Deutschlands kreative Zukunft: Katharina Schmitt
Früher war alles besser? Und morgen mal erst! W&V Online stellt junge Talente vor, die den Beweis antreten, dass auf die Werbebranche rosige Zeiten zukommen. Diesmal: die Texterin Katharina Schmitt, Absolventin der Miami Ad School in Hamburg.
Früher war alles besser? Und morgen mal erst! W&V Online stellt junge Talente vor, die den Beweis antreten, dass auf die Werbebranche rosige Zeiten zukommen. Diesmal: Katharina Schmitt. Sie landete direkt nach dem Studium (an der Miami Ad School in Hamburg) bei der Hamburger Neugründung der Preisesammelagentur Heimat. Die Texterin ist 26 Jahre alt.
Und hat mit ihren Arbeiten an der Miami Ad School schon mehr Preise gewonnen als so manch ein ausgewachsener Kreativer. Unter anderem einen Löwen in Cannes bei den "Future Lions 2011". Das wäre beinah ein ganz kurzes Vergnügen geworden: Katharina Schmitt und Teamkollegin Yasmia Boustani hatten die Arbeit eingereicht und prompt die Reise zum Werbefestival nach Cannes gewonnen. "Wir flogen zu den Future Lions und durften zusammen mit vier anderen Teams unsere Löwen abholen", erzählt Schmitt. Draußen sollten dann noch Fotos von den Gewinnern gemacht werden "und eine Französin kam vorbei und fand den Löwen so süß. Den habe ich dann während des Fototermins auf einen Tisch gestellt - und fünf Minuten später war er weg", erinnert sich die Kreative. Zum Glück war die Festivalleitung so nett und hat Katharina Schmitt einen neuen Löwen besorgt. Den hat sie für diese Arbeit auch verdient.
Man spürt, dass Schmitt mit den Sozialen Netzen aufgewachsen ist und sie ihr sehr vertraut sind. Was wir in der virtuellen Welt tun, wirkt sich in den Kampagnen von Katharina Schmitt auf das wahre Leben aus. Das ist zeitgemäß und charmant. Die Übungskampagne "Flowers from Facebook" für die US-Version von Fleurop, 1-800 Flowers, haben sich Yasmina und Katharina ausgedacht, als sie zum Ad-School-Praktikum in New York waren und in der Klasse von Dozentin Tara Lawall von BBH New York saßen. "Bei Blumen ist man ja schnell beim Thema Geburtstag", sagt Schmitt und findet das ganz einfach. Geburtstagsgrüße seien aber heutzutage so ein "anonymes Facebook-Dings", man teile seine Freunde quasi ja ein in die, denen man persönlich gratuliere, die nicht ganz so engen, die man anrufe, und am Ende dann noch die, denen man via Facebook gratuliert. Das haben die jungen Frauen zusammengebracht, der Klasse präsentiert und so lange ausgearbeitet, bis es Sinn ergab. Und der Beschenkte einen Strauß bekommt.
Nach einem ähnlichen Prinzip funkioniert die Studienarbeit "Spende ein Wort", die Schmitt zusammen mit Lisa Zeitlhuber für Unicef konzipiert hat. Mithilfe der Google-Chrome-Rechtschreibhilfe konnte bei falsch geschriebenen Wörtern direkt an Unicef gespendet werden, damit Kindern, die eine Ausbildung brauchen, geholfen wird.
Die Chance, dass Katharina Schmitt eines Tages die Werbebranche bereichert, war bestenfalls 50:50. "Als ich klein war, habe ich Leistungssport getrieben, getanzt und wollte auch Tänzerin werden", verrät sie. Werbung war aber schon früh der Plan B, denn mit Tanzen ist kein Geld verdient, das merkte Schmitt schnell. "Vor allem die Beck's-Werbung mit dem Schiff fand ich als Kind toll", erinnert sich die Texterin.
Damals hisste Wensauer-DDB-Needham die grünen Segel. Die DDB-Konstruktion gibt es heute so nicht mehr - Trends werden unter anderem bei der Agentur gesetzt, die Katharina Schmitt engagiert hat: Heimat baut die Hamburger Niederlassung auf und Schmitt ist mit von der Partie. Den Job, nach dem sich viele Kreative die Finger lecken, hat man ihr einfach angeboten: CD Jo Marie Farwick, die Jung von Matt verließ, um Heimat Hamburg mit aufzubauen, lehrt an der Miami Ad School (MAS) und hat Schmitt außerdem während ihres Praktikums bei JvM/Elbe betreut.
Warum Farwick die junge Kreative zu Heimat geholt hat? "Als ihre Dozentin an der MAS habe ich schnell festgestellt, dass sie als Texterin nicht nur texten kann und will – das ist ja absolute Vorraussetzung und das können nicht viele – sondern auch anders denkt. Alle MAS-Studenten denken ja groß, integriert und digital. Aber sie kann nicht nur das. Sie kann auch komplizierte Sachverhalte und Konzepte durchdringen, zu Ende denken und in eine Form bringen, die jeder versteht", sagt Jo Marie Farwick.
Katharina Schmitt hat aber nicht nur viel über die Arbeit gelernt an der Miami Ad School, sondern vor allem über sich selbst. "Das hat mein Leben komplett umgekrempelt", sagt die 26-Jährige. Vor allem entspannter sei sie geworden - man kommt nämlich viel rum mit der Miami Ad School. So viel, dass selbst die Frage "Wo wohne ich" nicht mehr die erste ist, die sich stellt: "Da find ich schon was", formuliert Schmitt die neue Haltung, die sie sich angeeignet hat. Und wenn das in New York, teures Pflaster und Wiege der Werbung, bedeutet, dass man zu dritt in einer Wohnung mit zwei Betten lebt, dann ist das eben so.
Tatsächlich sei dieses "lockerer werden" durchaus eines der Ziele der MAS, bestätigt deren Geschäftsführer Niklas Frings-Rupp, der sich freut, dass das offenbar funktioniert. Bei Katharina Schmitt auf jeden Fall. Selbst unter den top motivierten Studenten, die Frings-Rupp um sich hat, sticht die junge Texterin noch heraus. Weil sie "so konstant positiv eingestellt ist", beschreibt der MAS-Leiter. "Katharina sieht keine Probleme, sondern sagt zu jeder Aufgabenstellung: 'Super, dazu lass ich mir was einfallen'. Wie ein Kind, dem man den Süßwarenladen aufsperrt. Das ist ein Gen, das man in dem Beruf haben muss", sagt Frings-Rupp. Idealerweise, wie bei Schmitt, sei das dann noch gepaart mit einem smarten Kopf.
Die Berufsanfängerin hat in Hamburg, in Stockholm und New York gearbeitet, bei Agenturen wie Serviceplan, O&M, JvM, Saatchi, BBH und DDB reingeschnuppert, ist mit O&M-Legende Steve Hayden Aufzug gefahren, hat Menno Kluin kennen gelernt, hat Preise in Cannes, beim ADC, GWA und D&AD gewonnen. Und schon zwei Hochschulausbildungen abgeschlossen (siehe Kasten). "Außerdem ist sie eine Schnelldenkerin, die immer Verantwortung übernimmt, und und hat ein dickes Fell - auch wenn sie über dem Fell immer sehr sehr hübsch angezogen ist", beschreibt Jo Marie Farwick die junge Texterin.
Bei so vielen Vorzügen kann man fast ein bisschen Angst bekommen. Fast. Dabei ist sie nämlich auf dem Boden geblieben und sympathisch. Wir erwarten aber noch viel Preiswürdiges von ihr. Bei Heimat wird gerade wie wild gepitcht. Lassen Sie sich überraschen.