
Bundestrojaner entfacht Datenschutzdebatte aufs Neue
Wirbel um den Trojaner: Der Chaos Computer Club (CCC) hat am Wochenende auf einen Bundestrojaner hingewiesen, den er geknackt hat. Grundlagen waren mehrere Festplatten, die der Verein anonym zugeschickt bekommen hatte. Der Bund dementiert eine Beteiligung.
Wirbel um den Trojaner: Der Chaos Computer Club (CCC) hat am Wochenende auf einen Bundestrojaner hingewiesen, den er geknackt hat. Grundlagen waren mehrere Festplatten, die der Verein anonym zugeschickt bekommen hatte. Mit dem Schadprogramm könnten die Aktivitäten der Belauschten nachvollzogen werden - was einem "Großen Lauschangriff" entsprechen würde, so der Vorwurf der Hacker.
CCC-Sprecher Frank Rieger sagte: "Die untersuchten Trojaner können nicht nur höchst intime Daten ausleiten, sondern bieten auch eine Fernsteuerungsfunktion zum Nachladen und Ausführen beliebiger weiterer Schadsoftware." Das Bundesinnenministerium dementiert bereits: Zumindest das Bundeskriminalamt (BKA) habe keinen "Bundestrojaner" eingesetzt. "Was auch immer der CCC untersucht hat oder zugespielt bekommen haben mag, es handelt sich dabei nicht um einen sogenannten Bundestrojaner", so ein Sprecher. Aber: Darüber, ob weitere Behörden oder Länder, die eigenständig für die Sicherheit verantwortlich sind, dies Programm benutzt haben könnten, machte das Ministerium keine Angaben.
Der CCC wies darauf hin, dass der Einsatz einer solchen Software gegen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Februar 2008 verstößt, das der Telekommunikationsüberwachung enge Grenzen setzt. Das heimliche Ausspähen eines Computer-Anwenders zur Gefahrenabwehr ist demnach nur zulässig, wenn es klare gesetzliche Regeln dafür gibt. Außerdem muss die Aktion der "Abwehr einer konkreten Gefahr für ein überragend wichtiges Rechtsgut" dienen und durch einen Richter angeordnet werden. Grüne, FDP und die Piratenpartei forderten eine Aufklärung und ein Einsatzverbot für den "Bundestrojaner". Der CCC spricht von einer "heimlichen Ausweitung klar in den illegalen Bereich".
Nach der Analyse des Vereins können mit dem Überwachsprogramm nicht nur Internet-Telefonate belauscht, sondern auch Bildschirmfotos von Inhalten des Webbrowsers oder von Chat- und E-Mail-Programmen gemacht werden. Es geht noch weiter: Auch niemals versendete Nachrichten oder Notizen könnten so kopiert werden. "Intime Notizen gehörten aber zu dem strikt geschützten Kernbereich, den das Bundesverfassungsgericht bewahrt sehen wollte", so CCC-Sprecher Rieger in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Daneben warnt der CCC auch davor, dass sich mit der Software Sicherheitslücken auftun würden, die von Dritten ausgenutzt werden könnten. (dpa/aj)