"Tatort"-Ausschreibung lässt 100 Ideen beim MDR eintrudeln
Über 80 Einsendungen zieht nach dem Skandal die öffentliche Ausschreibung des MDR für die Produktion zweier Thüringen-Krimis aus der ARD-Reihe "Tatort" nach sich. Das Ganze ist ein Testballon...
Experiment mitten in der Transparenz-Offensive geglückt: Der MDR meldet "überraschende Resonanz auf Internet-Ausschreibung" des neuen "Tatort" aus Thüringen. Über 80 Einsendungen mit rund 100 Ideen sind in Leipzig eingegangen; der W&V-Schwestertitel "Kontakter" hat über die Aktion berichtet. "Die überraschend breite Resonanz zeigt uns, dass in der deutschen Produzentenlandschaft nach wie vor ein großes kreatives Potenzial für die Entwicklung hochwertiger Krimi-Stoffe steckt", freut sich MDR-Intendantin Karola Wille in einer Mitteilung der ARD-Anstalt über das Echo auf die ungewöhnliche Aktion einer völlig offenen Ausschreibung im Internet. "Es war ein Wagnis, das hoffentlich viele Folgen haben wird", so die Intendantin.
Jetzt geht es ans Auswerten der Skripte, Ideenskizzen und Umsetzungsvorschläge. Der MDR rechnet nach eigener Aussage damit, dass das Ganze einige Wochen dauern werde. In der Sitzung des MDR-Rundfunkrates am Montag in Leipzig kündigt Wille an: "Nach der Öffnung der Umschläge werden wir anhand eines vorher eigens dafür entwickelten Kriterienkatalogs und mit Unterstützung externer Experten in einem offenen und transparenten Verfahren entscheiden, wer den Zuschlag für die Produktion zweier Thüringen-Krimis erhält." Sie sei selbst "sehr gespannt, wo in Thüringen der neue Tatort spielen wird und mit welcher Art von Ermittlern wir es zu tun haben werden". Das Verfahren ist richtungweisend: Die Auswertung der Ausschreibung werde auch wertvolle Hinweise für die Rahmenbedingungen geben, unter denen auch künftig Fernsehfilm-Produktionen des MDR öffentlich ausgeschrieben werden können, heißt es. Schließlich geht es darum, nach dem umfassenden Produktionsskandal im Haus transparente Bedingungen zu schaffen.
Ende März 2012 hat der MDR auf seiner Internet-Website die Produktion von zwei Folgen des neuen Thüringer "Tatorts" ausgeschrieben. Dabei waren sowohl Schauplätze als auch die Entwicklung der Ermittler-Figuren völlig offen gelassen worden. Die neue Konstellation sollte auf mindestens 15 Seiten nach Möglichkeit konkret anhand von zwei bis drei Kriminalfällen aufgezeigt werden. Die eingegangenen Umschläge blieben bis zum Ende der Ausschreibungsfrist am vergangenen Freitag verschlossen. Das Verfahren unterscheidet sich ganz klar von dem der anderen ARD-Anstalten, die schlicht die Ermittler tauschen wie zuletzt SR oder NDR. In Hamburg kommt jetzt Til Schweiger zum Zuge, der schon vor Start nörgelt.