Apropos "GNTM": Ähnlichkeiten zur Klum-Reihe kann "Deutschlands schönste Frau" nicht verbergen. RTL bringt die Damen ebenfalls in einer schicken Villa unter, "Challenges" wie Aktfotografien stehen auch im Kretschmer-Team an – zumindest in der Gruppe "U30", in die die Jüngeren eingeteilt worden sind. Kommende Woche, in Folge zwei, geht es ans große Umstylen mit Schminke und Schere. Zickenterror vermisst der Fan des Genres nicht. Auch RTL hat Frauen gefunden, die nah am Wasser gebaut haben und viele Tränen verdrücken müssen. Nach 30 Minuten schon kommt die Frage auf: Wo bleibt der Sponsor Tempo? Also – alles dabei, was ein Casting unter Frauen ausmacht. 

Bemerkenswert: Als Guido Maria Kretschmer den Kandidatinnen als Willkommensgruß in der Finca einen Berg Produktkartons des Werbepartners Dove präsentiert, kommt es wohl zum ersten kreischenden Product Placement in der Geschichte der Werbeform in Deutschland. Die Idee für den Phantombild-Zeichner, der die 20 Frauen einmal nach ihren Angaben und einmal nach Kretschmers Beschreibung zeichnen sollte, erinnerte bestimmt nicht ohne Grund an die Werbeidee des Sponsors aus dem Jahre 2013.

Auffallend ist, dass der Designer die Kandidatinnen erst über eine Stunde lang einlullt, drückt, kuschelt - und ihnen dann gegen 22.30 Uhr offenbart: "Es ist Casting! Bestimmt, wer in dieser Runde gehen muss!" Ein Bruch in der Choreografie, die bis dahin mit schrägen Mädels heile Welt spielt. Mädels wie Alexandra, die zum Auftakt mit Arielle-Flosse in den Pool springt und in die Kamera schwäbelt: "Ich bin 37, von Beruf Meerjungfrau und ich bin ein bisschen bescheuert." Kretschmer pariert: "Alex ist eher Rollmöpschen mit Schwänzchen dran."

Nachdem die Maske nach über einer Stunde gefallen ist, werden die anderen Seiten der Frauen offensichtlich. Sie sticheln, flüstern, stänkern, werden boshaft, entscheiden taff. "Die schärfsten Kritiker von Frauen sind nicht Männer, das sind sie selbst", sagt Onkel Guido aus dem Off, wie er es in vielen Stunden "Shopping Queen" geübt hat. Vier müssen gehen. Bei den Übriggebliebenen stellt RTL sicher, dass die richtige Mischung aus sympathischen Kandidatinnen mit echten Gewinnchancen und Lästerschwestern mit Potenzial für mehr Quote noch in der Finca bleiben darf. Es dürften durchaus noch mehr Zuschauer werden, auch wenn RTL bei 3,01 Millionen Gesamtzuschauern von einem guten Start spricht (...zeitgleich sahen nach 21 Uhr noch mehr als acht Millionen den zweiten Teil eines ZDF-Krimis).

RTL und Kretschmer wollen die Siegerin zu nichts weniger als zur "Botschafterin einer neuen Generation von Frauen in Deutschland" machen. Ihr winkt eine Unterwäschekampagne mit Triumph. Abwarten, ob ein Biest oder eine arme Maus als "Deutschlands schönste Frau" in Dessous gehüllt wird.


Autor: Petra Schwegler

Die @Schweglerin der W&V. Schreibt seit mehr als 20 Jahren in Print und Online über Medien - inzwischen auch jede Menge über Digitales. Lebt im Mangfalltal, arbeitet in München.