Haus am See:
Ex-Grey-Trio gründet Purpose-Agentur
Fabian Kirner, Kim Florio und Daniel Biallowons, alle von Grey, machen sich selbstständig. Mit Haus am See wollen sie die Welt ein Stück besser machen.
Ihre Jobs bei Grey haben inzwischen andere übernommen. Fabian Kirner war Kreativchef der Agenturgruppe, Kim Florio ihr oberster Stratege, als ihnen das Headquarter im Frühjahr eine neue Führung vor die Nase setzte. Sie hatten keine Wahl und quittierten ihren Job. Jan-Philipp Jahn (CEO) und Francisca Maass (CCO) leiten heute Grey Germany, für die Umstände können sie nichts.
Aber wie das so ist: Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne. Für Kirner und Florio war der Auszug vom Platz der Ideen in Düsseldorf auch die Chance, etwas Neues anzufangen. Mit dem Digitalexperten Daniel Biallowons, Director Experience Consulting bei Grey, der Ende dieses Jahres noch dazustößt, gründen sie eine Purpose-Agentur. Haus am See heißt die und sie verspricht Kommunikation mit Sinn und Verstand. Kurz: Purpose. "Aber eben nicht der Purpose mit Zeigefinger, sondern der mit Spaß", wie es auf der Homepage der neuen Firma heißt. Wie das auch der Name spiegelt. Haus am See: ideale Welt, Leichtigkeit, ein Lebensgefühl, gut für alle.
Der Antrieb: Sinnvolles tun
"Bei mir hat die Suche nach Sinnhaftigkeit spätestens begonnen, als ich Vater wurde", sagt Fabian Kirner. Er mache den Job jetzt seit über 20 Jahren. "Und ich wollte nicht immer nur dafür sorgen, das mehr Waschmittel verkauft wird". Väter sind alle drei Gründer und der Wunsch, etwas Sinnvolles zu tun, treibt sie alle an. Außerdem das Unternehmerische: Sie haben mit Haus am See deutlich mehr Gestaltungsfreiheiten als in einem Network.
Haltung. Sinn. Charakter. Die Konferenz zum Thema, am 28. Mai 2020 in München
Ein dreiviertel Jahr haben sie ihr Unterfangen nun geplant, sie sind ein eingeschworenes Team, befreundet und hoch motiviert. Zu dritt wollen sie Anfang kommenden Jahres in Düsseldorf loslegen. In Kleinstbesetzung, wohlgemerkt, um Chefbetreuung zu bieten, operativ am Kunden zu arbeiten und das Familiäre der Neugründung nicht zu gefährden. Für alles andere verfügen sie über ein Netzwerk an freien Experten, die sie für die anstehenden Aufgaben einsetzen wollen. Startkunden haben sie auch schon, Namen nennen sie aber noch nicht.
Das Angebot: Services, Sessions und Ventures
Haus am See führt drei Geschäftsbereiche auf: Services, Sessions und Ventures. Services ist klar: Da sammeln sich 50 Jahre Agenturerfahrung der drei Inhaber. Mit Sessions meinen sie Workshops, um Kunden zu beraten, die sich einen Purpose geben wollen, die erfahren möchten, wie sie den Verbraucher in den Mittelpunkt ihrer Kommunikation stellen, Stichwort Customer Centricity, Kunden, die sich mit der digitalen Transformation ihres Unternehmens beschäftigen. Für Haus am See ist das freilich auch ein gutes Neugeschäfts-Tool.
Ventures ist der spannendste Bereich. Haus am See will sich an Start-ups beteiligen, die die Welt verbessern, aber auch selbst welche ins Leben rufen. Diverse Business-Ideen hätten sie schon selber entwickelt, sagt Kirner. Was daraus entstehe, sei noch nicht absehbar. Welche der drei Agentursäulen am Ende die wichtigste wird, dürfte sich schnell zeigen. Hängt alles vom Kundenzulauf ab.
Die Konkurrenz: schläft nicht
Mit ihrem Anliegen ist Haus am See natürlich nicht allein. Immer mehr Agenturen mit Purpose treten am Markt auf. Vor einem Jahr präsentierte Tim Stübane seine Firma The Goodwins, vor Kurzem hat sich Brawand Rieken unter den Namen Häppy neu aufgestellt, weitere dürften folgen. Ist das nicht alles ein bisschen zu viel? "Keineswegs", sagt Kim Florio. Purpose treffe den Zeitgeist. "Konsumenten sind besser informiert und haben heute mehr Macht als je zuvor; sie kaufen bei Unternehmen, die ihre Werte teilen." Haltung ist da ein klarer Wettbewerbsvorteil.
Jedes Projekt, das reinkommt, wollen sie künftig auf Herz und Nieren prüfen. Manche Marken, Produkte und Dienstleistungen sind von vornherein ausgeschlossen wie Zigaretten zum Beispiel oder alle Unternehmen, die nur müdes Greenwashing betrieben. "Wir nehmen das ernst", sagt Biallowons. "Wir fragen uns immer, ob das Vorhaben ernst gemeint ist." Notfalls würden sie sogar auf Einkommen verzichten.
In der zweiten Januarwoche geht es los. Schon in den ersten sechs Monaten wollen sie mit Haus am See Gewinn einfahren.