
Pop-up-Office auf Lanzarote:
Erst Lanzarote, jetzt Corona: New Work bei Cyperfection
Die richtige Etikette fürs remote arbeiten, transparente Kommunikation und Empathie für die Kollegen: Mit den Learnings aus dem Pop-up-Office auf Lanzarote kommt Cyperfection gut durch die Coronakrise.

Foto: Cyperfection
Für ein halbes Jahr hat sich die Digitalagentur Cyperfection ein vorübergehendes Pop-up-Office auf Lanzarote gemietet und einen Teil seiner Mitarbeiter dorthin verfrachtet. Ein Projekt, das mit vielen positiven Erwartungen verbunden war, und aus dem sich vielleicht auch etwas für die Zeit während und nach der Coronakrise lernen lässt. Ein Gespräch mit Sven Korhummel, geschäftsführender Gesellschafter, Briana Bolger-Schuth, Creative Director, Marcel Leinberger, Account Director und Philipp Krohmer, Senior Consultant.
Gerade noch rechtzeitig vor den mit der Corona-Pandemie verbundenen Reisebeschränkungen konnten Sie das Pop-up Office auf Lanzarote wie geplant nach sechs Monaten schließen. Wie lautet Ihr Fazit für das Projekt?
Sven Korhummel: Die Workation auf Lanzarote war in vielerlei Hinsicht ein voller Erfolg: Als Team sind wir noch viel enger zusammengewachsen. Bestimmt hat auch jeder Kollege für sich persönlich etwas aus dieser besonderen Zeit mitgenommen.
Außerdem profitieren wir in punkto Recruiting: Alle Bewerber, die sich in den letzten Wochen und Monaten bei uns vorgestellt haben, waren und sind von der Aktion unseres Pop-up Offices begeistert. Weiterhin freut es uns natürlich, dass auch unsere Kunden jederzeit so offen und interessiert dem Projekt gegenüberstanden. Die meisten erkundigten sich auch regelmäßig, wie sich das denn so anfühlt: Insel, Sonne, Remote Work.
Was haben Sie aus dieser Zeit gelernt, was in der jetzigen Situation weiterhilft?
Korhummel: Wenn man gemeinsam viel Zeit auf engem Raum verbringt, sind Rücksichtnahme und solidarisches Verhalten ganz besonders wichtig. Soft Skills können ganz schnell zu harten Faktoren werden können – was mich darin bestätigt, dass das "Miteinander" besonderer Pflege bedarf – und zwar nicht nur 14 Tage auf einer Insel, sondern immer, das ganze Jahr über, in allen beruflichen und privaten Situationen. Insoweit war Lanzarote ein geschlossener Kreislauf: Wir haben das Pop-Up Office initiiert, um dieses Gemeinsame zu pflegen – und dabei noch mehr gemerkt, wie essenziell das tatsächlich ist.
Auf der greifbar-praktischen Seite steht nun natürlich die Remote-Work-Kultur, die wir auf der Insel praktisch wie im Dauer-Homeoffice praktizierten. Und diese Remote-Performance war intern und extern sehr gut und effizient.
Beide Faktoren zahlen sich nun in coronabedingten Homeoffice-Zeiten voll aus: Alle Mitarbeiter haben technisches Equipment, das störungsfreies Arbeiten möglich macht, und jeder kennt die Etikette von Remote Work. Das Verhalten aller Kollegen innerhalb der Teams ist so, dass wir bis jetzt tatsächlich überraschend gut ohne direkte persönliche Kontakte auskommen.
Die Erfahrung, so zu arbeiten und das gegenseitige Verständnis sind nun da – auch auf Kundenseite. Das alles ist nicht selbstverständlich. Auch für die meisten von uns ist das ausschließliche Arbeiten im Homeoffice ein völlig neuer Zustand. Der Flurfunk fehlt und nonverbale Kommunikation bleibt auf der Strecke. Um so besser zu sehen, dass es trotzdem richtig gut funktioniert. Ich denke, dass unsere New-Work-Erfahrungen ihren Teil dazu beitragen – als ein Stück jahrelang gewachsener Unternehmenskultur.
Philipp Krohmer: Wenn man quasi Tag und Nacht im Jobkontext verbringt, entwickelt man ein ganz anderes Bewusstsein dafür, wie wichtig eine klare Trennung von Arbeit und Freizeit ist. Gerade jetzt, wo wir aufgrund der Corona-Pandemie alle im Homeoffice arbeiten, ist diese Erkenntnis viel wert. Homeoffice hat viele Vorteile, aber man muss auch gewisse Regeln für sich persönlich definieren, um die Work-Life-Balance zu gewährleisten. Auf Lanzarote haben wir das quasi schon geübt, natürlich ohne zu wissen, wie akut das Thema plötzlich sein würde.
Briana Bolger-Schuth: Auf Lanzarote habe ich festgestellt, dass die Zusammenarbeit mit Kunden und Kollegen on remote viel einfacher funktioniert als erwartet. Ich habe Präsentationen via Video-Konferenz gehalten, mich mit Neukunden verdrahtet und an konstruktiven Teambesprechungen über Zeitzonen und geografische Grenzen hinweg teilgenommen. Wenn man sich an diese Arbeitsweise gewöhnt hat, wirkt es irgendwann so, als säße man mit Teamkollegen und Kunden im selben Raum. Von dieser Erfahrung profitiere ich jetzt.
Der Alltag fühlte sich für die Mitarbeiter sicher anders an als in Ludwigshafen, auf alle Fälle nach Feierabend oder am Wochenende. Welche besonderen und außergewöhnlichen Momente haben Sie und Ihre Mitarbeiter erlebt? Was waren denn die gravierendsten Unterschiede zum Alltag in Ludwigshafen?
Korhummel: Für mich persönlich lag der Hauptunterschied tatsächlich in den alltäglichen, morgendlichen Ritualen: Auf Lanzarote hatte ich frühmorgens nicht meine Familie und meinen Hund um mich herum, stattdessen die Kollegen. Die Kaffeemaschine dort war sehr gewöhnungsbedürftig, der Arbeitsweg fiel weg – insgesamt waren die Abläufe einfach etwas anders. Besonders gut und spannend fand ich die Erfahrung, Arbeit und Privatsphäre, eine vor den Kollegen öffentliche Privatheit, unter einen Hut zu bringen.
Briana Bolger-Schuth: Mit meiner Zeit auf Lanzarote verbinde ich zwei ganz unterschiedliche Momente: Morgens als Erste aufzustehen und mit einer Tasse Kaffee draußen am Pool die friedliche Stille zu genießen – mit Blick auf den Vulkan. In diesen Augenblicken war nur das Rascheln der getrockneten Palmenblätter im Wind zu hören. Und vielleicht noch unser aufblasbarer Flamingo namens Bruce, der stets sanft durch den Pool trieb. Und auf der anderen Seite die gemeinsamen Mittagspausen und Feierabende mit den Kollegen. Hier wurde immer viel gelacht, gealbert, gefeiert. Ich habe während der Workation meine Kollegen auf eine Art und Weise erlebt, wie es zu Hause in Ludwigshafen nicht möglich gewesen wäre. Unsere Zeit dort hat uns als Team wirklich zusammengeschweißt. Diese Erfahrungen kann uns keiner mehr nehmen.
Marcel Leinberger: Da kann ich Briana nur zustimmen. Durch das gemeinsame 24/7-Erlebnis im Rahmen des Pop-up Office habe ich meine Kollegen nochmal ganz anders kennengelernt. Beim Afterwork-Barbecue in kleiner Runde oder beim gemeinsamen Kochen bleibt schließlich viel Zeit für Gespräche – auch über Privates.
Mich hat auch Lanzarote selbst landschaftlich total begeistert. Besonders die raue Seite der Westküste ist sehr beindruckend, genau wie die Kompaktheit von unterschiedlichsten Naturschauspielen auf engem Raum.
Philipp Krohmer: Mein persönliches Highlight: Jeden Morgen hat mir mein Kollege Bernd den Kaffee ans Bett gebracht – unbezahlbar!
Die Workation brachte zu Beginn einige Herausforderungen mit sich – vom Location Scouting und stabilem Internet über die räumliche Nähe zwischen den Mitarbeitern und Haushaltsplänen bis hin zur Kundenkommunikation von remote. Was würden Sie rückblickend anders machen, welche Learnings haben sich für Sie und die Teams ergeben?
Korhummel: Ich glaube, wir haben sehr viel richtig gemacht – und das von vorneherein. Darüber bin ich glücklich und würde bei einer Neuauflage nicht viel anders machen. Wichtig war es uns, den einzelnen, teilweise sehr heterogenen Teams ein großes Maß an Freiheit und Eigenverantwortung zu gewähren. Denn interessanterweise gibt es tatsächlich einen Mentalitäts-Unterschied zwischen einer Gruppe Designer und einer Gruppe Programmierer. Dies kommt bei 14 Tagen, die man gemeinsam an einem Ort verbringt, erst so richtig zum Tragen.
Sehr hilfreich waren klare Regeln für die grundsätzlichen Basics – rund um An- und Abreise, Leihwagen, Türschlüssel, Technik, Notfall. Erfahrungen in Bezug auf den Insel-Alltag haben die Teams dann jeweils autark gesammelt und wichtige Orte selbst entdeckt: den besten Supermarkt, den schönsten Strand oder das Restaurant mit den leckersten Speisen.
Als echtes Learning nehme ich mit: Die Reinigungsorganisation muss reibungslos funktionieren. Und zwar festgelegt auf Tag und Uhrzeit. Da war definitiv noch Luft nach oben.
Leinberger: Das Pop-up Office forderte mehr Flexibilität sowie eine Art Eingewöhnung in die neue Form der Arbeits- und Freizeit. In vielen Punkten mussten wir uns erst kurz abstimmen, dann einfach machen. Die Bereitschaft, möglichst immer unkompliziert zu agieren, habe ich gerne mit zurück in die Routinen des Job-Alltags und auch ins Private genommen.
Krohmer: Empathie, Transparenz und Kommunikation sind das A und O für ein harmonisches Miteinander. Das ist eigentlich nichts Neues, wurde mir aber während der Workation noch einmal bewusst vor Augen geführt.
Welche Vorteile und positiven Entwicklungen haben sich durch das Pop-up Office fürs Recruiting und Employer Branding ergeben?
Korhummel: Jede*r Kandidat*in der letzten Monate hat das Thema im Bewerbungsgespräch aktiv angesprochen und positiv bewertet. Nahezu alle Mitarbeiter, die auf Lanzarote waren, signalisierten uns, beim nächsten Mal gerne wieder mit dabei sein zu wollen – auch an einem anderen Ort. Dieses Feedback sehen wir als Beleg dafür, dass ein solches Projekt die Arbeitgebermarke deutlich stärkt. Wichtig ist in diesem Zusammenhang natürlich auch, die Aktion entsprechend zu kommunizieren, damit potenzielle Bewerber überhaupt erst davon erfahren.
Wird es eine Wiederauflage des Pop-up Offices geben und wenn ja, wann und wo?
Korhummel: Meine Kollegen aus der Geschäftsleitung und ich bewerten die Investition und das, was sich rückblickend an Stimmung und Zufriedenheit unter den Mitarbeitern sowie im Hinblick auf die Learnings bei-New Work-Prozessen ergeben hat, als sehr positiv und lohnenswert. Daher wird es irgendwann eine Neuauflage des Cyperfection Pop-up Offices geben – wann und wo, müssen wir sehen.