Modebranche:
Floris van Bommel: Der coolste Schuhmacher der Welt
"Shoetingstar" nannte ihn das Magazin "Business Punk" einmal, und als Markenbotschafter in eigener Sache macht ihm selbst in der Modebranche keiner etwas vor: Floris van Bommel ist Familienunternehmer und Marketing-Rebell. Ein Porträt von Heiko Kunzmann.
"Shoetingstar" nannte ihn das Magazin "Business Punk" einmal, und als Markenbotschafter in eigener Sache macht ihm selbst in der Modebranche keiner etwas vor: Floris van Bommel ist Familienunternehmer und Marketing-Rebell. Ein Porträt von Heiko Kunzmann.
Die Marke van Bommel war in den Niederlanden Hoflieferant. Klassisch-gute Qualitäts-Herrenschuhe seit 1734 – damals waren die USA noch Kolonie. Doch als die Traditionsfirma Neues probieren wollte, nahm ihr das kein Händler so recht ab: Wer etwas Trendiges für seine Füße suchte, kaufte woanders. 1996 hatte Firmenchef Frans van Bommel dann die Idee: Es sollte eine Parallelmarke geben, mit enger Verbindung zum etablierten Namen. Das war der Moment, als der zweitälteste Sohn Floris ins Geschäft einstieg – er hatte bis dahin an einer Hochschule für Modemanagement studiert.
Mit drei Modellen startete er, 2000 dann der Coup als offizieller Lieferant des Benetton-Teams mit dem "Formel 1"-Schuh. Von da an gingen die Umsätze durch die Decke, für manche Modelle wie den hellgrünen Sneaker soll es in den Läden Wartelisten gegeben haben. Mit den Jahren wurde Floris zur prägenden Figur des Unternehmens, heute leitet er es gemeinsam mit seinen Brüdern Reynier und Pepijn in neunter Generation.
Floris van Bommels Schuhwerk hat ganz unterschiedliche Looks: Sneaker, Schnürstiefel, elegante Modelle mit Kroko-Prägung. Neben Qualität und Chic sind es witzige Designdetails, die andere Treter daneben oft wie graue Mäuse aussehen lassen: Mal ist die Zunge gelb und der Rest des Schuhs dunkel (Werbeclip: https://www.youtube-nocookie.com/embed/RQY42Xoq_e4), es gibt Print- oder Lasermuster, mal ist Filzmaterial mit im Spiel, oder Bilderrätsel und das Wort "Foodwear" (ja, mit "d") sind auf Sohlen eingraviert.
"Jeder Schuh sollte eine Mini-Story erzählen", erklärt der Niederländer dem Markenschau-Blog. "Aus der Distanz muss er zunächst klasse aussehen, aber wenn er aus dem Regal genommen wird, muss jedes Modell über genügend Details und Handwerk verfügen, damit er immer und immer wieder angeschaut werden will."
Wie sie ihre vorwiegend rahmengenähten Schuhe herstellen, daraus machen die van Bommels kein Geheimnis. Wo produziert wird, welche Sorten Leder sie verwenden und dass ausschließlich lösungsmittelfreie Kleber zum Einsatz kommen, erfahren Kunden auf der Website unter dem Punkt "Unternehmerische Nachhaltigkeit" – und auch, dass beispielsweise Mitarbeiter, die mit dem Rauchen aufhören wollen, dafür etwas Geld und professionelle Unterstützung erhalten.
Als Head of Design stehen dem 40-jährigen Floris im Herrenbereich zwei Creative Designer zur Seite. Mittlerweile haben sie eine Kollegin für Damenschuhe – dieser Bereich mausert sich grad zum neuen Bestandteil der Firma. Zwei technische Designer kümmern sich um Oberflächenmuster, und vier Produktentwickler stellen sicher, dass alle Ideen am Ende auch umsetzbar sind.
Doch neben den Schuhen ist es vor allem ihr Macher, der für Aufsehen sorgt. van Bommel gibt gern den leicht verrückten Kreativen, überrascht mit Rock-Werbespots, für die er selbst die Musik macht, interviewt als Journalist auf einem Heavy-Festival Bands, covert einen Johnny-Cash-Song oder kreiert einen Slipper für die belgische Band Ozark Henry.
Zudem blickt der Heavy-Metal-Fan seit dem Start der Marke von fast allen Werbemotiven, auch in den Stores ist er auf großen Postern verewigt. Der Meister will selbst die Käufer locken: "Der Konsument erfährt damit viel mehr über ein Unternehmen und wer hinter einer Marke steht", begründet der junge Niederländer seine Präsenz. Jemand greifbares stecke hinter den Produkten: "Wir mögen diesen Down-to-Earth-Effekt", so Floris van Bommel. Dafür lädt er auch gern andere ans Fotoset ein: Etwa Philipp Lahm oder Daniel Brühl, um einen Charity-Schuh für die Aids-Stiftung zu promoten, oder kürzlich den US-Musiker Jay Brannan, dessen Tour van Bommel unterstützt hat.
Beim Marketing hat das 140-Mann-Unternehmen aus Moergestel unweit der Grenze zu Belgien vor allem Männer im Visier. Kernzielgruppe sind die 28- bis 55-jährigen. Sie werden über Anzeigen bei Print und Online angesprochen, die Kampagnenideen entstehen im eigenen Haus. Im Fernsehen oder Kino sieht man Floris van Bommel-Produkte derzeit nicht. Und das ist vielleicht auch nicht nötig, denn das Geschäft läuft: Etwa eine halbe Million Schuhe verkaufen die van Bommels mittlerweile pro Jahr, die unter Floris' Namen machen inzwischen mehr als die Hälfte davon aus.
Für neue Stores rührt der Fabrikant gern selbst die Werbetrommel und mischt sich unter die Locals: So traf er in Köln etwa die Mitglieder eines Modelleisenbahn-Klubs, den Strickverein "Maschenkunst" oder den 1. Kölner Pfeifenclub zu einer Foto- und Videosession.
Nach Köln und vor wenigen Tagen Düsseldorf sollen in den kommenden zwei bis drei Jahren noch sechs weitere eigene Geschäfte in Deutschland eröffnen. Der bundesdeutsche Markt ist für die niederländische Firma die wichtigste Station beim Aufbau weiterer Kernmärkte in Europa. Floris van Bommel wird also sicher noch einige Male bei diesem oder jenem Verein oder Klub anklopfen. Es sei noch einiges zu erwarten, heißt es aus Moergestel.