Getränke:
Fritz-Kola: Eine Marke will nach oben
Den hippen Coca-Cola-Konkurrenten Fritz-Kola gibt es schon seit elf Jahren. Aber der Kampf um die Marktanteile geht jetzt erst richtig los. Christian Gehl über den langen Weg zur Kultmarke.
Was aus einer einfachen Idee doch alles werden kann. Als sich die beiden Hamburger Studenten Mirco Wiegert und Lorenz Hampl Anfang des Jahrtausends zusammensetzten und ihre Zukunft besprachen, wollten sie vor allem eins: eine eigene Firma gründen. Womit sie Geld verdienen wollten, war erst einmal sekundär, entsprechend viel diskutierten die beiden und verwarfen alles. Bis die bestellte Cola auf den Tisch kam. Dass es nur diese eine zur Auswahl gab, brachte die Kindheitsfreunde auf die Idee ihres Lebens: Coca-Cola Konkurrenz zu machen. Deshalb gibt es jetzt seit elf Jahren Fritz-Kola.
Aber ist Cola nicht gleich Cola, frage ich Mirco Wiegert. Was unterscheidet die eine von der anderen? Gut, mal ist eine ein bisschen süßer, dafür die andere etwas labbriger, aber letztendlich bleibt es doch bei dem typischen Cola-Geschmack. Oder? Die Frage hätte ich mir sparen können. Wie alle Cola-Hersteller verrät auch Wiegert sein Rezept nicht. Immerhin: Ein paar Unterschiede lassen sich an den Flaschen ablesen. Fritz-Kola enthält drei Mal mehr Koffein als die meisten anderen Colas und sie ist auch weniger süß.
Statt künstlicher Aromen verwenden die Hamburger nur natürliche Zutaten, vom Koffein bis zur Kolanuss. Zudem sei die Limonade vegan steht auf dem Flaschenhals. Eine vegane Limonade? Wiegert erklärt: „Der Etikettenleim ist frei von tierischen Produkten und die roten Säfte werden nicht mit Gelatine verschönert.“
Qualität geht ihm über alles: „Wir wollen die beste Kola der Welt herstellen,“ sagt er. Und weil selbst die in Plastik an Geschmack verliert, liefert er seine Limonade ausschließlich in Glasflaschen aus.
In der Gastronomie sieht Wiegert sein Produkt als „hochwertige Kola“ positioniert. Dass es Fritz-Kola längst auch in Getränkemärkten zu kaufen gibt, sei ursprünglich gar nicht geplant gewesen: „Wir bedienen damit die Nachfrage unser Fans, die Fritz-Kola auch mal bei sich zuhause trinken wollen.“ Bis heute nimmt Wiegert nur Angebote entgegen, ohne selbst im Großhandel aktiv zu werden. So kommen auch die Lieferungen an die Inhaber-geführten Rewe- und Edeka-Läden zustande, bei denen Fritz-Kola gelistet ist.
Geht so nicht langsam das Rebellenimage verloren? „Wir werden unserer Linie im Marketing treu bleiben,“ entgegnet Wiegert trocken. Mehr lässt sich der Mittdreißiger nicht entlocken, vielleicht hat er auch das Gefühl, dass bei einem Drahtseilakt jedes Wort zu viel die Balance gefährden könnte. Der bekannteste Slogan von Fritz-Kola ist schließlich nach wie vor „Koksen ist Achtziger“ – kein Spruch fürs Familien-Milieu von Getränke- und Supermärkten, aber ideal für das junge Publikum von Szenelokalen. Bis heute setzt Wiegert den Claim ein, vornehmlich auf Plakaten. Auch mit der Vergleichsanzeige zur argentinischen Premiere einer Stevia-Variante von Coca-Cola im vergangenen Sommer wirbelte die immer noch kleine Firma viel Staub auf. Etwas zahmer wirkt da schon der Slogan, den die Agentur Rocket & Wink entworfen hat: „Sieht nach Festival aus“ steht da über einer Aufstellung von unverzichtbaren Camping-Artikeln wie Klopapier, Sonnenbrille, Ravioli, und, na klar, einer Flasche Fritz-Kola mit vielviel Koffein.
Bei über 1000 Festivals ist die Hamburger Brause schon zu haben, in Deutschland, Österreich, Dänemark, Frankreich, Tschechien und Großbritannien. Jedes einzelne davon fahren Wiegert und Hampl persönlich ab, denn dort treffen die beiden ihre Zielgruppe so genau wie in den Clubs und Kneipen, die Fritz-Kola groß gemacht haben.
Dennoch: Als „Hipster-Getränk“ will Wiegert seine Cola nicht bezeichnet wissen, trotz cooler Sprüche und einschlägiger Klientel. Die Expansion in den Mainstream soll so geräuschlos wie möglich ablaufen, Ziel ist die europaweit bekannte Marke. Mit Störsignalen im Internet ist dabei immer zu rechnen: Vor allem Premium-Cola, ein lokaler Konkurrent, steht derzeit hoch im Kurs der User. Und das ist nicht der einzige. Auch Mojo-Cola, Ali-Cola und Cola Rebell scharren bereits mit den Hufen. Es ist wohl der Preis, den „First Mover“ immer bezahlen. Der Markt, den sie entdeckt haben, füllt sich schnell mit neuen Anbietern. Schon 52 Cola-Hersteller zählt das Fachblatt „Getränkeindustrie“ allein in Deutschland. Mit einem Jahresumsatz von drei Millionen Euro (2012) und zwanzig Mitarbeitern zählt Fritz-Kola dabei schon zu den großen.
Der Kampf David gegen Goliath hat dabei gerade erst begonnen. Das Sortiment ist laut Eigendarstellung jetzt „vollständig“, angeboten werden vier Cola-Sorten, sechs Limos und ein Cola-Limo-Mix, genannt Mischmasch. Die nächsten Steine wird allerdings eine neue Werbeagentur aussuchen: Nach dem geschäftlichen Aus des bisherigen Etathalters Red Rabbit lässt Fritz-Kola derzeit pitchen.