Datenmissbrauch:
Facebook-Skandal macht Nutzer unsicher und Kartellamt zornig
Die Enthüllungen um die unrechtmäßige Datenweitergabe von Facebook an Cambridge Analytica beunruhigt die Deutschen, schreckt sie aber nicht von Facebook ab.
61 Prozent der Internetnutzer in Deutschland haben große oder sehr große Sorge vor einem Missbrauch ihrer persönlichen Daten. Das geht aus dem am Donnerstag veröffentlichten ARD-"DeutschlandTrend" hervor. Nach dem Facebook-Skandal über die unerlaubte Nutzung von Kundendaten durch die Analyse-Firma Cambridge Analytica gaben 59 Prozent der Internetnutzer an, unabhängig von den aktuellen Berichten, das soziale Netzwerk nicht zu nutzen. 27 Prozent sagten, sie blieben Facebook unverändert treu. Zwölf Prozent nutzen es wegen der Berichte weniger als früher. Zwei Prozent gaben an, Facebook aufgrund der aktuellen Lage nicht mehr zu verwenden.
Das Vertrauen in das soziale Netzwerk ist laut der Umfrage gering. Nur zehn Prozent der befragten Facebook-Nutzer haben großes Vertrauen, dass das Unternehmen mit persönlichen Daten verantwortungsvoll umgeht. 88 Prozent haben wenig oder gar kein Vertrauen. Sehr großes Vertrauen hat demnach keiner der befragten Facebook-Nutzer.
Dazu mag auch beitragen, dass das gesamte Ausmaß immer noch in der Schwebe ist. Facebook ist nach eigenen Angaben weiterhin nicht bekannt, welche Informationen seiner Nutzer bei der umstrittenen Firma Cambridge Analytica gelandet sind. "Bis zum heutigen Tage wissen wir nicht, welche Daten Cambridge Analytica hat", sagte die für das operative Geschäft zuständige Top-Managerin Sheryl Sandberg der "Financial Times". Nach Gründer und Chef Mark Zuckerberg räumte auch sie Fehler ein und sagte, Facebook habe zu langsam reagiert.
Kartellamtspräsident Andreas Mundt stört Facebooks Verhalten aus einem weiteren Grund: Facebook hat seiner Meinung nach seine Marktmacht bei der Datennutzung missbraucht (mehr dazu auch hier im W&V-Interview). "Nach dem jetzigen Stand gehen wir davon aus, dass Facebook seine Marktmacht gegenüber den Kunden durch die Art und Weise, wie Daten aus Drittquellen gesammelt und verwertet werden, missbräuchlich ausnutzt", sagte Mundt der "Rheinischen Post". "Bleiben wir bei diesem Befund, wird Facebook seine Praxis anpassen müssen."
Der Präsident des Bundeskartellamts verstärkte damit den Druck auf das soziale Netzwerk. Die Behörde erwartet in Kürze eine Stellungnahme des US-Konzerns zu einem seit zwei Jahren laufenden Verfahren (alle Fragen und Hintergründe finden Sie hier). Das Kartellamt hält Facebook in dem Verfahren vor allem vor, Daten auch auf Drittseiten ohne Wissen der Nutzer zu sammeln und zu verwerten.
Facebook war zuletzt wegen der unerlaubten Nutzung der Informationen von Millionen Facebook-Anwendern durch die Datenanalyse-Firma Cambridge Analytica in die Kritik geraten. Wie Facebook mitteilte, könnten die Daten von bis zu 87 Millionen Usern betroffen sein. Cambridge Analytica selbst erklärte, man habe Informationen zu 30 Millionen Nutzern erhalten. Facebook konnte den Datenbestand bei Cambridge Analytica bisher nicht nachprüfen, weil bei der Firma zunächst die britische Datenschutzbehörde am Zug ist.
Am Anfang der jetzt beanstandeten Datenweitergabe stand der Entwickler einer Umfrage-App, eine Art Psychotest, die vor über vier Jahren online ging. Entgegen der Facebook-Geschäftsbedingungen, die die Abschöpfung der Nutzer-Daten und der ihrer Kontakte nur zum Zweck der Verbesserung der eigenen Dienste erlaubt, verscherbelte der Entwickler sie an die Analyse-Firma Cambridge Analytica. Unklar ist, ob das Wahlkampfteam von US-Präsident Donald Trump darauf Zugriff hatte und die Daten für politische Kampagnen ausgewertet hat.
am/mit dpa