
Umfrage unter Händlern:
Aldi Nord & Süd: "Wir sind in der Krise zusammengerückt"
Die Coronakrise könnte den Handel nachhaltig verändern. W&V hat nachgefragt, wie sich Händler auf die neue Situation einstellen, welche Verkaufsstrategie sie in der Krise fahren und wie sie jetzt werben.

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Als Lebensmittelhändler gilt Aldi in der Coronakrise als systemrelevant. Auch wenn sich der Discounter damit in einer deutlich komfortablen Situation als die meisten anderen Händler befindet, zieht das seine Herausforderungen mit sich. Das Arbeitspensum in den Filialen stieg deutlich an. So stark, dass McDonald's kurzfristig aushalf und Burgerbrater zum Regaleeinräumen schickte.
Außerdem wurde die ursprüngliche Kampagne zum Großteil durch eine der Situation angepasste ersetzt. All das hatte intern einen Effekt, den wir gerade überall auf der Welt sehen. Beide Seiten sind noch enger zusammengerückt. W&V hat mit Sabine Zantis, Managing Director Marketing and Communications bei Aldi Nord, sowie Christian Göbel, Director Marketing Strategy bei Aldi Süd, über ihre Strategie in der Coronakrise gesprochen.
Frau Zantis, Herr Göbel, inwieweit haben Sie die Werbemaßnahmen kurzfristig angepasst?
Sabine Zantis: Die außergewöhnliche und für uns neue Situation hatte natürlich auch Auswirkungen auf unsere Marketingmaßnahmen. Aufgrund der Corona-Krise haben wir laufende Kampagnen durch andere, an die Zeit angepasste Kampagnen, ersetzt. Relativ kurzfristig haben wir beispielsweise die Preiskampagne „Aldi Preis, Preis Baby“ auf ein Minimum reduziert. Anstelle dessen mussten neue Maßnahmen her, die zum einen nach innen unsere Mitarbeiter stärken und zu Zusammenhalt aufrufen. Zum anderen wollten wir unseren Kunden signalisieren, dass wir auch in der Krisen-Zeit als Versorger für sie da sind. Daraus ist gemeinsam mit unseren Teams und Agenturpartnern die Kampagne #GemeinsamGehtAlles entstanden.
In welchem Maße schichten Sie ihr Budget um?
Christian Göbel: In der akuten Krisensituation war es für uns das Wichtigste, im Sinne unserer Kunden schnell zu reagieren. Budgetplanungen sind dann erst einmal zweitrangig für uns, da es darum geht, auch in der Kommunikation unseren Kunden das anzubieten, was sie sich von ihrem Aldi wünschen: Transparenz und die richtigen Informationen zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Wir haben schnell gemerkt, dass unsere Kunden zahlreiche Fragen zu den veränderten Einkaufsbedingungen haben. Darüber möchten wir Sie aufklären und ihnen Sicherheit geben, über alle Touchpoints hinweg.
Wie glauben Sie wird die Coronakrise die Werbung in Deutschland verändern?
Christian Göbel: Die Corona-Krise hat dazu geführt, dass wir den Fokus unserer Werbung und unsere Botschaften angepasst haben. Mehr als sonst müssen wir schnell verstehen, was unsere Kunden brauchen und sie mit notwendigen Informationen versorgen. Das trifft beispielsweise auf Warenverfügbarkeit, Öffnungszeiten oder Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen in unseren Märkten zu. Im Rahmen unserer Solidaritätskampagne #GemeinsamGehtAlles war es uns wichtig, zu Zusammenhalt, Solidarität, Respekt und Dankbarkeit aufzurufen. Wir wollten zeigen, dass jeder auf seine Weise einen Beitrag leisten kann.
Sabine Zantis: Auch unsere Osterkampagne haben wir an die aktuelle Situation angepasst und gezeigt, wie man sich die Feiertage auch zu Hause im engsten Kreis schön gestalten kann und trotzdem mit der Familie und Freunden in Kontakt bleibt: zum Beispiel mit einem gemeinsamen Essen, Video-Telefonaten oder digitalen Umarmungen und Ostergrüßen. Um einfach und unkompliziert mit Familie und Freunden in Kontakt zu bleiben, haben wir unseren Kunden zudem eine 2-für-1-Aktion im Rahmen von Aldi Talk angeboten. Bei weiteren anstehenden Kampagnen werden wir natürlich immer wieder prüfen, wie unsere Botschaften zur Situation passen und unseren Kunden zeigen können: Aldi ist für euch da.
Wie arbeitet Ihre Marketingabteilung seit dem Ausbruch des Coronavirus?
Christian Göbel: Die Marketingabteilungen von Aldi Nord und Aldi Süd sind durch die Corona-Krise insgesamt enger zusammengerückt. Flexibilität, schnelle Entscheidungen und agiles Arbeiten waren für uns das Gebot der Stunde. Wir konnten die Kampagne #GemeinsamGehtAlles als Dach für neue kurzfristige Maßnahmen nutzen. Damit das gut funktioniert, haben wir in vielen Calls und Videoschaltungen zusammengearbeitet. Das Geheimnis für diese erfolgreiche Zusammenarbeit ist aber nur eins: Alle ziehen an einem Strang und haben dasselbe Ziel im Blick.
Inwieweit wird es die Art der Zusammenarbeit auch nach der Krise verändern?
Sabine Zantis: Auch intern haben sich natürlich bei uns in den letzten Wochen einige Abläufe geändert. Viele Kolleginnen und Kollegen arbeiten zum Beispiel im Homeoffice. Wir konnten aber sehr schnell alle Abläufe und Strukturen auf diese neue Art des Zusammenarbeitens anpassen. So haben wir kurzfristig gemeinsam mit unserer Lead-Agentur eine Task Force gegründet. Und auch in den verschiedenen Teams wurde der Großteil der Meetings in Telefon- oder Video-Calls umgewandelt. Inwiefern sich die Arbeitsweisen nachhaltig verändern werden, können wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen.
Was ist Ihr persönlicher Tipp für Unternehmen, um die Krise gut zu überstehen?
Sabine Zantis: Auch, wenn es manchmal schwerfällt, so macht es Sinn, in solchen Zeiten zunächst Ruhe zu bewahren und dann zu handeln. Die Zusammenarbeit im Team war von Anfang an von Transparenz, Vertrauen und Offenheit geprägt. So konnte das gesamte Team unkompliziert, schnell und flexibel auf die neue Situation reagieren. Was dabei geholfen hat, war ein regelmäßiger Austausch. Alle relevanten Ansprechpartner haben wir zwei- bis dreimal am Tag in verschiedenen Calls zusammengeholt. So hatten alle kontinuierlich das gleiche Ziel im Blick und konnten die notwendigen nächsten Schritte gehen.
Christian Göbel: Darüber hinaus erfordern solche Krisen-Situationen mehr denn je Zusammenhalt. So haben wir als Marketingabteilungen verstärkt zusammengearbeitet und versucht Synergien zu nutzen. Insgesamt hat sich das als sehr positiv erwiesen.