50-Mio-Fonds:
Das sind die Digitalpläne von Gruner + Jahr
Bislang galt das Digitalgeschäft von Gruner + Jahr eher als eine Art Appendix des Verlagsgeschäfts. Jetzt will dies Digitalchef Stan Sugarman ändern - auch mit einem eigens aufgelegten G+J Fund.
Das Zeitschriftenhaus Gruner + Jahr ("Stern", "Geo") plant, unter anderem über Akquisitionen im Digitalgeschäft europaweit anzugreifen. "Wir wollen 2015 und 2016 rund 100 Millionen Euro investieren, um unsere Digitalsparte weiter auszubauen", kündigt G+J-Digitalchef Stan Sugarman an. Geplant ist, dass die Bertelsmann-Tochter hierzu einen eigenen Fonds auflegt. Er soll ein Volumen von rund 50 Millionen Euro besitzen, das sich aus Barmitteln und Media for Equity zusammensetzt. Sugarman will mit den Geld in vier Bereiche investieren. Dazu zählt er die "Community of Interest"-Sparten Living, Food, Parenting sowie die digitale Vermarktung auf.
Geplant ist, dass der G+J-Fund, der eine Art Risikokapital-Fonds darstellt, Minderheitsbeteiligungen eingeht. Dabei sollen sich die Investments logisch in die Markenwelt des Printhauses einfügen. Sugarman ist sich dabei bewusst, dass sich nicht jeder Zukauf rechne. Sollte die Beteiligungen nicht den Wachstumserwartungen entsprechen, sei man jederzeit bereit, sich von ihnen zu trennen wie beispielsweise beim Engagement von Tausendkind.de. Dass sich Gruner + Jahr an Unternehmen in einer frühen Phase beteiligt, ist verständlich. Hier sind die Kaufpreise niedrig, das Investment also finanziell überschaubar. Verantwortlich für die Auswahl der Akquisitionen ist vor allem Arne Wolter, als stellvertretender G+J-Digitalchef rechte Hand von Sugarman. Geführt werden soll der neue G+J-Fonds von einem Branchenexperten, der bereits über Erfahrungen Medienbereich verfügt. Der Name des Managers soll demnächst bekannt gegeben werden.
Mit dem Start-up-Fund plant die Bertelsmann-Tochter, den Umsatz im Digitalbereich mittelfristig weiter zu erhöhen. "Ziel ist es, in den nächsten zwei Jahren den Digital-Anteil am Gesamtumsatz der G+J-Kernmärkte auf 25 Prozent zu steigern", so Sugarman. Derzeit bewegt sich dieser Anteil bei 17 Prozent. Das Digitalgeschäft von G+J bezeichnete der Manager als "profitabel". Langfristig solle die Sparte zu einem wichtigen Ergebnisträger des Medienhauses werden. G+J-Chefin Julia Jäkel sei deshalb auch bereit, abschreibungsbedingt ein geringeres Ergebnis von G+J zu akzeptieren, heißt es.
Bereits im vergangenen Jahr habe das Hamburger Verlagshaus rund 100 Millionen Euro in das Digitalgeschäft investiert. Davon entfielen rund 60 Prozent auf Akquisitionen und 40 Prozent auf organisches Wachstum. In den nächsten beiden Jahren soll sich das Verhältnis weiter zugunsten von Zukäufen verschieben. So plant Sugarman, rund 80 Prozent in den Erwerb von Gesellschaften zu strecken. Als ein erstes Investment kündigt der G+J-Digitalchef an, alle Anteile an der Plattform Delinero zu erwerben. Bislang hält Gruner + Jahr hieran einen Anteil von 26 Prozent. Das derzeitige Management soll auch nach der vollständige Übernahme aller Anteile an Bord bleiben. Geplant ist auch der Ausbau von Eigenentwicklungen. In Kürze will der Verlag bekanntgeben, einen Marktplatz im Bereich Parenting aufzubauen.
Auch die Einrichtungsplattform Roomido will Sugarman auf neue Standbeine stellen. Vorgesehen ist, die Internetplattform in eine eigene Gesellschaft einzubringen. Damit will Sugarman das Wachstum von Roomido vorantreiben. Der Ausbau dieser Plattform ist nicht das einzige Investment in der Living-Community. "Wir wollen kräftig in den E-Commerce-Bereich investieren und uns hier vor allem auf das Living-Segment konzentrieren", unterstreicht der G+J-Geschäftsmann. Große Wachstumschancen sieht auch in der Beteiligung an Trnd, der nach eigenen Angaben größten Community für Mitmach-Marketing. Im vergangenen Jahr sei der Umsatz der Gesellschaft, die in 19 Ländern aktiv sei, um 50 Prozent gestiegen. Wolter bezifferte den Umsatz auf deutlich mehr als zehn Millionen Euro.
Als einen großer Ergebnisträger sieht Sugarman Chefkoch.de, Plattform für Rezepte und Food-Konzepte. Die Webseite erwirtschafte nach Angaben von Wolter mehr Geld als die Webseiten von Bild.de, Welt.de, Spiegel.Online und Süddeutsche.de zusammen. Geplant ist, diese Plattform weiter auszubauen. Möglich ist, dass User über Chefkoch.de auch Waren nach Hause geliefert bekommen. Hierzu würde Gruner + Jahr aber einen Dienstleister einschalten. Denn Sugarman lehnt es ab, dass der Verlag durch Lagerhaltung und Warenwirtschaft ins Risiko gehe.
Langfristig werde die Bertelsmann-Tochter im Digitalgeschäft mehr Geld mit Zusatzgeschäften und E-Commerce-Plattformen erwirtschaften als mit journalistsichen Produkten. Dennoch werde das Hamburger Unternehmen weiter in seine journalistischen Portale wie Stern.de und Brigitte.de investieren. Geplant ist, dass Stern.de in den nächsten Wochen relauncht werden soll. Eine Schönheitskur von Brigitte.de soll dann im zweiten Halbjahr folgen. Um sich finanziell nicht zu verzetteln, teilt das Magazinhaus seine Webseiten-Welt künftig in zwei Kategorien auf: Content- und Brand-Webseiten. Bei den Content-Webseiten existiere eine eigene Redaktion, die Webseiten mit Inhalten füllt. Bei den Brand-Webseiten fehlt dies. Hier müsste die Print-Redaktion die Inhalte der Webseiten mitliefern.