
"Schreibtisch-Kreativität": Ex-Opel-Chef rechnet mit Marketing-Strategie ab
Opel startet in die neue Bundesliga-Saison als Sponsor von fünf Erstliga-Vereinen. Ein Comeback, denn das Unternehmen galt bis 2002 als größter Fußball-Sponsor in Europa. Der frühere Opel-Aufsichtsratsvorsitzende Hans Wilhelm Gäb erklärt im Interview, was er über den neuen Kurs der Automarke denkt.
Opel startet in die neue Bundesliga-Saison als Sponsor von fünf Erstliga-Vereinen. Das ist ein Comeback, denn das Unternehmen galt bis 2002 als größter Fußball-Sponsor in Europa. Das war maßgeblich das Verdienst von Hans Wilhelm Gäb, der 2006 in die "Hall of Fame" des Fachverbands für Sponsoring (FASPO) gewählt wurde. Der heute 76-Jährige war von 1986 bis 1998 Vice President der General Motors Europe AG. Von 1987 bis 1998 war er Aufsichtsratsmitglied der Adam Opel AG, von 1997 bis 1998 Vorsitzender des Aufsichtsrats. Ende 1998 trat Gäb zurück – aus Protest gegen den geschäftlichen Kurs des Opel-Mutterkonzerns GM. Im Interview mit W&V-Redakteur Rolf Schröter erklärt Hans Wilhelm Gäb, was er über den neuen Kurs der Automarke denkt.
Herr Gäb, kann Sportsponsoring Opel aus der momentanen Krise helfen?
Es ist ein wichtiges Signal, dass Opel noch lebendig ist, ein einzelnes Glied in einer noch sehr lückenhaften Kette ausstehender unternehmerischer Entscheidungen.
Opel sponsert parallel fünf Bundesliga-Vereine. Ist diese Mehr-Verein-Strategie ein richtiger Weg?
Um diese Frage zu beantworten, müsste ich wissen, welche Etats zur Verfügung standen. Opel wollte jedenfalls mit diesem Programm Aufmerksamkeit auf breiter Front finden.
Ist Fußball-Sponsoring für Opel sinnvoller als klassische Werbung?
Alles, was Opel ins Gespräch bringt und neue Dynamik zeigt, ist sinnvoll. Eine Werbung, die konventionell Opel-Produkte anpreist, wird jedenfalls keine Lösungen bringen.
Der BVB-Trainer Jürgen Klopp löst die Sängerinnen Katie Melua und Lena Meyer-Landrut als Markenbotschafter ab. War es ein Fehler, auf Katie Melua und Lena Meyer-Landrut zu setzen?
Ein junges Mädchen ohne Führerschein als Leitfigur ausgerechnet für ein Automobilunternehmen einzusetzen, dem seine zweifellos vorhandene technische Kompetenz derzeit nicht abgenommen wird, wird sicher als eines der kühnsten Stücke von Schreibtisch-Kreativität in die Geschichte des Marketing eingehen.
Sie sind damals aus Protest gegen den geschäftlichen Kurs von GM als Opel-Aufsichtsratschef zurückgetreten. Können Sie derzeit eine sinnvolle Strategie auf Seiten von GM erkennen, um die Marke Opel wieder auf Kurs zu bringen?
Eine sinnvolle Gesamtstrategie kann sich erst entwickeln, wenn GM sein Geld nicht in Negativ-Maßnahmen wie Werksschließungen und Personalabbau steckt, sondern der Marke Opel den Weg endlich frei macht in die globalen Wachstumsmärkte wie China, Russland, Brasilien oder Indien – so wie es VW beispielsweise zum eigenen Nutzen mit Škoda vormacht.
Mehr zum Bundesliga-Engagement von Opel lesen Sie in der aktuellen Werben & Verkaufen Nr. 34 (EVT 23.8.2012)