
Blattkritik:
"Places of Spirit": Burdas lässiges Spiel mit Haptik und Homestories
Es gelingt Chefredakteurin Angelika Puls mit "Places of Spirit", Design auch ins Papier zu bringen - findet W&V-Online-Autorin Petra Schwegler.
Mit Print spielen – das gelingt dem neuen Burda-Hochglanz-Titel "Places of Spirit". "Trends sehen, Trends fühlen, Trends leben" – verspricht der Verlag für das Living & Style-Magazin rund um Architektur, Kunst und Mode. Es liegt ab sofort als Testheft in einer Druckauflage von 80.000 Exemplaren zum Preis von 5,80 Euro – und mehr als ein Pfund schwer - am Kiosk.
In der Tat: Es gelingt der von "Home & Style" bekannten Chefredakteurin Angelika Puls auf 262 Seiten, Design ins Gedruckte zu bringen. Verschiedene Papierarten begleiten den Designliebhaber bei der Lektüre des "Premiumhefts", wie es in Burda-Sprech heißt. Das handschriftliche Editorial ist ein Hingucker und Handschmeichler zugleich, zumal sich das Zeichenkarton-artige Papier von den folgenden Hochglanzstrecken deutlich abhebt. Gelungen ist die Ressort-Unterteilung in "Trend", "Styling", "Inspiration" und "Fascination" vor allem wegen ihrer Umsetzung: Dicker Glanzkarton mit Durchbruch gewährt zum Auftakt stets einen Blick auf das Dahinter, auf eine zweite Seite, die das durchscheinende Motiv in einen neuen Kontext setzt. Beispiel "Styling": Die ausgestanzte Schleife der skizzierten Stuhlhusse auf blauem Hintergrund entpuppt sich beim Umblättern als Haarzierde einer Dame im Pariser Kaffeehaus. Und das auch noch im kunstvollen Toulouse-Lautrec-Stil.
Mit internationalen Homestories will Burda dem gut betuchten Design-Junkie "Places of Spirit" schmackhaft machen. In der Testausgabe besucht das Team unter anderem Steve Cabella, der die schlichten Wohnklassiker des Künstlerpaar Eames sammelt und fotogerecht in seiner kalifornischen Villa platziert. Auf dieser Strecke setzt "Places of Spirit" ebenso wie im ganzen Heft ausdrucksstarke Bilder ein. Überhaupt: Jede Story hat ihre eigene Farbwelt. So hebt sich ein Stück über Bilderrahmen-Tischler aus Kapstadt allein schon durch typische Südafrika-Farbtöne hervor – helles Grün, kontrastreiches Ochsenblutrot, intensives Ultramarinblau. Eine Präsentation neuer Holz-Designs dagegen bleibt in erdigen Nuancen gehalten. Besonders farbintensiv kommt die Titelstory daher – ebenfalls im Ressort "Fascination": der Besuch im Schloss der Künstlerin Claire Basler. Dass der Text neben Fotos von prachtvollen Wandgemälden nur eine Nebenrolle spielt, stört eher wenig. Das gilt übrigens für das gesamte Magazin; die starken Bildstrecken lassen sogar den sperrigen Titel "Places od Spirit" verzeihen. Kurze Stücke und Kauftipps stechen dort, wo man sie sucht, dann aber doch ins Auge.
Fazit: Man merkt Angelika Puls‘ Arbeit an, dass sie Erfahrung hat mit Living, Fashion und Lifestyle. Vielleicht wäre "Places of Spirit" auch etwas anders konzipiert worden, hätte nicht vor einigen Wochen im neuen Print-Gründerfieber Klambt mit "Flair" im gleichen Segment für die Shoppingelite vorgelegt. Klambts Magazin will Mode mit Möbel mischen – in einer Art Doppelausgabe. "Places of Spirit" zieht die Mixtur einfach lässig durch. Puls selbst formuliert es so: "‘Places of Spirit‘ ist ein Scout für stilvolle und urbane Menschen, die edle Design-, Kunst- und Stylingideen schätzen." Es ist ein Magazin fürs Auge und eines für die Hand. Die Werbekunden finden offensichtlich Gefallen an diesem spielerischen Umfeld – Nobelmarken aus Mode, Wohnen, Lifestyle sind zum Auftakt gut vertreten. Auch wenn der geneigte Leser zu kurz kommen mag: Das Zeug zur Stilbibel hat Burdas neue Hochglanz-Postille allemal. Ärzte sollten das Werk für Wartezimmer der Privatpatienten schon mal ordern...