Ceconomy:
Das langsame Sterben der Marke Saturn
Nach und nach zieht sich Elektronikhändler Saturn aus europäischen Märkten zurück. In Deutschland versuchte die Marke einen Befreiungsschlag. Doch der ist schon jetzt misslungen.
Neues Markenversprechen ("Technik erleben"), neuer Slogan ("Du kannst mehr"), neuer Flagship-Store – Saturn will’s noch einmal wissen. "Wir zeigen, wie Technik den individuellen Lebensstil bereichern kann", sagt Alexander Ewig, Kopf des Media-Markt-Saturn-Marketings. Die Ambition: nicht mehr und nicht weniger als ein Neustart. Pieter Haas, Vorstandsvorsitzender des Mutterkonzerns Ceconomy, unterstrich Mitte Mai auf der Quartalspressekonferenz: "Saturn, das ist mir sehr wichtig, steht nicht zur Diskussion."
Spätestens da war klar: Es steht übel um Saturn. Die Betriebsamkeit der vergangenen Monate ist nichts anderes als Ausdruck der Verzweiflung, das letzte Aufbäumen einer Marke, die den Verantwortlichen unter den Händen wegstirbt.
Saturn nur noch in drei Ländern vertreten
Nirgends wird das deutlicher als im internationalen Zerfall. Dieses Jahr räumt Saturn in Polen das Feld. Die knapp zwei Dutzend Läden gehen in Media-Markt auf. Der Rückzug begann 2011 in Frankreich, als die Holding alle 34 Märkte verkaufte. 2012 wurden in Ungarn aus Saturn-Geschäften Media-Märkte. In den Folgejahren das gleiche Spiel in Belgien, der Schweiz, in Spanien und der Türkei, in den Niederlanden, in Italien; unrentable Häuser schlossen. Künftig ist Saturn nur noch in drei Ländern vertreten: in Deutschland, Österreich und Luxemburg.
Die Marke Saturn ist zu nah an Media-Markt
Saturn krankt an einem schweren Infekt: Die Marke ist diffus bis zur Unkenntlichkeit – und daher leicht zu verwechseln mit ihrer übermächtigen Schwester Media-Markt. "Die Produkte und Services, die beide Marken verkaufen, sind ja weitgehend deckungsgleich", bekennt Marketingchef Ewig. "Steht man im Laden, fragt man sich mitunter: Ist das jetzt Saturn oder Media-Markt?", so Peter Dräger, Experte für Einkaufserlebnisse bei Grey Shopper, Düsseldorf.
Der Markenführung gelang es in der Vergangenheit nicht, für Klarheit zu sorgen. Saturn wie Media-Markt pflegten jahrelang das Schnäppchenimage. "Geiz ist geil" hier, "Ich bin doch nicht blöd" dort. Eine Zeitlang lümmelte die Marke mit dem Ringplaneten-Logo bevorzugt in Science-Fiction-Kulissen herum. Media-Markt betrieb in der Werbung Jux und Tollerei auf Erden, Saturn im All.
Saturns neue Markenpositionierung versucht den Befreiungsschlag. Sie will "Geiz ist geil" vergessen machen – und baut dabei auf die Agentur, die ihr den spektakulär erfolgreichen Slogan eingebrockt hat: Jung von Matt.
Warum der Befreiungsschlag schon jetzt misslungen ist, warum das Ende der Marke Saturn strategisch Sinn ergibt und finanziell lohnt, kurz: warum das Aus unausweichlich ist – das beleuchtet die aktuelle W&V 22/2018.