
Verantwortung für junge Follower:
Einfluss von Influencern kann zu Realitätsverlust führen
Eine Studie von Wavemaker untersucht, wie sehr Influencer Jugendliche beeinflussen können. Die Kraft ihrer Verführung ist zum Teil bedenklich. Eine große Verantwortung für das Influencer Marketing.

Foto: Wavemaker
Viele Influencer sind bei der Jugend berühmter als Sportler oder Schauspieler. Entsprechend groß ist ihre Macht, Einfluss auf Heranwachsende auszuüben. Die Studie "Influencer 3.0" von M Science im Auftrag der Mediaagentur Wavemaker (beide Group M) untersucht die Facetten ihrer Verführungskraft - und was dies für das Influencer Marketing bedeutet.
Influencer inspirieren oder schüren Ängste
"Die Strahlkraft von Influencern auf jugendliche Social Media Nutzer ist nicht immer ganz einfach zu begreifen. Mit unserer qualitativen Studie machen wir die psychologische Bedeutung von Social Media Persönlichkeiten speziell für diese Zielgruppe greifbar", sagt Karin Immenroth, Chief Analytics Officer bei M Science. Die zentrale Forschungsunit der Group M hat für die Studie in einer qualitativen Online Community vom 23. bis 29. August 66 Follower zwischen 11 und 23 Jahren befragt, die regelmäßig soziale Netzwerke nutzen und unterschiedlichen Influencern folgen.
Demnach bieten Influencer auf der einen Seite Inspiration und Motivation und ermutigen zur Selbstreflexion und Selbstwertsteigerung. Auf der anderen Seite können sie bei ihren jungen Followern aber auch Neid, Gruppenzwang, Selbstzweifel und gar Angst ("Fear of Missing Out", kurz: FOMO) auslösen.
Influencer Marketing muss erwachsen werden
In der Wahrnehmung der Jugend sind Influencer die Verkörperung der Verführung. Diese Einflussnahme kann einen bedenklichen Grad erreichen und sich als Übersteigerung der Alltagsflucht bzw. Verlust der Alltagsanbindung bis hin zum Realitätsverlust steigern. Für das Influencer Marketing bedeute das vor allem eines: "große Verantwortung für Influencer, Marken und Follower, sich auf diesem schmalen Grat der Beeinflussung bedacht zu bewegen", so ein Fazit der Wavemaker-Studie.
"'Ich poste, also bin ich. Poste ich nicht, bin ich nichts' – so lautet das aktuelle Credo der Jugend", sagt Hanno Stecken, COO von Wavemaker. "Heranwachsende erleben heute einen zusätzlichen Druck durch Social Media, der alle anderen Druckebenen im Erwachsenwerden wie z. B. den persönlichen oder gesellschaftlichen Druck, geliebt und akzeptiert zu werden, durch Veröffentlichung und Vervielfältigung weiter verstärkt."
Das Beeinflussungspotenzial der Influencer sei damit gerade bei den jüngeren Nutzern immens. "Doch", so Stecken: "Große Macht bedeutet auch große Verantwortung! Viele Influencer unterschätzen noch immer, was für eine Position sie wirklich haben. Auch hier muss Influencer Marketing erwachsen werden, um als Media-Kanal weiter an Relevanz zu gewinnen."
Beeinflussung ändert sich je nach Alter
Die Studie zeigt auch: Das Beeinflussungspotenzial der Influencer hängt vom Alter und der Persönlichkeitsstruktur ihrer Follower ab.
Kinder zwischen 11 und 15 Jahren suchen bei ihnen insbesondere nach Idealen "und geben sich dem favorisierten Influencer bedingungslos hin", so die Analyse. Der Influencer selbst ist für sie Identifikationsobjekt, dem sie vorrangig in den Themenwelten Beauty und Lifestyle nacheifern.
Jugendliche zwischen 16 und 19 Jahren wünschen sich in den sozialen Medien in erster Linie Orientierung und "lassen sich eher selektiv verführen". Influencer sehen sie als Inspirations- und Motivationsgeber, von denen sie relevante Tipps in Bereichen wie Sport und Ernährung erwarten.
Junge Erwachsene zwischen 20 und 23 Jahren wollen sich hingegen bei der Social Media Nutzung auf Augenhöhe austauschen und "suchen bei Influencern nach Bestätigung und Anerkennung". Für die Social Media Persönlichkeiten "hegen sie eine kritische Faszination". Ihre favorisierten Influencer-Themen sind Lebenshilfe, Selbst- und Körperliebe (u. a. "Body Shaming").
Und noch ein Lesetipp:
Vor kurzem tagte die Messe Inreach, die Unternehmen und Influencer zusammen bringt. 550 Besucher, Vertreter von Agenturen und Marken sowie Influencer, kamen diesmal nach Berlin, um sich zu "connecten", den "Talks" zu lauschen und mögliche "Influencer Relations" abzuchecken. Veronika Wulf von der Süddeutschen Zeitung mischte sich unters Werbevolk und schildert das Zusammentreffen der beiden Welten. Auch da ging es um Verantwortung - für das richtige Kennzeichnen von Werbung. Ihre Eindrücke lesen Sie hier.