Dass Gabor Steingart nicht der Typ ist, der gerne einen Konsolidierungskurs fährt, muss nicht erklärt werden. Steingart hat den Kopf immer voller Ideen. In Richtung Politik schwebte ihm noch etwas Publizistisches vor, aber auch in Richtung berufliches Netzwerk. Er wollte investieren. Er wollte säen, um später zu ernten. Heißt es in etwa aus vertraulichen Kreisen.

Die Entscheidung, sich zu trennen, kam völlig überraschend. Für Gabor Steingart anscheinend ebenso wie für sämtliche vertraute Mitarbeiter in der Chefetage. Dort heißt es hinter vorgehaltener Hand, das plötzliche Aus liege im Bereich des Irrationalen. Denn Dieter von Holtzbrinck und Gabor Steingart können extrem gut miteinander. Auch seit dem Ende am vergangenen Freitag gehen die Beiden völlig friedfertig miteinander um. Steingart habe von Holtzbrinck überfordert, heißt es im Zentrum der Macht, "vielleicht auch manchmal überfahren".

Von Holtzbrinck möchte die volle Kontrolle wieder übernehmen, mutmaßt ein Handelsblatt-Manager. Denn längst ist alles Steingart: der neue Hauptsitz der Handelsblatt Media Group, der vor wenigen Wochen an der Toulouser Allee 27 bezogen wurde, der Digitalkurs, der Handelsblatt-Club und, nicht zu vergessen, das hohe Tempo. Auch das ist Gabor Steingart, dem immer alles viel zu langsam ging.

Was macht Gabor Steingart künftig?

Jetzt wird es eine geordnete Übergabe geben. Steingart arbeitet noch an seinem Schreibtisch. Er nimmt sogar noch Termine wahr, etwa einen mit einem Großkunden im Bankenbereich. Entgegen den Gerüchten, die geschürt werden, sollen die Zahlen stimmen. Das, freilich, lässt sich momentan schwer überprüfen. Wieso dann der Konsolidierungskurs?

In der Handelsblatt-Gruppe herrscht momentan Wehmut. Bei den meisten Mitarbeitern. "Dem Haus wird Energie fehlen", heißt es. Natürlich hatte Steingart auch Feinde. "Steingott" nannten ihn böse Zungen. Doch so etwas hat ihn noch nie gestört.

Gabor Steingart polarisiert. Er gilt als Dampfmaschine, die sich ihren Weg bahnt. Er sprudelt nur so vor Ideen, er ist wie die Unruh einer Uhr. Was er in Zukunft machen wird? Sicher irgendwas mit Medien, mit Expansion – aber definitiv nichts mit Konsolidierung.


Autor: Jochen Kalka

ist jok. Und schon so lange Chefredakteur, dass er über fast jede Persönlichkeit der Branche eine Geschichte erzählen könnte. So drängt es ihn, stets selbst zu schreiben. Auf allen Kanälen.