Tests in Betaphase:
Blendle weiß: Beim E-Paper zählen Qualität und Länge
Unter den zehn meistgelesenen Stücken in der Betaphase des am Montag startenden Portals Blendle sind Interviews, Analysen und Essays. Und die User zahlen mehr als gedacht.
Die ersten deutschen Nutzer des digitalen Zeitungskiosks Blendle mögen vor allem gut recherchierte Texte. "Qualitätsjournalismus wird bei uns besser angenommen als Boulevardzeitungen", sagt Mitgründer Alexander Klöpping in der Wochenzeitung "Die Zeit". Unter den zehn meistgelesenen Stücken des Portals sind Interviews, Analysen und Essays. Texte aus der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (FAS) wurden demnach im Zeitfenster der so genannten Betaphase - mit ausgewählten Kunden vor dem offiziellen Start - wesentlich mehr gelesen als solche aus der "Bild am Sonntag" (BamS). Das belegen erste aktuelle Zahlen, die der "Zeit"-Redaktion vorliegen. Ähnliches lasse sich auch fürs Lokale feststellen, heißt es: Artikel aus dem "Berliner Tagesspiegel" werden öfter gekauft als die aus der "BZ".
"Blendle ist keine Plattform für schnelle Nachrichten", sagt Klöpping der "Zeit", die bei Blendle vertreten ist. Weitere Details: Die deutschen Leser mögen vor allem lange Texte. Im Schnitt lesen sie Artikel mit 1000 bis 1500 Wörtern; das entspricht mehreren DIN-A4-Seiten. In den Niederlanden – wo Blendle vor gut einem Jahr startete und inzwischen 400.000 Nutzer hat – bevorzugen die Leser dagegen wesentlich kürzere Texte. Am meisten überrascht habe Klöpping, wie viel Geld die deutschen Nutzer für Journalismus ausgeben – oder wie optimistisch sie auf das Onlineangebot zugehen: Sehr viele hätten innerhalb der ersten Stunde nach Anmeldung ihren Account mit 50 Euro aufgeladen. In den Niederlanden waren es nur zwischen fünf und zehn Euro. Am kommenden Montag startet Blendle offiziell in Deutschland.
Übrigens: Die Zeitschriftenverleger im VDZ haben am Mittwoch auf dem 7. Distribution Summit in Hamburg die neue Grundlagenstudie "Digitales Lesen von Zeitungen/Zeitschriften" vorgestellt. Die von Media Market Insights (MMI), der Marktforschung von Hubert Burda Media, durchgeführte Studie soll eine Basis schaffen, um "potenzielle E-Paper-Käufer besser zu erreichen". Die Studie kommt zum Ergebnis, dass die digitalen Angebote als inhaltlich attraktiv, "ihre Bezeichnung aber oft als verwirrend und ihre Bestellung als umständlich empfunden" werden. Im Hinblick auf Bildqualität, Suchfunktionen, Lesezeichen, Bedienung und Archivierung bewerten die meisten Befragten die digitalen Ausgaben als sehr positiv, "wenngleich auch ein Stück Device-abhängig", wie es heißt. "Das Lesen auf dem Smartphone wird als noch zu anstrengend erlebt, wobei der Trend zu größeren Handys, so genannten Phablets (Mischung aus Smartphone und Tablet) den Verlagsangeboten entgegenkommen dürfte", so die Analyse.
Förderlich ist: Plattform-abhängige Punkte, wie zum Beispiel möglichst viele Zahlmöglichkeiten, wenig Klicks bis zum Lesevergnügen, klare Kommunikation von Datensicherheit und auch Datenvolumen sowie die Auffindbarkeit von Einzelausgaben, die teils optimiert werden könnten. "Ein Hemmnis für potenzielle Digital-Leser sind die vielzähligen Benennungen für aus Nutzersicht ähnliche Produkte", heißt es. Das Potenzial für mehr digitale Zeitschriften und Zeitungen sei in Deutschland jedenfalls da: Deutschland belegt demnach mit rund 523 Millionen Umsatz für E-Publishing jährlich Rang vier hinter den USA (4,8 Milliarden Euro), Japan ( 992 Millionen Euro) und Großbritannien (794 Millionen Euro). Die Studie wird hier hinterlegt.