Geplatzte ProSiebenSat.1-Übernahme: Springer siegt spät über Medienwächter
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat nach sechs Jahren die Bedenken der Medienwächter - KEK und BLM - gegen die Riesen-Übernahme der ProSiebenSat.1-Familie durch Springer nachträglich beiseite gewischt.
Später Sieg für Springer: Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hat am Mittwoch per Urteil die Entscheidung der Münchner Medienanstalt BLM vom 15. Mai 2006 für rechtswidrig erklärt – und damit die Bedenken der Medienwächter gegen die Riesen-Übernahme der ProSiebenSat.1-Familie durch die Axel Springer AG nachträglich beiseite gewischt. Der Kadi weist damit auch die Medienkontrollkommission KEK in ihre Schranken.
Die BLM hat damals den Antrag von Axel Springer auf Erteilung einer medienrechtlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung für den Erwerb der Anteile an der ProSiebenSat.1 Media AG im Jahre 2005/06 abgewiesen und sich dabei am Veto der KEK orientiert. Die KEK war damals zu der Einschätzung gelangt, dass Springer durch die Übernahme von ProSiebenSat.1 "vorherrschende Meinungsmacht" im Sinne des Rundfunkstaatsvertrags erlangen würde. Daraufhin haben auch die Münchner Medienwächter, bei denen beispielsweise Kabel eins lizenziert ist, eine Unbedenklichkeitsbescheinigung abgelehnt.
Zur Begründung für sein Urteil gibt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof an, dass "diese Ablehnung rechtswidrig“ war. "Die zugrundeliegende Entscheidung der KEK, dass mit der damals geplanten Übernahme von ProSiebenSat.1 durch Axel Springer vorherrschende Meinungsmacht begründet würde, sei mit dem Rundfunkstaatsvertrag unvereinbar“, heißt es.
Springer sieht sich nun in einer Mitteilung durch das Urteil des Hohen Gerichts in Bayern in seiner Rechtsauffassung bestätigt. Der Verlag hatte damals gegen die BLM/KEK-Entscheidung eine so genannte Fortsetzungsfeststellungsklage erhoben, um nach Erledigung des seinerzeit geplanten Übernahmevorhabens Rechtsklarheit zu erlangen. Springer ging es auch immer um die grundsätzliche gerichtliche Klärung, unter welchen Umständen Medienfusionen in Deutschland möglich sind – wobei dem Konzern über die Jahre immer wieder ein Interesse an ProSiebenSat.1 nachgesagt worden ist. ProSiebenSat.1 kommentiert das Urteil nicht. Pech für die Medienwächter: Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat die Revision zum Bundesverwaltungsgericht nicht zugelassen. Springer will, so heißt auf Nachfrage, den Fall nicht weiter aufrollen und sieht sich in seinem Vorhaben gestärkt, gerichtlich zu klären, was Medien in Deutschland generell dürfen.
Die unterlegene BLM nimmt es gelassen hin; der neue Präsident Siegfried Schneider spricht nur davon, dass das Urteil "Klarheit und Rechtssicherheit in der Anwendung der gesetzlichen Vorgaben zum Medienkonzentrationsrecht" schaffe.
Rückblick: Springer hatte 2005 den milliardenschweren Kauf des TV-Konzerns von Investoren um den US-Milliardär Haim Saban angekündigt. Der Deal war aber am Widerstand der Behörden gescheitert. Springer hatte seine Übernahmepläne daraufhin abgeblasen, zum Zuge kamen später die Finanzinvestoren KKR und Permira. Allerdings wollte Springer anschließend gerichtlich klären lassen, ob die Ablehnung der Behörden zulässig war. Der Bundesgerichtshof hat im Sommer 2010 für das ebenfalls beteiligte Bundeskartellamt bereits entschieden, dass die Behörde die Übernahme untersagen durfte. Im Fall der Medienwächter ist nun entschieden, dass das Veto nicht rechtens war.