werbecharakter umgehen könnte, erreicht W&V Online von Rechtsanwältin Katy Ritzmann, Medienrechtlerin im Berliner Büro der Kanzlei FPS

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hannover orientiert sich an den Grundsätzen, die das Bundesverwaltungsgericht mit seiner Hasseröder-Entscheidung festgelegt hat. Geht man strikt nach den dortigen Kriterien, war die Entscheidung des VG Hannover durchaus absehbar. 

Dass in der Sequenz ein eindeutiger Werbezweck verfolgt wurde, ist RTL nicht einmal vorzuwerfen. Vielmehr ist es der Produktplatzierung und dem grundsätzlich starken Herausstellen des Produkts immanent. Die zu entscheidende Frage ist in diesem und anderen Fällen: Ist das Produkt zu stark herausgestellt? 

Es mag bei der Betrachtung des Sendungsgeschehens und der Unterbrechung des Handlungsstrangs eine Rolle gespielt haben, dass ein erheblicher Fokus auf das Produkt gelegt wurde. Dieser hat nach Ansicht der Richter wohl eine Unterbrechung des ansonsten üblichen Geschehensablaufs dargestellt. Betrachtet man sich aber die Fortsetzung des Dschungelcamps 2016, kann man bei der in diesem Jahr erfolgten Einbindung des Produkts in das Handlungsgeschehen auf den Gedanken kommen, dass eine Produktplatzierung immer noch ein wenig stärker möglich ist. 

Das Verwaltungsgericht Hannover hatte seine Entscheidung zwar nur unter Berücksichtigung des Ausschnitts aus 2014 zu treffen. Ob es sich von den aktuellen Einflüssen dabei aber ganz frei machen konnte, lässt sich zumindest hinterfragen. 

Das aktuelle Verfahren und die Diskussionen darum in der Werbebranche zeigen, dass sich RTL ohnehin fragen muss, ob nicht letztlich der Werbecharakter der Sendung im Vordergrund steht. Als juristische Alternative kann man daran denken, dass die Sendung künftig als so genannte Dauerwerbesendung gekennzeichnet wird. Dies wäre zulässig nach den Bestimmungen des Rundfunkstaatsvertrages, wenn der Werbecharakter erkennbar im Vordergrund steht und die Werbung einen wesentlichen Bestandteil der Sendung darstellt. Angesichts des Verfahrens sollte sich RTL mit dieser Möglichkeit befassen.

 Spannend wird bleiben, ob die durch immer neue Werbeformate entstehende Gemengelage zwischen werbenden Unternehmen und Veranstaltern auch künftig durch die derzeitigen Grundsätze des Rundfunkstaatsvertrages abgebildet werden wird. Diese verlangen die erkennbare Trennung von redaktionellem Teil und Werbung.

dpa/ps