
Data Marketing in der Modebranche:
Customer Centricity soll Gerry Weber retten
Das schwer angeschlagene Modeunternehmen will mit strikter Kundenfokussierung und Digitalisierung nach innen und außen die Kehrtwende schaffen.

Foto: Gerry Weber
Vertikalisierung lautet das neue Motto des Familienunternehmens Gerry Weber. Vorstandschef Ralf Weber und Sohn des Gründers Gerhard stellt das neue "Performance-Programm für nachhaltig profitables Wachstum" vor. In allen Prozessen will sich das westfälische Textilunternehmen näher am Kunden orientieren, Marktforschung und Marketing bekommen mehr Gewicht.
Dafür wird an anderer Stelle massiv gespart. Bis zu 150 Vollzeitarbeitsplätze sollen in der Zentrale und in der Logistik wegfallen. Bereits 2016 strich Weber die Belegschaft um rund zehn Prozent zusammen.
Diese Sparrunde hatte offensichtlich noch nicht das gewünschte Ergebnis, die seit Jahren erhoffte Trendwende lässt weiter auf sich warten. Neben dem Stellenabbau musste Weber auch einen kräftigen Einbruch des Nettogewinns fürs erste Halbjahr 2017/18 um 94 Prozent auf nur noch 0,1 Millionen Euro bekanntgeben.
Der Umsatz lag in diesem Zeitraum bei 405 Millionen Euro, nur unwesentlich niedriger (- 5 Prozent) als im Vorjahreszeitraum. Dabei liefert die Marke Hallhuber sehr ordentliche Wachstumsraten, während das Kerngeschäft mit den Marken Gerry Weber, Taifun, Samoon und Talk about schwächelt.
Wo Gerry Weber umbauen will
Das jetzt vorgestellte Maßnahmenpaket führt in diesem Jahr zu Sonderbelastungen von rund 15 Millionen Euro. Weber hofft, auf diesem Weg die Umsätze in den nächsten drei bis fünf Jahren deutlich steigern und die Kosten erheblich senken zu können.
In diesen acht Bereichen will sich Gerry Weber reformieren:
- Produktentwicklung,
- Beschaffung,
- Retail,
- Wholesale,
- Logistik,
- IT,
- Support
- und Digital.
Das übergeordnete Ziel: schneller auf kurzfristige Entwicklungen und modische Trends zu reagieren.
"Die Änderung unseres Geschäftsmodells ist eine Revolution für Gerry Weber. Wir verändern unsere Denk- und Arbeitsweise grundlegend: weiter vertikalisiert und voll auf die Kundin ausgerichtet. Wir werden schneller, flexibler und zugleich moderner, " sagt Weber.
Für die Produktentwicklung bedeutet das etwa, dass Datenanalytik mehr Gewicht bekommt und Marktforschungsergebnisse stärker einfließen. In diesem Zuge werden Partnerschaften mit strategischen Lieferanten ausgebaut. Mit diesen Schritten will der Textilhändler die Warensteuerung verbessern, Preisnachlässe reduzieren und somit die Flächenproduktivität im Retail und Wholesale signifikant erhöhen.
Zugleich plant Weber umfangreiche Marketinginvestitionen, um die Kauf-Frequenzen zu erhöhen.
In allen Bereichen steht die Digitalisierung ab sofort an erster Stelle. Weber will vor allem die Verzahnung aller Verkaufskanäle erreichen. Dazu zählen auch Angebote wie Instore-Ordering und Click and Collect. Außerdem soll die Marke im Netz moderner daherkommen. Ein weiterer Schwerpunkt: Kundenbindung wird groß geschrieben, CRM erheblich ausgebaut.
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am/mit dpa