Werbemedium Radio:
Der neue RMS-Chef zum ersten Halbjahr
Dem Radio geht es gut. Fünf Prozent plus bilanziert Nielsen Media. Der neue RMS-Chef Matthias Wahl erklärt warum.
Laut Nielsen Media Research sind die Brutto-Werbeerlöse im Radio bis Mai mit 755 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahresniveau (722 Mio. Euro) gestiegen. Angestammte Radiobranchen wie Handel und PKW investieren verstärkt und das Neukundengeschäft floriert.
Für Matthias Wahl, seit Mai Sprecher der Geschäftsführung bei RMS, ist die zunehmende Konvergenz des Audiomarkts einer der Treiber. Aber auch die Fortschritte im Bereich Programmatic Buying.
Herr Wahl, wie ist die aktuelle Einbuchungssituation und wie sieht Ihre Prognose für das zweite Halbjahr aus?
Nach einer leichten Abschwächung im Mai sind die Folgemonate wieder recht gut angebucht.Wir sind optimistisch, dass die Gattung ihre gute Position im Werbemarkt halten oder sogar weiter ausbauen wird. Wir sehen für Radio aufs Gesamtjahr 2017 die Chance auf ein Wachstum im mittleren einstelligen Bereich.
Sind neue Kunden zu RMS gewechselt?
Ja, das Neukundengeschäft entwickelt sich gut und trägt zum Wachstum bei. Wir haben in diesem Jahr bereits knapp 60 Neukunden aus verschiedensten Branchen gewonnen, darunter FMCG-Kunden wie Griesson De Beukelaer, Sinalco, Freixenet, Reckitt Benckiser, aber auch eBay Kleinanzeigen, Tchibo, Euronics, die Targobank und die Europa Versicherung oder der Verband der deutschen Automobilindustrie. Eine Branche wie E-Commerce, die das Radio vor einiger Zeit für sich entdeckt hat, trägt ebenfalls zur positiven Neukundenentwicklung bei.
RMS betreibt Trading. Soll das unter Ihrer Leitung beibehalten werden?
Einen Teil des Mediavolumens ohne konkreten Kundenbezug direkt an Agenturen zu veräußern, ist ein weit verbreitetes, gängiges Marktmodell, dem sich RMS 2015 nach einem Gesellschafterbeschluss angeschlossen hat. RMS hat einen nur einen sehr kleinen prozentualen Anteil an Tradingvolumen in die Agenturvereinbarungen aufgenommen, der nicht in der Diskussion steht.
Beobachten Sie dabei einen Werbebudget-Shift von anderen Medien?
Es wird für Werbekunden durch die fragmentierte Mediennutzung zunehmend schwerer, ihre Zielgruppen anzusprechen. Eine ausgewogene Mischung aus Reichweite und konsumrelevanten Touchpoints entlang der Customer Journey ist nur noch mit wenigen Massenmedien überhaupt herzustellen. Die Tageszeitung bringt die Reichweite nicht mehr, TV schwächelt in bestimmten Zielgruppensegmenten.
Targetingmedien wie Display hingegen werden nach dem Hype auf ein kleineres Maß zurückgestutzt. In dieser Gemengelage ist der konvergente Audiomarkt eine sichere Bank. Tagsüber ist Radio die reichweitenstärkste Gattung und das einzige Massenmedium, das alle Zielgruppen auf hohem Niveau erreicht. Diese Alleinstellung wird im Zuge der Digitalisierung weiter ausgebaut.
Hinzu kommt, dass Online Audio technologisch alles kann, was Display und Video auch bietet. Die Nachteile des Online Display Advertising, die derzeit zu geringeren Umsätzen in der Display-Vermarktung führen, spielen für Online Audio hingegen keine Rolle. Hier müssen sich Werbekunden keine Sorgen machen über Bot Traffic, Fraud, Adblocker oder niedrige Viewability-Raten.
Das Kerngeschäft von Radio ist aber nach wie vor UKW. Welchen Beitrag soll die digitale Vermarktung zum zweiten Halbjahr leisten?
Die Fokusgruppe Audio im BVDW hat ja gerade Marktdaten der Entwicklung für 2016 und das erste Halbjahr 2017 veröffentlicht. Die Wachstumsrate von 40 Prozent im ersten Halbjahr 2017 unterstreichen wir voll. Wir liegen mit unserem Portfolio sogar noch darüber. Die Entwicklung ist, verglichen mit dem von Nielsen abgebildeten UKW-Markt, zwar noch auf kleinem Niveau, dafür ist die Wachstumsdynamik sehr hoch. Dieser Trend wird sich im zweiten Halbjahr fortsetzen und weiter verstärken.
Welche Rolle spielt hier Mobile?
Hier ist die Entwicklung noch dynamischer. Die Wachstumsrate bei mobilen Werbemittelausspielungen wie zum Beispiel dem Format Audio Sync Display liegt im Vergleich zum Vorjahreszeitraum bei über 90 Prozent.
Wie entwickelt sich in diesem Zusammenhang Programmatic Buying?
Wir haben für 2017 mit allen großen Agenturnetzwerken Vereinbarungen zu programmatischen Kampagnenvolumen, die rund 40 Prozent unseres Online Audio Forecasts ausmachen. Im Fokus der Weiterentwicklung steht die Automatisierung der Planungs- und Buchungsprozesse von der Agentur über den Vermarkter bis hin zum Sender.
Automatisierung bedeutet auch Datengenerierung. Wie weit ist RMS hier?
Im konvergenten Audiomarkt gewinnt das Thema Daten weiter an Relevanz für die Werbewirtschaft. Die technische Um- und Aufrüstung der Sender zur Datengenerierung, die Vielfalt der Ausspielungswege und das kontinuierliche Portfolio-Wachstum sind dabei nur drei der Themen, die hohe Management Attention und Investitionsbereitschaft benötigen. Hier werden wir in allen Bereichen im zweiten Halbjahr entscheidende Meilensteine erreichen.
Mehr zum ersten Werbehalbjahr nicht nur im Radio lesen sie in der aktuellen W&V 30.