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Abschied von der Kundenseite: Warum wieder Agentur?
Ingo Kahnt war Marketingleiter bei Toyota und wechselte wieder zurück auf Agentur-Seite. Ein Interview mit dem Marketing Director von Newcast.

Foto: Publicis
"Wir müssen uns konsequent auf die Bedürfnisse der Millenials einstellen" - sagt Ingo Kahnt, Marketing Director der Publicis-Tochter Newcast. Er hat die Gegenbewegung vollzogen, die so oft die Agenturbranche erfasst und wechselte nicht zu einem Unternehmen, sondern von Kunden- zurück auf Agenturseite. Wir wollten wissen, was das Agenturleben so unverwechselbar macht. Und was die Agenturen tun können, um für Junge wieder attraktiver zu werden.
Sind Sie das erste Mal auf Agenturseite?
Mein Weg hat ursprünglich auf Agenturseite begonnen. Nach mehr als 10 Jahren, die ich in verschiedenen Agenturen verbracht habe, bekam ich das Angebot auf Kundenseite zu wechseln. Das Angebot als Leiter Marketingkommunikation zu Toyota zu gehen, fand ich sehr spannend. In den fünf Jahren auf Kundenseite habe ich definitiv eine Menge gelernt. Dennoch hat es mich wieder in die Agentur gezogen.
Warum ist eine Agentur trotzdem attraktiver?
Die Zahlungskraft der Industrie als Arbeitgeber muss man sicher relativieren. Denn in der Regel sind lediglich die Einstiegsgehälter höher. Die Entwicklungen danach sind aber meist limitiert und durch Tarif- oder Unternehmensrichtlinien eingeschränkt. Auf Agenturseite gibt es für ambitionierte und talentierte Mitarbeiter deutlich mehr Entwicklungs- und Karrieremöglichkeiten. Aber auch abseits davon ist das Arbeiten in Agenturen ein ganz anderes. Flache Hierarchien, nachvollziehbare Entscheidungen, hohe Eigenverantwortung sind zusätzliche Argumente und Motivatoren. Und nicht zuletzt ist und bleibt die Stimmung in Agenturen etwas ganz Besonderes.
Was macht neben dem Gehalt den Arbeitsplatz auf Kundenseite attraktiv für viele Wechsler, die umgekehrt zu Ihnen zum Unternehmen wechseln?
Häufig ist die Hoffnung auf einen ruhigeren Job und geregelte Arbeitszeiten ein Antrieb für den Wechsel auf Unternehmensseite. Dies ist in der Realität aber immer seltener der Fall. Unternehmen stehen heute ebenfalls unter einem ungeheuren Effizienzdruck und verschlanken Ihre Teams. Die Folge sind hochbelastete Mitarbeiter und längere Arbeitszeiten.
Was könnten Agenturen und Dienstleister tun, um ihrem eher ramponierten Image als Arbeitgeber zu entkommen?
Wir müssen uns weiter konsequent auf die Bedürfnisse der Millenials einstellen. Diese Zielgruppe verlangt andere Arbeits- und Entwicklungsbedingungen, als wir sie früher in den Agenturen bedient haben. Wir innerhalb der Publicis Media haben uns hierauf schon in vielen Bereichen hervorragend eingestellt. Die Lern-, Austausch- und Entwicklungsbereiche sind genauso darauf ausgerichtet, wie die zunehmende Flexibilisierung von Arbeitszeit und Ort. Millenials stellen nicht nur zahlenmäßig das größte Potenzial dar, sondern sind auch extrem kommunikationsfreudig. Hier liegt der Schlüssel zum Erfolg. Die Regeln für die Berufswahl haben sich verändert – Social Media und Internet haben den Berufsberater ersetzt. Diesen Effekt muss man auch als Arbeitgeber nutzen.
Welche Benefits schätzen Sie besonders an Ihrem Arbeitgeber? Den Kicker? Das Sabbatical?
Der Agenturkicker ist mehr ein Überbleibsel und stellt sicher nur noch einen netten Nebeneffekt dar. Die wahren Beweggründe liegen tiefer. Wir sind Nummer 1 bei der digitalen Transformation und bekommen faszinierende Möglichkeiten, vielfältige Entwicklungen vorneweg zu begleiten. Bei uns hat man viel mehr Gestaltungsmöglichkeiten und Eigenverantwortung. Der wertvollste Aspekt ist aber das Thema Kollaboration. Das Zusammenarbeiten in flexiblen Teams mit gegenseitiger Wertschätzung und Respekt gegenüber dem Wissen des Anderen wird immer wichtiger und bei uns schon lange gelebt.