Pernod Ricard:
Die Marke Havana Club: So kubanisch wie möglich
Schluss mit dem immergleichen Bacardi-Feeling der Neunziger: Mit Havana Club hat sich ein Rum direkt aus Kuba zum Modegetränk gemausert. Mit einer Werbestrategie, die auf das Beste setzt, was die Insel bietet: Musik, Kultur und karibische Lebenslust. W&V-Autor Heiko Kunzmann über perfektes Marketing für ein ordentliches, aber nicht überragendes Getränk.
Das Bacardi-Feeling der Neunziger scheint vorbei: Mit Havana Club hat sich in den letzten Jahren ein Rum direkt aus Kuba zum Modegetränk gemausert. Mit einer Werbung, die auf das Beste setzt, was die Insel bietet: Musik, Kultur und karibische Lebenslust.
Es ist noch gar nicht so lange her, dass Havana Club vor allem ein Zuhause hatte: Kuba-Diskussionsrunden und -Kulturtage, auf denen Alt- und Neulinke mit der Revolution sympathisierten. Sag mir, wo Du stehst und ich sag Dir, was Du trinkst: Klare politische Einstellung hieß klare Getränkewahl, und da kam nur der direkt von der Insel stammende Tropfen in Frage.
Inzwischen trinken auch die den Rum, die nichts mit Castro und Co. am Hut haben. Unter dem Dach von Pernod Ricard, einem der weltgrößten Spirituosenkonzerne, hat Havana Club den Weg aus der Nische gefunden: Die Pariser Firma stieg 1993 in ein kubanisch-französisches Joint-Venture ein, Havana Club International. Seitdem brummt es für das sozialistische Getränk, auch werbemäßig wurde rangeklotzt: In Deutschland hat die Firma zuerst vor allem die Barkeeper per Direktmarketing umworben, später kam Eventmarketing hinzu. Heute wirbt Havana Club auf allen Kanälen für sich: "Wir setzen derzeit auf einen Mix aus reichweitenstarker und zielgruppengerechter Fernsehwerbung, Handels- und Gastro-Promotions sowie Event-Konzepte", erzählt Benjamin Franke, Marketingmanager bei Pernod Ricard Deutschland in Köln.
Für jeden Bereich habe die Firma ihre Spezialisten: Zum Zum goldenen Hirschen ist die kreative Lead-Agentur, die sich größtenteils um klassische Werbung kümmert und die Kampagnen der internationalen Leadagentur M&C Saatchi für Deutschland adaptiert. Jung von Matt/Relations hat den Hut auf für die externe Marken- und Produktkommunikation, und Carat aus Düsseldorf übernimmt die Mediaplanung.
Dabei gilt laut Franke immer die Regel: So authentisch kubanisch wie möglich. Denn das Werbemotiv Kuba mit der mitreißenden Lebensfreude und Emotionalität des Inselvölkchens spricht eigentlich für sich selbst. Und so bringt der aktuelle Kino- und TV-Spot, kreiert 2012 von M&C Saatchi in Paris und Berlin, all die Markenzeichen der Insel ins Spiel, die jeder kennt: Havannas Uferpromenade Malecón glänzt in der Sonne, ein alter Amischlitten fährt vorbei, fröhliche Männer und Frauen tanzen, dazu ein mitreißender Boogaloo-Song.
Überhaupt, Musik: Kuba als Ursprungsort von Salsa, Rumba und Son bietet mehr als genug guten Stoff für die Ohren. Kein Wunder also, dass Pernod Ricard dieses Werbepotential gern nutzt: So arbeitet der Konzern seit 2009 mit dem umtriebigen britischen DJ Gilles Peterson zusammen, der auf der Insel Musiktalente sucht, mit ihnen Songs und Alben aufnimmt und zu Clubabenden durch die Welt tourt. 2014 ist das nächste Peterson-Projekt geplant. Letzter Streich in dieser Kette: Die Rummarke hat den Streifen "7 Tage in Havanna" unterstützt, der seit Anfang Juli in den Kinos läuft, ein Episodenfilm ebenfalls mit viel Musik.
All das läuft unter dem Label "Havana Cultura" – ein internationales Projekt als Schaufenster kubanischer Gegenwartskultur, gefördert von Havana Club International. Bei Pernod Ricard in Köln gibt man sich bescheiden: Man sehe solche Projekte nicht als Marketing-Aktion an, heißt es. Man wolle vielen kubanischen Künstlern die Möglichkeit geben, sich in der Weltöffentlichkeit zu präsentieren. Auch im Web wird konsequent auf Kultur gesetzt: Seit 2011 stellt ein "Havana Cultura"-Newsletter in Videoclips und Texten neue Bands, Solisten, Schauspieler oder Tänzer vor. Selbst Kubakenner erfahren da immer wieder Überraschendes - etwa, dass es auch eine elektronische Musikszene auf der Insel gibt.
Erfolg hat "Havana Club" mit dieser Strategie vor allem in Deutschland: Das Land ist der wichtigste Auslandsmarkt, man ist mit 33 Prozent derzeit Marktführer. Und der Absatz wächst laut Pernod Ricard, obwohl der Spirituosenverkauf insgesamt leicht zurückgeht. "Nach Whisky ist inzwischen Rum das neue In-Getränk", erklärt Spiritousenkenner Peter Krause diesen Trend. Für ihn ist der "Havana Club Añejo 3 Años" – die wohl am häufigsten verkaufte Sorte in Deutschland – wichtiger Bestandteil jeder Bar: "Unter den 100 Sorten, die ein Barkeeper haben muss, sollte Havana Club dabei sein." Der Rum sei hervorragend für Cocktails geeignet und die Standardmarke für einen guten Mojito. Er habe eine ordentliche Qualität, rein geschmacklich steche er aber nicht heraus, meint Peter Krause, der sich seit gut zehn Jahren mit Rum beschäftigt und die Seite slowdrink.de betreibt.
Im Web rangiert der weiße 3-jährige in diversen Rumbewertungen mal im Mittelfeld, mal an der Spitze: Bei rumratings.com etwa erreicht er solide sechs von zehn Punkten, auf ralphs-rumseite.de zwei Sterne. Den siebenjährigen "Añejo 7 Años", der ebenfalls oft gekauft wird, findet Peter Krause gelungen: "Der ist leicht und schmeichelnd, man sollte ihn unbedingt pur genießen".