Doch so einfach ist es nicht. Jeder Juror ist nicht zuletzt ein emotionales Wesen, das nicht grundlegend anders reagiert als der Endverbraucher. Und sich nicht nur allzu gern von etwas begeistern lässt. Und genau das wollen die Award-Streifen. Und versuchen den Betrachter zu überlisten. Kassaei: "Ich habe es zu oft erlebt, dass sogar gestandene Juroren in die Falle reintappen und sich in einen Casefilm verlieben, der gut geschnitten, mit guter Musik hinterlegt ist und angebliche Erfolgszahlen vorweist. Sie erkannten nicht mal, dass die eigentliche Idee drittklassig war."

Harte Kritik - die aber nicht generell von der Hand zu weisen ist. Auch andere Top-Kreative stehen den Awardfilmchen ambivalent gegenüber. So Niels Alzen von Scholz & Friends. Der Kreativvorstand und erfolgreiche Opel-Werber tut sich schwer damit, für oder gegen die Filme Position zu beziehen. Aber zufrieden ist er mit dem Status Quo nicht. Anders Stephan Vogel: "Gute Juroren lassen sich von schönen Casefilmen nicht blenden", sagt er. "Man schaut kritisch drauf und dahinter. Wenn Idee, Umsetzung oder Zahlen nicht konsistent sind, kommen Zweifel auf. Man checkt dann via Google noch mal, ob das Ding wirklich so einen Buzz generiert hat, wie der Film behauptet. Und dann ist der Case tot, so schön der Film gemacht sein mag."

Was in den Augen des ADC-Chefs aber am meisten zählt: Ohne die Awardfilme hätten es gerade die deutschen Agenturen im Ausland schwer zu punkten. Denn wer außerhalb Deutschlands kennt Marken wie Hornbach oder Schöffel? Oder Konzepte wie das Reinheitsgebot oder das Bausparprinzip? "Hier brauchen wir Casefilme, um den Südamerikanern, den Asiaten unsere Kultur, unseren Kontext, unsere Marken zu vermitteln. Alles andere ist Blödsinn", sagt Vogel.

Wirklich?


Peter Hammer
Autor: Peter Hammer

Er begleitet seit vielen Jahren redaktionell die Agentur-Branche, kennt noch die Zeiten, als Werbung "sexy" war und mancher Protagonist wie ein Popstar gefeiert wurde. Das Hauptaugenmerk gilt aktuell den Themenfeldern "Agenturstrategie" sowie "Etats & Pitches". Vor allem interessieren ihn innovative Geschäftsmodelle und Konzepte, mit denen die Branche erfolgreich auf die permanenten Veränderungen in der Kommunikation reagieren kann.