Aus für Büchner und Saffe :
"Spiegel"-Chefs gehen, Ungewissheit bleibt
Der Machtkampf ist entschieden. Chefredakteur Wolfgang Büchner und Geschäftsführer Ove Saffe verlassen den "Spiegel". Zunächst kommissarisch sollen die Vize-Chefs, Klaus Brinkbäumer und Clemens Höges, die "Spiegel"-Chefredaktion führen.
Beim "Spiegel" ist die Führungsfrage geklärt. Chefredakteur Wolfgang Büchner und Geschäftsführer Ove Saffe verlassen den "Spiegel". Bis auf Weiteres sollen die beiden Vize-Chefs, Klaus Brinkbäumer und Clemens Höges, die Chefredaktion des Nachrichtenmagazins übernehmen. Wie und in welcher Konstellation am Ende die Führungsspitze tatsächlich aussieht, ist demnach noch offen.
Denn die Gesellschafter des Verlagshauses - darunter die Erben von Rudolf Augstein und das Hamburger Zeitschriftenhaus Gruner + Jahr ("Stern", "Geo") - haben bislang noch nicht entschieden, wer die Chefredaktion am Ende bildet, heißt es in Verlagskreisen. Es bleibt deshalb spannend, ob die Redaktion langfristig eine Doppelspitze bekommt. Mit diesem Konstrukt hatte der "Spiegel" bislang schlechte Erfahrungen gemacht. So zerbrach das Duo Georg Mascolo und Mathias Müller von Blumencron 2013 - aufgrund "unterschiedlicher Aufassungen zur strategischen Ausrichtung". Unsanft wurden beide Journalisten abberufen.
Zurück zu den Geschassten: Büchner, seit 2013 Chefredakteur von "Spiegel" und Spiegel Online, geht im gegenseitigen Einvernehmen zum Jahresende. Zudem legt Saffe sein Amt nieder. "Im Einvernehmen mit den Gesellschaftern steht er als Geschäftsführer noch so lange zur Verfügung, bis die Nachfolge geregelt ist, längstens jedoch Mitte nächsten Jahres", teilt der Spiegel-Verlag mit. Saffe hatte Büchner geholt und sein Schicksal mit dem des ehemaligen dpa-Chefredakteurs verknüpft. Beide dürften eine satte Abfindung erhalten, die das Ergebnis des Spiegel-Verlags in diesem Jahr erheblich belasten dürfte. Am Montag hingegen hatte das Haus den Chefwechsel noch dementiert. Nun verbreitet die Gruppe die News auf der eigenen Seite und sogar via Twitter:
In eigener Sache (1): Zum 31.12.2014 verlässt Wolfgang Büchner den SPIEGEL-Verlag. Nähere Informationen in Kürze auf http://t.co/ltUv9eO9Wm
— Der SPIEGEL (@DerSPIEGEL) December 4, 2014
In eigener Sache (2): Im Zuge der Veränderungen in der Chefredaktion wird Geschäftsführer Ove Saffe sein Amt niederlegen.
— Der SPIEGEL (@DerSPIEGEL) December 4, 2014
Mit dem Egon-Erwin-Kisch-Preisträger Brinkbäumer hätte sich am Ende die Print-Redaktion durchgesetzt. Es muss auch wieder Ruhe bei dem Wochenblatt einkehren: Anfang nächsten Jahres will das Nachrichtenmagazin seinen Erscheinungstag von Sonntag auf den Samstag vorziehen. Auf Hochtouren laufen derzeit die Vorbereitungen für eine neue Imagekampagne, um mehr Leser und Anzeigenkunden zu gewinnen. Doch diese Kampagne kann nur fruchten, wenn klar ist, wer den "Spiegel" künftig führt. Weitere Querelen an der Spitze würden die Werbekunden nur verunsichern.
Mit Brinkbäumer stünde ein Mann an die Spitze, der in der Print-Redaktion beliebt ist. Dies ist wichtig, zumal der gedruckte "Spiegel" immer noch 80 bis 90 Prozent des Erlöses zum Verlag beisteuert. So entscheidet die verkaufte Auflage über das wirtschaftliche Schicksal des Verlagshauses an der Ericusspitze. Online spielt hier bislang noch eine untergeordnete Rolle.
Brinkbäumer gilt zudem als exzellenter Blattmacher. Er kam 1993 im jugendlichen Alter von 26 zum Nachrichtenmagazin. Jahrelang war er als Reporter im Ausland tätig. Anfang 2011 rückt er als Textchef unter dem geschassten Ex-Chefredakteur Georg Mascolo in die Chefredaktion und steigt Monate später zum Vize auf. 2007 bekam für seine Reportage “Die afrikanische Odyssee” den Henri-Nannen-Preis. Zudem hat er sich seine Sporen an der "Spiegel"-Spitze eigentlich schon verdient: Bis zu Büchners Start beim "Spiegel" wurde die Printredaktion des Magazins zwischenzeitlich geführt von den beiden stellvertretenden Chefredakteuren, Brinkbäumer und Martin Doerry. In diese Zeit im Sommer 2013 fielen einige der auflagenstärksten Ausgaben der vergangenen Jahre.
Wie auch immer: Der neuen Führung steht eine schwere Aufgabe bevor. Sie muss trotz erheblicher Widerstände versuchen, Print und Online zusammenzuführen. Doch auch andere schwere Entscheidungen sind zu treffen. Dazu gehört die Personalie Nikolaus Blome, Mitglied der "Spiegel"-Chefredaktion. Büchner hatte den ehemaligen Vize-Chef der beim "Spiegel" ungeliebten "Bild"-Zeitung geholt. Doch mit dieser Entscheidung hatte der frühere dpa-Chefredakteur kurz nach seinem Amtsantritt bereits für den ersten Eklat gesorgt.
Büchner übrigens wirkt ganz cool. In seinem Twitter-Profil zitierte Büchner am Donnerstag den Schriftsteller Samuel Beckett mit den Worten: "Ever tried. Ever failed. No matter. Try Again. Fail again. Fail better" (Immer versucht. Immer gescheitert. Einerlei. Wieder versuchen. Wieder scheitern. Besser scheitern.)