Online-Mediaplanung:
Amazon kann Facebook und Google gefährlich werden
200 Prozent Plus im vergangenen Jahr, für 2019 ein Zuwachs von 150 Prozent: Amazons Werbegeschäft wächst enorm. Dienstleister wie Factor-a und Finc3 profitieren.
Die Werbeumsätze, die Amazon 2018 in Deutschland eingefahren hat, liegen um die 200 Prozent höher als im Vorjahr. Insider sprechen von rund 750 Millionen Euro, die am Ende in die Kassen geflossen seien. Für dieses Jahr gibt es keine Anzeichen, dass es anders verlaufen wird. Dieses enorme Plus spiegelt sich bei den Spezialisten wider.
Für Marc Aufzug, Geschäftsführer der Amazon-Agentur Factor-a, wäre in diesem Jahr eine erneute Verdoppelung oder gar eine Verdreifachung keine absurde Prognose. "Es ist nicht ausgeschlossen". Er leitet dies schlicht aus den Planungen seiner Kunden ab.
Die Testphase ist seiner Ansicht nach vorbei: "Aus vielen sechsstelligen Etats werden in diesem Jahr siebenstellige". Steigerungen um den Faktor fünf oder zehn seien keine Ausnahme. Der Hauptgrund liegt in der Suchwerbung auf Amazon. Mehr als die Hälfte aller Suchanfragen für Produkte beginnt inzwischen auf Amazon.de und nicht mehr bei Google.
Daneben wächst das Geschäft mit Displayanzeigen im restlichen Web, das auf Amazon-Daten basiert. Allen voran Retargeting. Wenn sich Nutzer Produkte ansehen, vielleicht sogar in den Warenkorb legen, aber nicht kaufen – dann spielt Amazon diesen Nutzern irgendwo im Web einfach eine Anzeige mit diesem Produkt erneut ins Sichtfeld. Das funktioniert.
Aber auch ganz simpler Branding-Werbung verhelfen Amazon-Daten zu mehr Effektivität. Kaum jemand kann die Kaufintentionen besser ableiten, als der Onlinehändler. Der Boom liegt aber auch an Amazons Werbetechnik. Der Riese habe binnen eines Jahres einen großen Schritt voran gemacht, sagt Aufzug. Noch bis vor einem Jahr seien die Möglichkeiten vergleichsweise "bescheiden" gewesen.
Aufschwung für Amazon-Spezialisten
Die Nummer zwei im Markt, Finc3, beobachtet ähnliche Trends. Geschäftsführer Jan Bechler bestätigt die enorme Prognose zum Marktwachstum. Das wirkt sich auch konkret auf die Agentur aus. Finc3 zählt rund 65 Mitarbeiter – eine Zahl, die wie die Agenturumsätze vermutlich bis Jahresende um 30 Prozent steigen dürfte.
Amazons enorme Umsatzsprünge müssen zwangsläufig zulasten andere Kanäle gehen. Selbst Google dürfte die Verwerfungen spüren. Ein Teil der zuletzt grob geschätzten deutschen Suchumsätze von 3,8 Milliarden Euro dürfte in diesem Jahr Richtung Amazon wandern. Daneben dürfte auch Facebook Federn lassen. Wenn es um Abverkauf geht, mag Facebook gute Ergebnisse liefern, Amazon ist allerdings deutlich näher am Kaufprozess.
Spannend werden auch die Auswirkungen auf den Display-Markt. Amazon wird für seine Werbekunden deutlich mehr Werbeplätze auf Basis der eigenen Daten automatisiert aufkaufen. Das kann durchaus zu einem spürbaren Plus bei deutschen Vermarktern führen.
Nur unterscheidet sich das Werbegeschäft über Amazon von klassischer Onlinewerbung deutlich. Denn hier hängt in der Regel ja auch die Verkaufsplattform dahinter. Insofern muss eine Agentur nicht nur die Display- und Suchwerbung beherrschen, sondern auch die Produktdarstellung, Rezensionen, das Pricing und die Logistik verstehen und beherrschen. Holistische Lösungen von der Stange gibt es nicht.
Der Markt für Amazonspezialisten ist nach wie vor überschaubar. Als größte Agentur in Deutschland gilt Factor-a mit etwa 125 Mitarbeitern. Der Großteil hat seinen Sitz in Köln. Daneben gibt es auch Büros in Boston, Paris, Kopenhagen, London, Amsterdam und Zürich – alle seit Mai 2018 entstanden. Seinerzeit hatte sich Factor-a der niederländischen Agenturgruppe Dept angeschlossen.
Daneben gelten die Hamburger von Finc3 als weiterer großer Spezialist, neben einer Reihe kleinerer Anbieter. Network-Agenturen sind mit Amazon-Marketing immer noch im Aufbau. Aber Holdings wie Dentsu, Publicis und Group M müssen nachziehen.
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