Markenstrategie:
Christian Senger macht VW zur Software-Company
Der neue Markenvorstand Christian Senger macht aus Volkswagen eine Software-Company. Das Auto wird nur noch ein Stück Hardware sein. Die Geschäftsmodelle beginnen künftig nach dem Autokauf.
Christian Senger ist seit einem Jahr in Wolfsburg auf Vorstandsebene verantwortlich für die Entwicklung zum digitalen Fahrzeug. Auf der Münchner Automobilwoche-Konferenz #SmartDataCarData erklärt Senger die Pläne für eine digitale Revolution.
Der Volkswagen-Konzern durchlebt gerade eine unvergleichbare Transformation. Aus dem Diesel-Sünder wird ein Vorreiter beim Thema Elektromobilität und nachhaltiges Wirtschaften. Doch dieser gigantische Wandel wird durch einen parallelen Wandel noch getoppt.
Christian Sengers These: Der Wandel zum Software-basierten Unternehmen ist noch schwieriger als die Elektro-Transformation.
Was heißt das?
- Volkswagen entwickelt ein eigenes Betriebssystem über alle zwölf Marken des Konzerns hinweg – in Verbindung mit der Cloud.
- Der Eigenanteil der von Volkswagen eingesetzten Software beträgt derzeit unter zehn Prozent. Bis 2025 soll aber mehr als 60 Prozent der Software selbst entwickelt worden sein.
- Die Zahl der strategischen Partner soll auf rund zehn reduziert werden.
Der "Schlüssel zur Transformation" sei ein Plattform-Ansatz, sagt Senger. Dabei geht es darum, innerhalb des Konzerns Synergien zu heben. Das verdeutlicht folgender Vergleich: Während das Betriebssystem eines Smartphones heute mit rund zehn Millionen Code-Zeilen auskommt, ist die Zahl der Code-Zeilen für eine Auto-Software etwa zehnmal so umfangreich.
Der VW-Markenvorstand spricht von einer "nicht mehr beherrschbaren Komplexität", die dazu führe, dass die Zeit von der Entwicklung eines Fahrzeugs bis zu seiner Marktreife zu lang ist.
"Wir dürfen nicht mehr Zeit verschwenden, Infrastruktur zu managen. Sondern wir müssen unsere Zeit darin investieren, Kundenzufriedenheit zu managen", mahnt Senger.
Die neue Car-Software-Einheit von Volkswagen
Die Mammut-Aufgabe soll auch über langfristige Partnerschaften gestemmt werden. Diese Partner müssten "ganz neue Eigenschaften" aufweisen, aber man brauche "nicht mehr so viele". Senger spricht von "zehn wirklich großen" Partnern. Auf Nachfrage, ob Volkswagen künftig mit Googles Android-System kooperiert, sagte Senger "doch, vielleicht, bald". Cloud-Partner der Wolfsburger ist Microsoft, die VW auch beim Thema Schulung und Change Management unterstützen.
Die neue Car-Software-Einheit von Volkswagen soll bis 2025 auf 10.000 Mitarbeiter anwachsen. 50 Prozent der Mitarbeiter werden aus der EU kommen, 30 Prozent aus China und jeweils zehn Prozent aus den USA sowie aus Israel und Indien.
Senger sieht das Auto in der Nachfolge von PC und Smartphone, die beide bereits einen Sättigungsgrad erreicht hätten. Nun hätten junge Entwickler die Möglichkeit, Pionierleistungen zu vollbringen und in einem "Magic Moment" dabei zu sein. "Wir müssen cooles Zeug machen", sagte Senger.
Für das Geschäftsmodell der Volkswagen-Marken bedeutet das: Das hauptsächliche Geschäft endet nicht mit dem Kauf eines Autos, sondern beginnt dann erst. Künftig wird das Auto ein Stück Hardware sein, auf das nach dem Kauf zusätzliche Optionen digital aufgespielt werden können.