AWA stellt Printwelt auf den Kopf: Internetfreaks als die Treiber der Printmedien
Ausgerechnet Zielgruppen, die intensiv im Internet unterwegs sind, lesen wieder mehr. Das ist nicht die einzige Erkenntnis, mit der die AWA 2011 zur intermedialen Großversöhnung beitragen könnte. Und die Gewinner und Verlierer nennt W&V Online natürlich auch.
Gute Stimmung in der Verlagsbranche: Die Reichweiten der Printmedien sind in den letzten zwölf Monaten gestiegen. Laut AWA 2011 erzielten die Zeitschriften gegenüber dem Vorjahr insgesamt 0,7 Prozent mehr Gesamtkontakte - das ist über alle Titel gerechnet ein Plus von 2,4 Millionen Lesern pro Ausgabe.
Besonders stark legt Print bei einer Zielgruppe zu, die eigentlich das Totenglöcklein der Printmedien ertönen lassen müsste: nämlich diejenigen, die das Internet intensiv nutzen. Bei dieser Klientel steigen die Reichweiten der Printmedien gegenüber dem Vorjahr sogar um 8,2 Prozent. Mehr noch: Printmedien sind als Informationsquellen bei mobilen Zielgruppen sehr gefragt: 15 Prozent geben an, sich unterwegs in Zeitungen und Zeitschriften zu informieren, bei Führungskräften sind dies sogar 24 Prozent. Neun Prozent greifen über mobile Endgeräte auf die Portale von Printtiteln zu (Führungskräfte: 21 Prozent).
Gestiegen ist auch der Anteil derjenigen, die Fernsehen sehr intensiv nutzen: Die Zahl der Konsumenten mit einem durchschnittlichen Fernsehkonsum von vier oder mehr Stunden pro Werktag steigt um 0,7 Prozent, die der Drei-Stunden-Nutzer um 0,4 Prozent. Den höchsten Zugewinn an Zuschauern verzeichnet RTL (+ 0,5 Prozent), Kabel Eins legt um 0,4 Prozent zu. Größte Verlierer sind ProSieben (– 0,8 Prozent) sowie Sat.1 und Vox (jeweils – 0,4 Prozent). Internetfreaks und Hardcore-Fernsehzuschauer als die Treiber der Printmedien - wenn das nicht zur intermedialen Großversöhnung führt..
Und was ist mit den Reichweiten im Detail: In den vergangenen Jahren war die Printbranche von rückläufigen Reichweiten geplagt - was die Forscher des Instituts für Demoskopie Allensbach auf die Finanz- und Wirtschaftskrise zurückführen. Vor fünf Jahren hatten die Zeitschriften letztmalig ein Reichweitenplus einfahren können.
Absoluter Gewinner im Print-Ranking ist - wie schon im Vorjahr - die Zeitschrift Landlust, die 730.000 Leser hinzugewinnen konnte. Mit einem Zugewinn von jeweils rund 340.000 Lesern folgen Sport Bild und Bunte auf den Plätzen 2 und 3. Besonders erfolgreich zeigt sich auch Cicero: Der Titel legt um 90.000 auf 420.000 Leser zu - eine Steigerung von satten 27 Prozent.Verloren haben dagegen Titel wie Focus (– 250.000), Stern (– 60.000), Reader´s Digest (– 280.000) und Gala (– 60.000). Insgesamt verlieren die regionalen Abo-Tageszeitungen 610.000 Leser, die Anzeigenblätter verzeichnen ein Minus von 430.000 Lesern.Der Spiegel konnte übrigens zulegen, und zwar um 60.000 Leser. Bei den 14-täglichen Frauenzeitschriften kann nur die Freundin zulegen (+ 90.000), im Segment der monatlichen Frauenzeitschriften können Cosmopolitan (+ 40.000), Elle (+ 70.000), Brigitte Woman (+ 30.000) und Maxi (+ 50.000) überzeugen.
Im Zeichen des Aufschwungs stehen auch die Tageszeitungen. Im Durchschnitt kommen die überregionalen Zeitungen Frankfurter Allgemeine Zeitung, Frankfurter Rundschau, Süddeutsche Zeitung und Die Welt sowie die Wirtschaftszeitungen Handelsblatt und Financial Times Deutschland auf ein Plus von 1,7 Prozent mehr Leser als im Vorjahr. Die Kaufzeitungen - darunter Bild und regionale Titel - legen um 1,9 Prozent zu.
Die positive Entwicklung der Printmedien hängt nach Einschätzung der Forscher auch mit der gestiegenen Lesefreude jüngerer Zielgruppen zusammen: Während der Zeitschriftenkonsum der 14- bis 29-Jährigen in den letzten drei Jahren jeweils rückläufig war, finden sich nun 1,1 Prozent mehr junge Leser als im Vorjahr.
Die Reichweitengewinner bei den Printmedien:
1. Landlust: + 0,73
2. Sport Bild: + 0,34
3. Bunte: + 0,34
4. Ratgeber - Meine Apotheke: + 0,31
5. Bild am Sonntag: + 0,27
6. TV Digital: + 0,26
7. Einkauf Aktuell: + 0,26
8. TV direkt: + 0,24
9. Regionale Kaufzeitungen: + 0,22
10. Frau im Spiegel: + 0,20
11. Der Feinschmecker: + 0,18
12. TV14: + 0,17
13. Freizeit Spass: + 0,17
14. Freizeit Revue: + 0,17
15. Neue Post: + 0,13
16. Das Neue: + 0,13
17. Zuhause Wohnen: + 0,13
18. Zeit Wissen: + 0,13
19. Frau von Heute: + 0,13
20. Senioren Ratgeber: + 0,13
Quelle: AWA 2011, Angaben der Reichweiten in Mio.
Die Reichweitenverlierer bei den Printtiteln:
1. rtv: – 0,39
2. ADAC Motorwelt: – 0,35
3. Prisma Gesamt: – 0,34
4. Reader´s Digest: – 0,28
5. Focus: – 0,25
6. Gruppe Mein Eigenheim: – 0,23
7. Computer Bild: – 0,22
8. Computer Bild Spiele: – 0,22
9. Geo Special: – 0,20
10. Auf einen Blick: – 0,18
11. Tina Koch&Back-Ideen: – 0,18
12. PC Action: – 0,17
13. Super Illu: – 0,17
14. TV Spielfilm plus: – 0,16
15. ADAC Reisemagazin: – 0,15
16. Echo der Frau: – 0,13
17. Wohnen: – 0,12
18. Für Sie: – 0,11
19. Glamour: – 0,11
20. Fit for Fun: – 0,11
Quelle: AWA 2011, Angaben zur Reichweitenveränderung in Mio.
Mit der AWA 2011 wurde die Grundgesamtheit erweitert. Sie umfasst nun neben der deutschen Wohnbevölkerung auch deutschsprachige Ausländer. Dies bedeutet für die aktuelle AWA je nach Region, Zielgruppe und Titel unterschiedlich große Potenzialzuwächse. So erhöht sich die Hochrechnung beispielsweise für die Unter-60-Jährigen in den westlichen Bundesländern und Berlin durch die Berücksichtigung der deutschsprachigen Ausländer um 12,6 Prozent. Dagegen beträgt das Plus bei den Über-60-Jährigen in den östlichen Bundesländern lediglich 0,6 Prozent.