
Bangen auf der ITB:
Die Wende bleibt aus: Türkische Tourismus-Branche in der Krise
Nachdem 2016 die Einnahmen der türkischen Tourismus-Branche um rund 30 Prozent gesunken waren, hoffen Reiseveranstalter und Hoteliers nun auf eine Kehrtwende. Doch die Realität sieht anders aus.

Foto: Turkish Airlines
2017 sollte es mit den Besucherzahlen wieder aufwärts gehen - eigentlich. Nachdem im vergangenen Jahr die Einnahmen der türkischen Tourismus-Branche um rund 30 Prozent gesunken waren, hoffen Reiseveranstalter und Hoteliers nun auf eine Kehrtwende. Doch die Realität sieht anders aus.
Auf der diesjährigen Internationalen Tourismus-Börse (ITB) in Berlin präsentierte sich das von Krisen erschütterte Land, als das Reiseziel "das alles bietet, was für einen perfekten Urlaub nötig ist".
Problematisch, dass genau am selben Wochenende die diplomatische Lage zwischen der Türkei und Europa eskalierte. Grund dafür waren Einreiseverbote für zwei türkische Minister, die in den Niederlanden auf Wahlkampftour gehen sollten.
Zuvor hatte Deutschland mehrere öffentliche Auftritte von türkischen Politikern abgesagt. Die dänische Regierung sah sich aufgrund der Situation gezwungen, den geplanten Staatsbesuch des Ministerpräsidenten Yildirim zu verschieben.
Das "Zentrum des Faschismus"
Die türkische Regierung reagierte prompt mit Nazivergleichen und warf den Niederlanden vor, "das Zentrum des Faschismus" zu sein. Mit ähnlichen Vorwürfen sah sich vorige Woche auch Deutschland konfrontiert.
Potentielle Touristen mit Rassisten und Massenmördern zu vergleichen, ist gelinde gesagt nicht die beste Art und Weise, um Werbung für das Urlaubsziel Türkei zu machen. Doch wie gehen die Tourismus-Werber selbst mit dem Imageproblem ihres Heimatlandes um?
"Wir sind Touristiker, über Touristik können wir reden" erklärt ein Aussteller auf der ITB Felix Kasten von Spiegel TV. "Aber Politik ist nicht unsere Sache".
Andere versuchen dem Reporter klar zu machen, dass nicht die ganze Türkei wie Erdogan denkt. Ein älterer Herr weist darauf hin, dass Tourismus eine warme Brücke zwischen zwei Ländern sei und man Wörter wie sie Präsident Erdogan oder Außenminister Cavosoglu benutzt haben, nicht verwenden dürfe.
Auch die Inhaftierung des Welt-Journalisten Deniz Yücel verurteilt ein Aussteller scharf: "Niemand der mit der Presse zu tun hat, sollte solche Sachen erleben".
Es steht einiges auf dem Spiel
Auf der ITB sind die Werber sich also darüber im Klaren, was für sie auf dem Spiel steht. Immerhin machten 2015 die Umsätze der Branche 12,9 Prozent des Bruttosozialprodukts aus.
Bei der türkischen Regierung scheint das allerdings noch nicht ganz angekommen sein. Als Kasten auf einer Pressekonferenz den türkischen Tourismus-Minister Nabi Avci fragt, ob er ihm versichern könne, dass er als deutscher Journalist in der Türkei nicht festgenommen werde, antwortet der 67-Jährige:
"Ich kann ihnen das versichern, wenn sie mir versichern, dass in Deutschland keine Journalisten festgenommen werden". Seine Begleiter jubeln. Was auch er immer er damit meinte, auf die gegenwärtigen Probleme der Branche gab der Minister Antworten, die an den trumpschen Wahlkampf erinnern:
Es seien Maßnahmen ergriffen worden und man würde nun mit "Vertrauen in die Zukunft" blicken. Was für Maßnahmen das genau seien, ließ Avci völlig offen. Experten erwarten trotz der optimistischen Haltung des Tourismus-Ministers 2017 weitere Einbußen .
Zuletzt sanken die Frühbuchungen für den Sommer um 58 Prozent. Das berichtete die Welt. Die letzte Hoffnung der Branche sind Last-Minute Angebote.
Reisekonzerne wie Tui und Alltours setzen laut Rbb auf Schnäppchenpreise. Für rund 300 Euro pro Person geht es für zwei Wochen ins Hotel nach Antalya. Flüge inklusive. Am Preis liegt also schon mal nicht. Ob die Türkei für "Faschisten" und "Nazis" aus Europa jedoch als Urlaubsziel 2017 überhaupt noch in Frage kommt, bleibt abzuwarten.